Dr. Hannibal Lecters Elitarismus zum Gegenstand eines über zwei Stunden langen Spielfilms zu machen, lässt bis zuletzt den Gedanken einer heruntergeratterten Auftragsarbeit aufkommen, die sich sichtlich wohlfühlt, die Grenzen zwischen Groteske und Klamauk, Lächerlich- wie Unglaubwürdigkeit bis zur Selbstparodie förmlich auszuradieren. Die (ohnehin nicht weltumspannende) Vorlage mit ihren prachtvollen Schauwertbeschreibungen kommt der auf Schauwerte reduzierten Filmsprache Ridley Scotts dabei gelegen, Hannibals kultivierte Allüren in sinnfrohe Opulenz auszuschmücken, dessen klassische Hintergrundchoräle den mystisch-barocken Europaprunk nur veredeln.
Was dem dick aufgetragenen Pomp vollkommen abgeht, das ist eine fesselnde Geschichte, das ist die Doppelbödigkeit derselben, das ist Begehren und das ist Psychologie des Vorgängers, dieses nun einmal psychologischen Essays über das Begehren, das ist stattdessen ein Film mit aufdringlichem Geschmack, der an seiner eigenen Koketterie für alle Mitmenschen zur Belästigung wird.
Das ist lahm, zahm, zäh, das ist, ja enttäuschend. Von Set zu Set hastend, von Gegner zu Gegner polternd, die Hannibal traurigerweise eh nichts anhaben können, interessiert Scott einzig und allein entstellte Kreaturen und deren Blutrache der Rache willen im Ekelmatsch des Selbstzweckes. Er scheint nicht verstanden zu haben, dass das Gezeigte nie eine Stärke dieser Reihe war, die Stärke war das Gezeigte nicht zu zeigen.
Ein Stück weit wird Anthony Hopkins' sardonisch grinsender Hannibal sowieso entzaubert, indem er so lange über Kunst sinniert, bis sich der Zuschauer Inspector Rinaldo Pazzi (Giancarlo Giannini) anzuschließen droht – langsam, aber sicher die Augen schließen, um den Trash endlich zu überschlafen. Gary Oldman darf derweil als malträtierter Comic-Antagonist zwar weniger in Vollkörpermontur für die Kamera posieren, allein, seine sabbernden Blicke perverser, erregender Lust reichen aus, verstörender denn je zu wirken (selbst unter tonnenweise Make Up ist der Mann unübertroffen!), während der Foster-Ersatz nebst Ray Liotta (von Belang ist lediglich sein Hirn, obgleich die Rolle darauf schließen lässt, dass er keins haben dürfte) umso gründlicher danebengeht.
Julianne Moore spielt einen waschechten Kotzbrocken an Weib, ihre Charakterwandlung vom erfolgreichen, verletzlichen Bauerntrampel zur erfolglosen, rotzfrechen Göre durch, angeblich, zehn Jahre FBI verstellt ebenso schauderhaft wie ärgerlich jene ursprünglich angedachte Parabel von der Schönen und dem Biest. Schön ist die Frau nämlich weiß Gott nicht. Unabhängig davon, dass man Starling eigentlich am liebsten eine ins Maul hauen möchte, spitzt sich Scotts Diashow auf übliche Parameter trivial zu: Kriegt sie ihn? Oder kriegt er sie?
Hürde: fette Killerschweine, die zugleich das eine und das andere verhindern sollen. Das war's, zu wenig, um Interesse vorzugaukeln. Der unverzeihliche Denkfehler Ridley Scotts liegt darin begraben, Hannibals unwiderstehlichen Hunger nach Fleisch und Genuss allzu wortwörtlich genommen zu haben. Das bringt ihm entgegen der Romanvorlage einen makabren Schlussgag. Aber nicht viel mehr.
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