Vor einiger Zeit stolperte ich bei Twitter über den Benutzer @mein_handyroman. Von Handyromanen hatte ich bisher kaum gehört – vor zwei oder drei Jahren gab es die Meldung über einen jungen Engländer, der auf dem Weg zur Arbeit sein Buch in Form von SMS getippt hatte. Kurz gestotterte 160-Zeichen Sätze als neue Literatur? Nein danke, dachte ich mir damals, klickte aber trotzdem auf das Twitterprofil. Und siehe da: hinter @mein_handyroman steht Heike Fröhling – nett, freundlich und engagiert für Handyromane. Und in meiner gewohnt netten Art habe ich Sie mit Fragen gelöchert. Hier sind die Antworten:
Was genau ist ein Handyroman und was unterscheidet ihn vom normalen Roman?
Die Definition von „Handyroman“ ist nicht einheitlich. Manche sagen, er ist immer auf dem Handy für das Handy geschrieben wird dann als Premium-SMS versendet. Da eine SMS nur 160 Zeichen hat, wird das für den Empfänger teuer, wenn man von mehreren hundert SMS-Nachrichten ausgeht.
Oliver Bendel, der im deutschsprachigen Raum bekannteste Autor von Handyromanen, fasst den Begriff weiter. Für ihn spielt es keine Rolle, wo der Text entstanden ist. Mit seinen Lucy Luder- und Handygirl-Romanen schafft er etwas ganz Neues.
Oft kommt der Handyroman als Java-App daher, der auf das Handy geladen werden kann wie ein Spiel.
Von der Tradition her sehe ich den Handyroman in einer langen Reihe, die beginnt mit der Eisenbahnliteratur, Conversations- und Reiseliteratur des 19. Jahrhunderts, gefolgt von den Heftromanen, die ihre absolute Blütezeit vor rund 100 Jahren hatten.
Der Handyroman als Heftroman im digitalen Zeitalter? So würde ich es überspitzt formulieren. Es ist eine Gattung, die aus Japan stammt, wo schon 2007 die Hälfte der Bestseller Handyromane waren. Der deutschsprachige Raum steht dort noch ganz am Anfang.
Was fasziniert dich an dieser Literaturform?
Was bringt es, einen Handyroman zu schreiben gegenüber anderen Literaturgattungen? Das hatte mich vor rund zwei Wochen eine Kollegin gefragt. Die Antwort ist, dass logisch betrachtet nichts dafür spricht.
Will ich berühmt werden? Dann wäre ein literarisches Werk die beste Chance, am besten gewinne ich noch Literaturpreise und am allerbesten nehme ich am Ingeborg-Bachmann-Preis teil.
Ich will Geld verdienen? Nie ist mir das so gut gelungen wie zu der Zeit, in der ich Heftromane und Texte für Zeitschriften geschrieben habe.
Eine große Auflage als Ziel? Da sind die großen Verlage mit ihren Neuerscheinungen und auch die Zeitschriften nicht zu übertreffen. Da ich bei einer renommierten Literatur unter Vertrag bin, könnte ich mich lohnenswerteren Projekten widmen
Was möchtest du mit deinem Portal mein-handyroman.de erreichen?
Ich möchte, dass die Texte den Weg zu den Lesern finden, gemischt mit der Absicht der Leseförderung. Kaum ein Medium eignet sich so gut, um Kinder und Jugendliche zu begeistern. Mit Schulklassen möchte ich Handyromane erstellen, was gerade für „lesefernen Schichten“ sehr interessant ist. Schon jetzt habe ich Kontakte zu Schulen geknüpft und bin nur auf Begeisterung gestoßen, von Lehrern und Schülern. Manche, die nie ein Buch in die Hand nehmen, können so einen barrierefreien Zugang zu spannenden Geschichten finden. Wenn ich es schaffe, eine Handvoll Jugendlicher zum Lesen zu bringen, die es vorher nicht getan haben, ist für mich das Ziel erreicht. Das Portal richtet sich in erster Linie an Schulen mit dem kostenlosen Workshopangebot, an Jugendliche ab 14 mit meinen Handyromanen und an junggebliebene Erwachsene.
Zu Heike Fröhling:
Heike Fröhling wurde 1971 in Unna geboren. Sie studierte Schulmusik, Germanistik und Musikwissenschaft. Nach einjähriger Tätigkeit im Schuldienst arbeitete sie als Referentin in der Hochbegabtenförderung und lebt nun mit ihrem Mann, drei Kindern und fünf Katzen als freischaffende Autorin in Koblenz und Wiesbaden. Mitgliedschaft im Verband Deutscher Schriftsteller, Zusammenarbeit mit der Buchplanung Meynecke. Im April 2012 startete sie das Projekt www.mein-handyroman.de