Wir wissen es alle: Wer sich bemüht, sein Leben so zu gestalten, dass die Erde und ihre Einwohner bei einigermaßen komfortablen Bedingungen gesund bleiben, hats schwer. Vermeintlich umweltfreundliche Produkte und Verhaltensweisen entpuppen sich bei näherem Hinsehen als problematisch. Und hatte nicht Adorno davon gesprochen es gäbe „kein richtiges Leben im Falschen“? Der wird übrigens viel zu oft für einen ziemlich deutschen Fatalismus missbraucht, wenn es um das Umweltverhalten geht. Seit dem Aufkommen der Ökobilanzen und des Carbon Footprint scheinen manche Alltagsvorgänge in Millionen Einzelteile mit eigenen Argumentationslinien zu zerfallen, wenn man Sie mit Freunden diskutiert. Nehmen wir das biblische Bild vom Händewaschen in Unschuld zum Beispiel, – ohne den tieferen Sinn zu beleuchten – das Händewaschen selbst:
Ich erinnere mich: als erstes kam der Hygieneaspekt ins Händewaschen. Nun wissen Eltern wie ich, dass regelmäßiges Händewaschen im Kindergarten das Ausbreiten von Epidemien per Schnodder verhindert – als Kind wurde ich noch ohne Angaben von Gründen damit genervt. Einfach nur Händewaschen könnte in der dritten Welt Hunderttausenden Kindern das Leben retten. 1,5 Millionen Jungen und Mädchen unter fünf Jahren sterben alljährlich an Durchfallerkrankungen. Jeden Tag tötet Durchfall 4000 Kinder, vor allem in Afrika und Südasien. «Händewaschen mit Seife kann Kindersterblichkeit durch Durchfall fast halbieren», heißt es in einem von Unicef veröffentlichten Bericht. Oha!
Und was braucht man zum Händewaschen? – Seife! – Das ist ja zunächst einfach: Die deutschen Hygienevorschriften für öffentliche Einrichtungen verlangen Seifenspender, da an Seifenstücken, die früher ja wie hornige Kuheuter an der Wand montiert waren, die Viren lauern. Auf diesem Spender hier steht sogar, ich soll das Wasser nicht laufen lassen, während ich einseife – ein guter Tip, der sicherlich ziemlich viel Wasser spart. Denn um effektiv Hände zu waschen, soll man die Hände so lange waschen, wie das Lied „Happy Birthday to you“ zweimal gesungen dauert, das habe ich übrigens aus einem Woody-Allen Film. Und wahrscheinlich lassen ziemlich viele Leute dabei das Wasser laufen, wenn das geht. Die Inhaltsstoffe von Seifen sind mir noch nie aus dem Stand als Umweltproblem serviert worden, eher als kulturelles. In der kritischen Literatur über Designhotels und Autobahnraststätten wird sie jedoch gerne als „Ejakulat des Grauens“ bezeichnet.
Die größte Pein für mein Umweltgewissen lauert beim Abtrocknen:
Der unselige Papierhandtuchspender, aus dem jeder Benutzer mindestens zwei bis drei herauszieht, sie lässig zerknüllt und in den Müll schmeißt, der in luxuriöseren Umgebungen ja gerne nur noch ein dezentes Loch im Waschtisch ist – das kann es nicht sein! Wobei wir bei den verwirrenden Zahlen wären: Ist es umweltschädlicher, Stoffhandtücher zu waschen oder den Papiermüll zu entsorgen? Die Papierhandtuch- bzw. Zellstoffindustrie lässt in regelmäßigen Abständen Studien erstellen und rechnet vor: Man dürfe ja die Herstellung der Baumwolle nicht vergessen, da würden schließlich tonnenweise Pestizide ausgebracht! Und aussderdem würden die endlos-Handtücher aus Stoff ziemlich heiß gewaschen. Die Stoffhandtuch-Fraktion hält dagegen: niemand würde eben nur EIN Tuch nehmen, sondern eben drei oder gar vier. Und Altpapier ist giftig, weil es ungenaue Mengen von Druckfarben enthält. Nicht zu schweigen von den unzähligen Studien über die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Systeme.
Für diejenigen, die sich wie ich einmal mit der Ausstattung von Kita- oder Arbeitsumgebungen befassen mussten und hygiene- klima- und umweltbewusst handeln möchten sind diese sich widersprechenden Untersuchungen kein Spaß. Stichwort Spaßfrei: Gebläsetrockner! Wir halten unsere Hände drunter, reiben sie ein bisschen hin, ein bisschen her. Es ist unglaublich laut. Er geht aus. Wir müssen ihn wieder anschalten. Wir reiben. – Wir geben auf und wischen uns die Hände an den Hosenbeinen ab.
Einer dieser Gebläse hat es aber, das Carbon reduction label des Carbon Trust. Es ist der Airblade von der Design-Staubsaugerfirma Dyson. Wenns stimmt, braucht der Turbo nur ein viertel der Energie zum Trockenpusten der Hände die herkömmliche Puster brauchen. Prima ist an den Pustern natürlich erst einmal, dass Sie keinerlei Müll produzieren. Aber verdammt viel heiße Luft…
Natürlich untermauert Dyson die Verträglichkeit und Leistung mit einer Studie und die haben sie, man höre und staune, doch tatsächlich vom MIT (Massachusetts Institute of Technology) in Boston erstellen lassen. Da es die neueste Studie zu dem Gesamtproblem ist, hier mal die Ergebnisse: Papierhandtücher und Warmluft-Händetrockner sind am belastendsten, völlig egal, ob es sich um schön weißes oder recycletes Papier handelt. Der Dyson Puster arbeitet, das muss man wissen, mit bakteriengefilterter kalter Luft. Und er ist – für mich noch wichtiger – in sage und schreibe 10 Sekunden damit fertig. Trocken. Wirklich. Erfindergeist in umweltgerechtem Konsum beeindruckt mich immer. Ich glaube einach daran, dass man vieles neu und besser machen kann.
Damit gehöre ich laut einer weiteren Studie, nämlich der des Umweltbundesamtes von 2008 zum Umweltverhalten der Bundesbürger, zu der Mehrzahl der Deutschen. Wir haben nämlich, so die Studie, ein hohes Vertrauen in Technologie, wenn es um die Umwelt geht. Leider steht in der Studie auch, dass ich mit meinem Willen zum umweltbewussten Handeln aus meinem Milieu heraus eigentlich nie aufholen kann, was manche bereits unbewusst tun:
[…] “Allerdings lässt sich von einem höeren Umweltbewusstsein nicht direkt auf ein umweltgerechteres Verhalten schließen. In der Bilanz dürften die Konsummuster der traditionellen Militue aufgrund ihrer ausgeprägten Orientierung an Sparsamkeit und Bescheidenheit deutlich umweltschonender sein als die der anspruchsvollen, an einem hohen Lebensstandard gewöhnten gesellschaftlichen Leitmilieus, die ein hohes Umweltbewusstsein haben – oder dies zumindest so äußern.“
Vielleicht heißt das, ich soll lieber meine Hände klimaneutral an meiner Hose abwischen und den günstigen Flug nach Nizza sausen lassen!?