Das Foto wurde von Astrid Müller zur Verfügung gestellt
Meine heutige Morgennotiz
Ihr Lieben,
heute Morgen möchte ich Euch ein kleines Märchen von Fritz Loindl erzählen.
Wenn Euch das Märchen irgendwie bekannt vorkommt, dann ist das von mir beabsichtigt:
Das Märchen von Kleinhausen
Es war einmal ein kleines Dorf namens Kleinhausen. Dort lebten ein Bauer, ein Bäcker, ein Schneider und ein Schuster. Es war ein schönes kleines Dorf und alle lebten glücklich, und jeder hatte, was er brauchte.
Der Bauer kaufte Brot vom Bäcker, dafür kaufte der Bäcker dem Bauern das Getreide ab. Beim Schneider wurden die Kleider gekauft und er kaufte dafür Milch vom Bauern, Brot vom Bäcker und Schuhe vom Schuster. So wurde alles in Kleinhausen gekauft und getauscht und alles funktionierte.
Da kam es aber, dass es im großen Nachbarort Großhausen eine große Bäckerfirma gab. Diese hatte schon alle Bäckereien dort aufgekauft. Alle Bauern in Großhausen konnten nur dem einen Bäcker ihr Getreide verkaufen, dieser gab ihnen aber nur den halben Preis für ihr Getreide, darum konnte dieser Bäcker auch billiges Brot erzeugen. Auch zahlte diese Firma ihren Arbeitern nur wenig Geld.
Nun geschah es, dass der Schneider von Kleinhausen zu sich sagte: Da kann ich mir doch etwas sparen, wenn ich mein Brot nicht mehr beim Bäcker in meinem Ort kaufe, sondern das billige Brot aus Großhausen". So tat er es. Auch der Schuster von Kleinhausen ging nach Großhausen, um dort sein Brot zu kaufen.
Der Bäcker von Kleinhausen konnte nun nur mehr einen Teil seines Brotes verkaufen und dadurch auch dem Bauern nicht mehr so viel Getreide abkaufen.
Da waren der Bäcker und der Bauer nun unglücklich und es sagte ein jeder zu sich: Ich kann es mir nicht mehr leisten, meine Schuhe und meine Kleider in teuren Kleinhausen zu kaufen. Ich muss nach Großhausen und dort meine Schuhe in der billigen Schuhfabrik und meine Kleider in der billigen Kleiderfabrik kaufen. Dies taten sie auch.
Dies hatte natürlich zur Folge, dass auch der Schuster und der Schneider weniger Arbeit und weniger Verdienst hatten. Und so ging es und irgendwann kauften alle Menschen aus Kleinhausen die benötigten Dinge im anscheinend billigeren Großhausen. Aber dadurch konnten sie kein Getreide, kein Brot, keine Schuhe und keine Kleider mehr in Kleinhausen verkaufen und versuchten daher, ihre Waren um einen minimalen Preis nach Großhausen verkaufen, wodurch sie nochmals weniger verdienten.
Irgendwann als Kleinhausen völlig verarmt war, kam der König von Kleinhausen und sagte:
So kann es nicht mehr weitergehen, wir müssen uns vor den billigen Waren aus Großhausen schützen, da wir sonst keine Arbeit mehr in Kleinhausen haben. Und so führte er einen Zoll ein. Dieser Zoll machte die nach Kleinhausen gebrachten Waren wieder teurer.
Da nun das Brot aus Großhausen durch den Zoll genauso teuer war wie in Kleinhausen, kauften der Bauer, der Schneider und der Schuster wieder ihr Brot beim hiesigen Bäcker. Dieser konnte nun wieder dem Bauern das Getreide abkaufen, dem Schuster seine Schuhe und dem Schneider seine Kleider. In kurzer Zeit war in Kleinhausen wieder alles im Lot und jeder hatte alles, was er brauchte.
Eines Tages geschah es: Es starb der alte König von Kleinhausen und es musste ein neuer gewählt werden. Ein Königskandidat wollte die Dinge so fortführen wie der alte König, der andere versprach ihnen bessere Straßen, schönere Häuser und mehr Lohn. Der Bauer sagte: Aber glaubt ihm doch nicht, er wird seine Versprechen nicht halten können. Doch die anderen meinten: Wie kannst du denn so etwas behaupten, er würde das doch niemals sagen, wenn er das nicht auch halten würde. Und sie nannten den Bauern Verschwörungstheoretiker. Seine Versprechen waren so verlockend, dass die meisten in Kleinhausen den versprechenden König wählten.
Nach einiger Zeit kamen die großen Unternehmen aus Großhausen zum neuen König und sprachen: Aber lieber König, seid doch nicht so kleingläubig in Kleinhausen, seid doch modern und öffnet Eure Augen für die große weite Welt, die Leute wollen doch fremde Länder bereisen, und die guten und günstigen Dinge aus anderen Orten kaufen. Diesen Zoll, den ihr da habt, der ist ja nicht mehr zeitgemäß, wir müssen doch global denken.
Dem König gefiel diese Idee und so wurden die Zölle wieder abgeschafft. So kam es, dass die große Bäckerfirma aus Großhausen, die große Schuh- und auch die große Kleiderfabrik ihre billigen Waren in Kleinhausen anboten. Der Bauer aber warnte abermals: Wenn ihr die Waren vom billigen Großhausen kauft, haben wir bald wieder keine Arbeit mehr, so wie damals. Aber die Kleinhausener hatten schon vergessen, was vor einiger Zeit passiert war und kauften bei den großen Unternehmen aus Großhausen.
Und so begann es von Neuem, dass jeder die billigen Dinge aus Großhausen kaufte. Da dadurch der Bauer, der Bäcker, der Schuster und der Schneider ihre Waren nicht mehr oder nur mehr billig verkaufen konnten, hatten sie wenig Verdienst und konnten sich bald überhaupt nichts mehr kaufen.
Da nun die großen Unternehmen von Großhausen nicht mehr viel in Kleinhausen verkaufen konnten, waren sie gezwungen, nach neuen Orten für ihre Waren zu suchen. So wurde auch bald der Zoll von Nebenhausen abgeschafft. Es dauerte aber nicht lange, war mit Nebenhausen das Gleiche geschehen wie mit Kleinhausen.
So gingen die Unternehmen in andere Orte und es wurde gleichzeitig der Zoll in Oberhausen, Unterhausen, Seitenhausen und Drübenhausen abgeschafft. Und überall passierte dasselbe. Viele Tage vergingen, oft ging die Sonne auf und unter, und viel Wasser floss den Bächen hinunter.
Doch eines Tages kam der Zeitpunkt, als die Leute erkannten, dass von all den Geschäftigkeiten nur der Besitzer der großen Bäckerfirma, der Besitzer der großen Kleider- und Schuhfabrik profitierten, und alle anderen davon nur Nachteile hatten. Und so begannen viele Menschen aus verschiedenen Orten, sich ihrer Verantwortung bewusst zu werden, und versuchten die Leute aus anderen Orten über die Dinge aufzuklären und zu Eigenverantwortung anzuregen, anstatt nur den eigenen Vorteil zu sehen, der nur von kurzer Dauer war.
Anfangs wurden diese Leute belächelt und für verrückt erklärt, auch wurden sie von manchen bekämpft. Aber eines Tages waren es so viele und es konnte sich dieser Tatsache keiner mehr erwehren, und das von den Leuten Verbreitete wurde plötzlich als logisch und immer schon gewusst verstanden.
Es dauerte eine Weile, aber so entstand mit der Zeit eine neue wunderbare Gesellschaft, in der sich die Menschen selbst bestimmten und sich nicht von anderen lenken ließen.
Ihr Lieben,
entschuldigt bitte, dass ich gestern mit der kleinen Geschichte aus dem Bereich der Banken und heute aus dem Bereich der Politik einmal etwas abgewichen bin von meinen Geschichten des Mutmachens und Frohmachens, aber heute Mittag kehre ich dahin zurück.
Aber dass wir mit unserem Geld so umgehen, dass wir es nicht verlieren, fand ich wichtig, einmal festzustellen.
Ebenso wichtig ist mir, dass wir erkennen, dass unser Heil nicht darin liegt, dass wir alle nur noch bei den großen Supermarktketten kaufen. Denn wenn das geschieht, wird es eines Tages keine kleinen Bauern geben, bei denen wir Tomaten kaufen können, die wie Tomaten schmecken, dann wird es keine Bäcker mehr geben, bei denen die Brötchen noch verführerisch duften.
Es ist auch wichtig, dass wir durch Fair-Trade-Produkte, die wir kaufen, die kleinen Hersteller in anderen armen Ländern unterstützen, denn durch die großen Exporte der EU werden immer mehr arme Länder immer ärmer.
So wuchs noch vor zehn Jahren alles Geflügel, das in Nigeria gegessen wurde, dort auch heran und viele Menschen verdienten im bäuerlichen Bereich mit der Aufzucht des Geflügels ihr Geld, von dem sie sich und ihre Familie ernähren konnten.
Heute sind alle diese kleinen Bauern arbeitslos, weil das ganz billige Geflügel aus der EU, das hochsubventioniert wird, viel billiger ist als das einheimische Geflügel in Nigeria.
Wir sollten in kleinem Maße mithelfen, das zu ändern, indem wir nur solche Produkte kaufen, die Fair-TradeProdukte sind.
Ich wünsche Euch heute einen guten Start ins Wochenende und verspreche Euch für heute eine Tagesgeschichte wieder aus dem Bereich des Froh- und Mutmachens.
Herzliche Grüße aus Bremen schicke ich Euch
Euer fröhlicher Werner
Das Foto wurde von Karin Heringshausen zur Verfügung gestellt