«H&M-Check;» erhebt massive Vorwürfe

Erstellt am 25. Januar 2012 von Newssquared @Oliver_schreibt

H&M ist günstig und topmodisch. Soweit das zutreffende Klischee und soweit der Grund für den riesigen Erfolg der schwedischen Modekette. H&M ist die erfolgreichste Bekleidungskette Deutschlands. Zugleich ist Deutschland der wichtigste Markt für das weltweit agierende Unternehmen: Ein Viertel des Gesamtumsatzes wird zwischen Flensburg und Garmisch erwirtschaftet – die Deutschen lieben die Mode von Hennes und Mauritz.

Grund genug für ein Team von ARD-Redakteuren, H&M genauer unter die Lupe zu nehmen. In der Reihe Markencheck, die wegen des großen Erfolgs vom WDR ins Erste gewandert ist, folgt auf den Lidl- und den McDonald’s-Check nun als vorläufiger Höhepunkt der H&M-Check.

Wie gehabt untersucht das Check-Team die Modekette in vier Kategorien. Dass H&M in Sachen «Trend-Faktor» ganz vorne mit dabei ist und auch im «Preis» eine Topnote bekommt, dürfte niemanden überraschen, der regelmäßig im schwedischen Modehaus einkaufen geht. Da ist schon erstaunlicher, dass die schwedische Kleidung auch in Bezug auf ihre Qualität äußerst positiv bewertet wird.

Wieso ist H&M so billig?

Wirklich interessant wird der H&M-Check, als es darum geht, wieso Hennes und Mauritz so günstig Kleidung verkaufen können. Schon mit dem Lidl-Check wurde vor zwei Wochen ein kleiner Skandal losgetreten, die Redakteure waren nach Bangladesch gereist, um eine Textilfabrik zu besuchen, in der unterernährte Näherinnen für monatlich 30 Euro Lidl-Jeans herstellten.

Bei H&M ist es ähnlich: Das Markencheck-Team ist konsequent und bucht wieder einen Flug nach Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch. Dhaka ist das Paradies auf Erden für Textilunternehmen, nirgends kosten Näherinnen so wenig Geld. Die ansässigen Fabriken sind stolz auf diesen Standort-Vorteil, genau wie die Regierung. Deswegen wird dagegen auch nichts unternommen, schließlich brummt die Wirtschaft dank ausländischer Großkunden. Fabrikbesitzer und korrupte Politiker werden auf diese Art steinreich. Die Beschäftigten dagegen leiden.

Obwohl all das längst bekannt ist, nutzen westliche Textilgiganten die Dumpinglöhne aus – nicht nur die Discounter. Teilweise lässt H&M in exakt denselben Fabriken produzieren wie Lidl, Aldi und Kik. Nur so können in Deutschland Jeans für zehn Euro verkauft werden. Und der Erfolg gibt den Billigtextilien-Anbietern recht.

Grausame Arbeitsbedingungen

Doch der H&M-Check führt dem Verbraucher gnadenlos vor Augen, wie sehr die Arbeiter in Fernost unter dem Geschäftsmodell von H&M, Lidl und Co. leiden. Die Bedingungen in Bangladesch sind grausam. Was die Redakteure des H&M-Checks mit ihren Kameras festhalten, erinnert an Folter, nicht an Arbeit. Näherinnen arbeiten täglich 14 Stunden, am Ende des Monats gibt es knapp über 35 Euro Lohn. Davon können die Arbeiterinnen kaum leben. Mit bis zu acht Menschen wohnen sie auf fünf Quadratmetern, Ratten bevölkern die Straßen, 200 Menschen teilen sich zwei schmutzige Toiletten und Kinder spielen in giftigem Müll.

Dagegen müssten einflussreiche Unternehmen wie H&M nach der Meinung von Experten aktiv vorgehen. Doch im H&M-Check redet sich der H&M-Nachhaltigkeits-Manager Hendrik Lampa mit der Gesetzeslage in Bangladesch raus. «Grundsätzlich halten wir alle rechtlichen Bestimmungen in den Ländern, in denen wir produzieren, ein», erklärt Lampa. Ob aber die Zulieferer der H&M-Betriebe immer gesetzestreu arbeiten, überprüfen die Schweden nur selten und immer angekündigt.

So kommt es, dass das Check-Team bei den Recherchen in den Slums von Dhaka die zwölfjährige Amina kennenlernt, die täglich 16 Stunden in einer Näherei arbeitet. Dort sollen Stoffe für H&M gefertigt werden. Amina arbeitet im Stehen. Das Mädchen verdient monatlich knapp über 30 Euro für diese Tortur. Das ist extrem wenig, aber Aminas Familie ist darauf angewiesen, denn ihr Vater ist blind und verdient selbst kein Geld.

Beweisen konnte der H&M-Check die Kinderarbeit nicht, aber die Indizien sind erdrückend. Schade, dass niemand aus der H&M-Führungsetage in Stockholm mit den Bildern konfrontiert wurde – eine Stellungnahme hätte dem Film sehr gut getan.

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Kinderarbeit – «H&M-Check» erhebt massive Vorwürfe

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