Hamburg: Protestfahrt gegen Slumlord-Strategie der Gagfah

Hamburg: Protestfahrt gegen Slumlord-Strategie der GagfahDie meisten Mieter/innen wollen von ihnen Hausverwaltungen in Ruhe gelassen werden und Post vom Eigentümer bedeutet oft nichts Gutes. Im Korallusviertel in Hamburg Wilhelmsburg ist das anders. Die Mieter/innen dort haben gemeinsam mit Stadtteilinitiativen und Mieterorganisationen einen Bus gemietet um bei ihrem Vermieter vorzusprechen. Der Grund: Finanzinvestor Fortress lässt die 2004 privatisierten Gagfah-Wohnungen systematisch verfallen und spart am Service und den Instandsetztungsausgaben. In der Stadtforschung werden solche Eigentümer/innen als Slumlords bezeichnet.

Die Bewohner/innen in Wilhelmsburg jedoch wollen die Vernachlässigung ihrer Wohnanlage nicht länger hinnehmen und konfrontierten die Geschäftsführung mit ihren Beschwerden. Eine Videodokumentation des AK Umstrukturierung Wilhelmsburg zeigt die gelungene Aktion:

Hamburg: Protestfahrt gegen Slumlord-Strategie der Gagfah

 

Hamburg Wilhelmsburg ist kein Einzelfall

Die Zustände die Hamburg Wilhelmsburg sind dabei ein prototypisches Beispiel für die Geschäftsstrategie des Discountwohnens. Die 2004 privatisierten Gagfah-Bestände und ihr neuer Eigentümer Fortress zeigen, dass zufriedene Mieter/innen nicht die Grundlage des Vermietungsgeschäfts sein müssen. Berichte aus verschiedenen Städten (Hamburg, Wuppertal, Dresden) zeigen: Seit Jahren werden Serviceleistungen abgebaut, an Instandsetzungsaufwendungen gespart und Mieterbeschwerden ausgesessen.  Das Kalkül ist einfach, in den meist einfachen und von ärmeren Haushalten bewohnten Siedlungen sind keine größeren Mieterhöhungen durchzusetzen und die Gewinne werden durch reduzierte Einnahmen erzielt. Sind die städtischen Wohnungsmärkte angespannt wie in Hamburg, geht das Geschäft auf, denn die Bewohner/innen können sich nur in den wenigsten Fällen eine andere Wohnung leisten.

Ein Artikel auf Spiegel-Online zitiert Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund:

„Für mehr Rendite gibt es zwei Möglichkeiten“, sagt Ropertz. „Mehr rausholen oder weniger reinstecken.“ Bei der Gagfah hat man sich offenbar dafür entschieden, weniger reinzustecken. Beschwerden über marode Wohnungen kommen nicht nur aus Hamburg oder Dresden, sondern aus vielen Städten, in denen die Gagfah Wohnungen besitzt. Überraschend ist das nicht. „Im vergangenen Jahr investierte die Gagfah pro Quadratmeter 6,40 Euro in die Instandhaltung“, sagt Ropertz. „Normal sind in der Branche 10 bis 15 Euro.“

 

Die Slumlord-Ökonomie der institutionellen Anleger

In der amerikanischen Stadtforschung beschreibt der Eigentümertyp des Slumlords solche Hausbesitzer/innen die in den heruntergekommenn Stadtvierteln ihre Häuser verfallen lassen und trotzdem so teuer wie möglich vermieten. Das Geschäftsmodell ist relativ simpel: Der Gewinn wird weniger durch die Steigerung der Einnahmen als vielmehr durch die drastische Reduktion der Ausgaben erzielt. Die darunter leidende Wohnqualität wird von den meist ärmeren Bewohner/innen in Kauf genommen, weil sie sich andere und bessere Wohnungen nicht leisten können.

Dieses Geschäft mit der Armut gibt es natürlich nicht nur in den USA. Die Geschäftspolitik der 2004 an den Finananzinvestor Fortress privatisierten GAGFAH (bundesweit ca. 170.000 Wohnungen). Ein informativer Beitrag in dr FTD vom 18.03.2010 (Meike Schreiber: „Mieterschreck Gagfah„) gibt Auskunft über das Geschäftsmodell von Fortress:

Laut dem Maklerhaus Cushman & Wakefield erwarben Finanzinvestoren zwischen 2003 und 2008 dank billiger Kredite rund 870.000 Wohnungen in Deutschland. Die Geschäftsidee war simpel: Die Immobilientöchter mussten für die Schulden aufkommen und Sonderdividenden ausschütten, anschließend wurden sie umgebaut, ausgeschlachtet, weiterverkauft.

Für Fortress hieß das: Schlecht verwaltete Wohnungsbestände erwerben, Verwaltungskosten senken, Mieten erhöhen, Wohnungen an Mieter verkaufen – und schrittweise alles wieder losschlagen. 2004 kauften die Amerikaner 81.000 Wohnungen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, darunter auch die 720 Wohnungen in Wuppertal-Rehsiepen. Dazu kauften sie Tausende kommunale Wohnungen, zum Beispiel 48.000 in Dresden.

(…)

Wurden 2008 noch 90,6 Mio. Euro in den Erhalt der Häuser investiert, waren es 2009 nur noch 66,2 Mio. Euro. Pro Quadratmeter sanken die reinen Instandhaltungskosten von 8,33 Euro auf 6,61 Euro, die addierten Instandhaltungs- und Modernisierungausgaben auf knapp 8 Euro – branchenüblich sind für einen älteren Bestand mindestens 12 Euro. „Das ist verdammt wenig“, sagt Stefan Kofner, Professor für Bauwesen an der Universität Zittau.



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