Gerade jetzt: nächtliche Räumung im Hambacher Forst
Seit etwa einer Stunde wird weiter geräumt. In der Dunkelheit, gegen die Baumbesetzer, für die Rodung des Waldes, für die Braunkohle, gegen das Klima. Auch wenn der Braunkohleausstieg beschlossene Sache ist…. Waldspaziergänge sind ab morgen kriminell.
Es war 89 als ich in einem kleinem Heidelberger Kino saß, irgendwie über Ungarn hierhergelangt.
Es war die Verfilmung von Kunderas „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins.“ Ich war frisch verliebt in einen Medizinstudenten, der in seiner Kindheit nicht Lolek und Bolek oder Wolf und Hase gesehen hatte, vielmehr war er mit den Geschichten von Mary Poppins groß geworden. Aus dem Händchenhalten im dunklen Kino wurde nach und und nach ein panischer Händedruck. Schwarz-Weiß Aufnahmen von Prag, Demonstrierende, Panzer, Schüsse.
„Martin was ist das?“ „Prager Frühling“, flüsterte er mir zu. Es war für mich kein Begriff.
Naivität?
Die Bilder vom Hambacher Forst wiederbeleben in mir jene damals gefühlte Ungläubigkeit und den Zorn, auch wenn man diese Ereignisse nicht vergleichen kann.
Eine Räumung die jetzt vor 40 Minuten in der Dunkelheit begann, feige. Es scheint egal zu sein, wieviele protestieren: wirtschaftliche Interessen werden gewahrt.
Und? Wie erkläre ich das meinen Teenies? Werde ich sagen: aber das Recht war auf Seiten vonRWE, jahrzehntelanger Vertrag, Millionenentschädigung bei Vertragsbruch oder werde ich ihnen zurufen, geht auf die Bäume oder werde ich schweigen?
Wenn Waldspaziergänge verboten werden, wird Widerstand zur Pflicht-gerade irgendwo gelesen und als sehr gut befunden.