"Halloween II" [USA 2009; Director's Cut]


Gestatten: Rob Zombies künstlerischer Gesinnungswandel, archaisch, gleichzeitig aber ausgefallen gefühlvoll. Sein "Halloween"-Remake mäanderte im von Klischees durchgeweichten White-Trash-Milieu entmystifizierend und über einige Grenzen des schlechten Psychothriller-Geschmacks, aber dieser darin verpackte, erzählerische Pragmatismus, vor John Carpenter wie ein Hündchen den Schwanz einzuziehen, und das bis zum letzten Moment, das führte zu einem Rob Zombie, der nicht unter Strom stand, der nicht etwas wagte, sondern etwas bleiern verrückte – auf das geerdete Erzählkino ausweichend. Kurz gesagt, ein in beiderseitigem Einverständnis schizophrenes, disharmonisches Carpenter-Zombie-Arrangement.
Wer diesen Rob Zombie, diesen trägen Rob Zombie mag, der ist mit "Halloween" und dem zynischen Terrorulk "The Devil's Rejects" mehr als gesättigt. Wer hingegen den rasenden Lust- und  Frustmenschen Zombie in sein schwarzes Herz eingesperrt hat, wer ihn sinnästhetisch erfühlen will, dem sei "Haus der 1000 Leichen" empfohlen, dem sei strikt, vor allem, "Halloween II" empfohlen. "Halloween II" ist Zombies letztgültige Abkehr von jenen ikonischen Carpenter-Gewohnheitsbildern, die redundant wirkten, mehr noch: die Abkehr eines Mythos, die Demontage eines altehrwürdigen Gespensterkillers, völlige dekonstruktive Freiheit gegenüber dem, was ein Film, ein Remake, was schnödes Abpausen zu sein hat, schlussendlich bedeutet und erfüllen muss. 
Wenn Michael Myers, jetzt ein tragisches, einvernehmlich begieriges, entseeltes Geschöpf, tagsüber ohne Maske durch geheimnisumwitterte Wälder stapft und, einer bewegenden Familientragödie, dem insgeheimen Zentrum des Films, sei Dank, anfängt zu sprechen, wenn Sam Loomis (Malcom McDowell) als sardonisch schiefschauender Kapitalschnösel sich um den eigenen Finger wickelt und die Myers-Schwester Laurie (Scout Taylor-Compton) ihre zerstörte Innerlichkeit energisch abriegelt, während sie eine Form telepathischer, innerfamiliärer Verbindung zu ihrem Peiniger erfährt (zweideutig makaber: das parallel geschnittene Fressen eines Kadavers), dann ist Zombie ein beherzter Coup gelungen, ein Kleinod der Sprengung des Ewigambitionslosen.  
Die transzendenten Farbcollagen und graziösen Nachtschatten der Mondfinsternis: Ein vergleichbar lyrischer Horrorfilm lässt lange auf sich warten; eskalierendes Experimentieren zwischen Visionen, Träumen und Aufwachphasen aus einem unheimlichen Schlaf voller böser Männer. Zombie traut sich zudem ein Slasher-Novum zu – Opfer gefallen sich nicht in ihrer Rolle als Wegschließware. Sie sind Menschen, um deren Tod getrauert wird, stillschweigend, andächtig, würdevoll. In vielerlei Hinsicht bricht "Halloween II" demnach mit Gesetzmäßigkeiten. Das macht den Film nicht zwingend genuin, aber es macht ihn unmittelbar, ohne eine aufgelockerte, postmoderne Prise Jux. Unmittelbar kalt, raubeinig und gerinnend zu edelmütigem, sinistrem Dichten.  
7 | 10

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