Hallo Leben, hörst Du mich?
Jack Cheng
Cbt, 2017
978-3570164563
14,99 €
Was würdest du tun, wenn du allein mit deiner Mom lebst, die manchmal ihre “ruhigen Tage” hat, und du planst, deinen iPod mit einer selbstgebauten Rakete ins All zu schießen, um den Außerirdischen das menschliche Leben auf der Erde zu erklären?
Ganz einfach: Der 11-jährige Alex wagt gemeinsam mit seinem Hund Carl Sagan die große Reise quer durchs Land zu einer Convention von Raketen-Nerds. Dabei lernt er nicht nur die unterschiedlichsten Menschen kennen, sondern erfährt auch eine Menge über Freundschaft, Familie, Liebe und all die anderen Dinge, die das Leben als Mensch so lustig, traurig, wunderschön und überraschend machen. Und zum Schluss ist Alex´ Welt um viele kostbare Freundschaften und sogar eine Schwester reicher.
Vollmundige Werbung? Falle ich darauf herein? JA! Ich müsste lügen, wenn mich Worte wie „John Green“ und „Barry Jonsberg“ bzw. Namen, nicht neugierig machen würden. Was erwarte ich bei diesen Namen? Gefühlvolle, etwas poetische denken Charaktere. Jemanden, der jung ist, aber die Welt auf seine ganz eigene Weise sieht. Der mich mitreißt, vielleicht ein paar Probleme hat und den ich mal in den Arm nehmen will, obwohl letzteres bei Romanfiguren immer sehr schwierig ist.
Was also hält das Buch für mich bereit? Einen kleinen Jungen, der elf ist. Der niemanden hat außer seinen Hund. Dieser heißt Carl Sagan, benannt nach dem großen Astronomen, dem der kleine Alex nacheifern möchte. Und wenn letztendlich die Erde kein guter Ort für uns zwei ist, dann streben wir danach etwas für die Nachwelt in den großen Kosmos zu schicken. Klingt nach einer süßen Idee, hat mich dennoch enttäuscht. Jetzt habe ich es gesagt – ups. Alle, die das Buch mögen: Ich lasse Euch euren Geschmack, ich mag auch Bücher, die ihr doof findet! Dennoch kann ich meine Entscheidung erklären.
Es fängt bereits damit an, dass Alex sein Leben erzählt – aus seiner Sicht. Okay, das ist nicht weiter außergewöhnlich, denn Alex steht alleine im Mittelpunkt. Er wählt Sprachaufzeichnungen, die er in seinen iPod spricht und dort absichert. Schließlich wollen die Außerirdischen wissen, was auf der Erde passiert. Denkt sich Alex.
Leider ist sein Leben ziemlich traurig. Seine Mutter muss bekocht werden und schaut Sitcoms. Alex darf nicht stören, sein Hund ist eigentlich zu teuer im Unterhalt und dafür geht er arbeiten. Wenn Alex erzählt wirkt er sehr, sehr jung. Er wirkt nicht neunmalklug, was ihn liebenswert erscheinen lassen würde. Er wirkt auch nicht trottelig oder verlassen. Alex ist verschroben, sehr, sehr einsam und kann eigentlich von jedem ausgenutzt werden. Nächster Haken: genau das will der Leser nicht. Ein Kind, ist es noch so klein, liebenswürdig und treu, sollte nicht ausgenutzt werden. Vielleicht einmal oder zweimal, denn in der Realität passiert es auch. Alex aber nicht. Er trifft nur auf gute, liebe Menschen. Sie helfen ihm, reden mit ihm und lachen manchmal über ihn.
Die beschränkte Sichtweise von Alex führt dazu, dass die Sicht auf die Dinge sehr eintönig ist. Wir erfahren nie, was Menschen über ihn denken, denn Alex besitzt kaum Empathie, weder für seine Welt noch für die Menschen, die in ihr Leben. Es fehlen spürbare Emotionen, die Alex haben sollte, wenn er weint und davon erzählt.
Vielleicht hätte die ganze Geschichte besser funktioniert, wenn ich nicht das Gefühl gehabt hätte, dass der Autor selbst nicht wusste, wo er hin möchte. Ist es ein Buch über das Leben? Über die Fragen des Lebens? Letzteres kommt viel zu kurz, denn das Leben antwortet nur auf verschlungenen Wegen, die Alex oft nicht versteht. Zudem können sich Zwölfjährige für die das Buch geschrieben ist, mit der Sprache nicht identifizieren. Alex benutzt leichte Worte, kurze Sätze und denkt wenig nach. Sein eigenes Leben reflektiert er kaum. Auch das jüngere Publikum wird mit Alex Probleme haben, denn es fehlt ihnen ein Verständnis für fremde Menschen, Allein sein und depressive Mütter. So ein Wissen besitzt kein zehnjähriges Kind außer es steckt in dieser Situation.
Leider konnte mich „Hallo Leben, hörst Du mich?“ nicht überzeugen. Die Umsetzung als Sprachnachrichten verschluckt Gefühle und die Möglichkeit für Alex sein Leben zu reflektieren und wahrzunehmen. Es wirkt wie ein Film, den der Junge selbst schaut und feststellt: sein Leben ist nicht besonders.
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