The Drums „Portamento“ (Moshi Moshi)
Wenigstens diese zwei Dinge ruft einem die neue Platte der Drums wieder ins Gedächtnis: Auffällig zunächst der kurze Weg vom „Wow!“ zum „Buh!“, exemplarisch vorgeführt vom Vorsitzenden des Plattengerichts bei SpiegelOnline, Jan Wigger, der noch vor gut einem Jahr Lobeshymnen auf die Jungs aus Brooklyn textete, sich aber für den Nachfolger zu einem zwar lustigen, aber fragwürdigen „Dengel Dengel Brumm Brumm Doing Schrumm Jaul“ hinreißen ließ. Was insofern verwundert, als dass die Songs des neuen Albums zwar zur Hälfte immer noch aus den selben Ingredienzen wie denen des Debüts bestehen und auch Jonathan Pierce‘ Falsettstimme nach wie vor das Nervengerüst auf Tauglichkeit prüft.
Andererseits gelingt es den Jungspunden auf „Portamento“ deutlich öfter, Brüche in ihre Songs einzubauen und so ganz unterschiedliche Stimmungen zu erzeugen, im Gegensatz zum Erstling gibt es jetzt sehr wohl Stücke, die aus dem einheitlichen „Dengel-Brumm“ herausragen – sei es „Searching For Heaven“ mit seinem flächigen, fast an Tangerine Dream erinnernden Synthie-Intro und dem erstaunlich schrägen Gesang oder auch die beiden in schummrigem Moll eingefärbten Joy-Division-Soundalikes „Please Don’t Leave“ und „If He Likes It ...“ Richtungsweisend wohl auch ein Stück wie „Hard To Love“, in welchem die Elektronik statt des gezupfen Basses die Marschrichtung vorgibt – laut Auskunft der Band soll dies ja auch die gewünschte Marschrichtung für das nächste Album sein.
Als weniger wichtige Randnotiz kann man vermerken, dass „I Need A Doctor“ lustigerweise ein Stück weit wie „Doctor Doctor“ von den fast vergessenen Thompson Twins klingt und The Drums sich bei „In The Cold“ ohne erkennbaren Gesichtsverlust sogar auf den frostigen Boden der Echo And The Bunnymen vorwagen. Sie sind deshalb lange noch keine düstere Wave-Combo und vom NewGoth so weit weg wie die Gebrüder Gallagher vom Bruderkuß, aber eine zielgerichtete Bewegung ist erkennbar und sie selbst meinten ja im Q-Magazine kürzlich: „We're clearly a band who move fast."
Im gleichen Interview, und das soll der Bogen zum zweiten Aufmerker (s.o.) sein, äußerte Sänger Jonathan Pierce recht forsch: „I hate U2 and Coldplay, bands that can't be bands for the life of them. They can't just write great songs, they have to be doing other stuff, a statement all the time ... U2 haven't released a good record in ten years, why don't they just run for office“. Nun, die Jugend hat das verbürgte Recht, mit Vehemenz das Maul aufzureißen und über das politische Gutbürgertum der Herren Vox und Martin darf gern ausgiebig gespottet werden. Aber in punkto Songwriting kommt vor dem Reden nach wie vor das Machen und da darf sich Herr Pierce gern noch ein paar Stunden ins Auditorium setzen. Und zwar trotz guter Platte.
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