Hab keine Angst…

Mama, ich hab‘ schlecht geträumt! Ich möchte nicht alleine schlafen!

Mama, ich habe Angst!

Bleib bei mir! Geh nicht weg!

Habt Ihr Sätze wie diese auch schon von Euren Kindern gehört? Gab es hin und wieder mal Momente, in denen sie sich gefürchtet haben?

Das ist vollkommen normal, gerade im Kleinkindalter. Doch was ist, wenn diese Ängste alles Denken und Tun dieses kleinen Menschen beeinflussen?

Wie äußern sich Ängste bei Kindern?

Erkennbar werden Ängste unter anderem durch körperliche Symptome wie Bauchschmerzen oder aber durch das Verhalten des Kindes, indem sie vor etwas zurückweichen, weglaufen oder sich ängstlich an die Eltern zu klammern. Am deutlichsten wird die Angst jedoch, wenn das Kind selbst darüber berichtet.

Viele Kinder haben beispielsweise Angst vor Tieren oder unbekannten Situationen.

Im Alter zwischen zwei und vier Jahren stecken die Kinder in der sogenannten „magischen Phase“, welche das Denken und Handeln des Kindes beeinflusst. Das kann durchaus schöne Aspekte haben. Dinge, die Kinder noch nicht ganz verstehen, entwickeln sich in ihrer Fantasie weiter und werden dann mit kindlicher Logik erklärt. Zum Beispiel weinen die Wolken, weil sie traurig sind, oder die Sterne leuchten, damit sie etwas sehen können.

Doch dann gibt es da auch noch die Schattenseite der Fantasie: Die Monster unterm Bett, ein Kleidungsstück, das im Dunkeln zum Gespenst wird, ein Schatten, der das Kind scheinbar verfolgt.

Wie wir die magische Phase erleben

Meine Tochter steckt gerade mittendrin in dieser Phase. Mir ihren drei Jahren hat sie eine unglaubliche Vorstellungskraft und denkt sich die tollsten Geschichten aus und vertieft sich damit ins Spiel. Leider sind aber auch die Ängste bei ihr sehr präsent.

So hatte sie beispielsweise Angst vor dem Schatten des Baumes, der in unserem Vorgarten steht und durch unsere Haustür zu sehen ist, wie er sich im Wind hin- und herwiegt. Sie traute sich kaum, allein durch den Flur zu gehen.

Dann hatte sie schlecht geträumt. Von einem Mann, der sie anspuckt. Dieser Traum hat sie mehrere Wochen beherrscht und war allgegenwärtig. Hinter jeder Ecke vermutete sie diesen Mann. Ich habe oft und lange mit ihr geredet und versucht ihr zu erklären, dass es nur ein Traum war und dass es diesen Mann nicht wirklich gibt. Doch sie war felsenfest davon überzeugt, dass er real ist. Alleine zu schlafen war plötzlich nicht mehr möglich, so dass ich Nacht für Nacht neben ihrem Bett verbrachte.

Neben diesen Ängsten begleitet mein Kind auch die beinahe panische Angst vor Tieren. So wird ein Besuch bei Freunden, die eine Katze haben, für sie zum Spießrutenlauf und um den Nachbarshund, den wir morgens regelmäßig treffen, wird ein riesengroßer Bogen gemacht.

Womit helfe ich meinem Kind?

Natürlich fing ich an zu recherchieren, wie wir ihr helfen können, die Ängste zu überwinden. Das Wichtigste ist tatsächlich, ihre Geschichten nicht infrage zu stellen, denn die Kinder glauben wirklich, was sie erzählen. Wenn wir ihre Erzählungen als Lügengeschichten abtun, verunsichern wir das Kind nur. Also: Nehmen wir die Sorgen und Ängste unseres Kindes ernst.

Was können wir außerdem tun?

Ich fand folgenden Text von Familienleben hilfreich:

Dennoch lassen sich Ängste nehmen. Ist das Kind beunruhigt, tun Eltern gut daran, es eigene Schlüsse ziehen zu lassen. «Oh, da ist gar kein Monster, das war nur ein Schatten», seufzen Kinder erleichtert, wenn Eltern das Licht eingeschaltet haben. Beim Blick unters Bett können Eltern fragen: «Siehst Du dort etwas?», «Nein, nur einen Socken, ein Buch und Taschentücher», wird das Kind vermutlich antworten. Ist das Kind immer noch nicht beruhigt, können Eltern fragen: «Was wollen wir tun, damit sich hier kein Monster herein traut?» Bestimmt hat das Kind eine gute Idee, die Eltern aufgreifen können.
«Für Kinder ist es wichtig zu erleben, was sie selbst bewirken können – das ermutigt und ist eine Ressource für die Zukunft», darauf weist der Schweizer Spielgruppenleiter Marcus Zimmermann in einem Interview mit der Fachzeitschrift «spielgruppe.ch» hin. Vielleicht lässt sich das Monster mit einer Flöte, einem Zauberspruch oder einer Trommel in die Flucht schlagen? «Wie immer auch die Strategie aussieht; es empfiehlt sich, sie mit dem Kind zusammen zu erarbeiten und ihm so viel Handlungsspielraum wie möglich zu geben.»

So sind wir hingegangen und haben der Kleinen nicht nur einfach gesagt „Ach was, das ist doch nur der Schatten des Baumes!“, sondern haben die Tür geöffnet an einem dunklen Regentag und ich zeigte meiner Tochter den Baum, dessen Zweige übersät waren mit Regentropfen, die im Licht der Straßenlaterne funkelten und glitzerten. „Schau mal, wie schön der Baum aussieht. Er bewegt sich im Wind, als würde er tanzen. Und wenn die Tür geschlossen ist und Du seinen Schatten dadurch sehen kannst, sieht es aus, als würde er Dir winken wollen.“

Tatsächlich ist es nun vorbei mit dieser Angst. Gestern habe ich sie im dunklen Flur vor der Tür hocken sehen, ihr Händchen lag auf der Glasscheibe. Auf meine Frage, was sie denn da mache, antwortete sie: „Ich spiele noch mit meinem Baum!“

Was ihren Traum anging, war es jedoch etwas schwieriger. Immer wieder sprach sie davon. Ich sagte ihr, wenn sie noch einmal von ihm träume, dann soll sie einfach zurückspucken. Ein paar Tage später erzählte sie, dass sie erneut von ihm geträumt hätte. „Und dann habe ich einfach zurückgespuckt und dann ist er weggelaufen!“ Erleichtert dachte ich, dass die Sache damit ausgestanden wäre. Doch immer wieder schwappte es hoch.

Als sie neulich ein Video mit Peppa Pig Plüschfiguren anschaute, rief sie plötzlich „Da ist er!“ und ich schaute mir an, was sie meinte. Es handelte sich um eine Plüschpuppe – einen Polizisten. Vermutlich hat sie ihn im Traum mit dem Grunzen der Peppa-Schweinchen in Verbindung gebracht und so ist er zu dem Mann geworden, der sie anspuckt oder anrotzt. Und so konnten wir ihr erklären, dass die Polizei dazu da ist, die Menschen zu beschützen und in der Not zu helfen, anstatt jemandem Angst zu machen und diese Antwort beruhigte sie schließlich.

Was ihre Angst vor Tieren angeht – diese hat sich immer noch nicht gelegt. Sind wir verabredet und sie weiß, dass dort auch eine Katze lebt, beherrscht sie dieses Thema die ganze Zeit. Ich dränge sie zu nichts, zeige ihr aber, dass sie keine Angst haben muss, indem ich das Tier streichle und mit ihm spiele. Ebenso begrüße ich den Hund der Nachbarin mit ein paar Streicheleinheiten. Hin und wieder überrascht sie mich dann plötzlich, indem sie sagt „Heute möchte ich den Nachbarshund streicheln!“ und das dann auch tatsächlich tut. Sie ist dann selbst unglaublich froh und stolz. Am nächsten Tag kann sie dazu aber schon wieder eine ganz andere Meinung haben. Es ist ein vorsichtiges Herantasten.

Zur Seite stehen und ermutigen

Lassen wir unser Kind mit seiner Angst niemals allein, sondern stehen ihm bei, ganz egal wie absurd uns diese Angst vorkommen mag. Reden wir mit den Kindern über Ängste und erklären ihnen, dass auch wir manchmal Angst haben und dass die Angst uns zum Beispiel vor gefährlichen Situationen schützen kann. Seien wir selbst ein gutes Beispiel und ermutigen wir dadurch unsere Kinder.


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