Gut gedacht – doch leider falsch.

Da ruft ein Kunde an und erzählt, dass seine Schwiegermutter nach einer schweren OP zu Besuch sei. Sie müsse auch Schmerzmittel schlucken, nur seien diese Tabletten einfach zu groß zum Schlucken. Deswegen habe sie diese immer an der Bruchrille geteilt, so seien sie einfacher zu schlucken. Nachvollziehbar. Allerdings haben diese Tabletten durch die Teilung scharfe Kanten, und das würde das Schlucken derselben doch wieder massiv erschweren. Selbst ist der Heimwerker, dachte ihr Schwiegersohn, und griff zur (neuen, unbenutzten) Nagelfeile und schliff die Kanten nun jedesmal rund.

Ich bewundere diese Lösung einfach Auf so etwas wäre ich wohl nicht ohne weiteres gekommen, meine ersten Gedanken wären in Richtung Mörsern der Tablette gegangen. Der Schwund an Arzneistoff durch das Abfeilen fiel bei der hohen Dosierung der Tabletten auch nichts ins Gewicht – allerdings brachte  dann die Frage nach dem genauen Präparatenamen dann doch zu Tage, dass die Methode gut gedacht, aber in diesem Fall leider falsch war: Ibuprofen 800mg retard. Die gute Dame hat (seit längerer Zeit) also ein an sich retardiertes Präparat durch Teilung “entretardiert”… man mag es ihr aber nicht verdenken, denn die Tabletten haben eine Rille, die für den Laien ganz eindeutig nach Bruchrille aussieht.

Laut Gelber Liste (einem Arzneimittel-Informationssystem) und Fachinfo der Herstellerfirma zu dieser Tablette wird von einer Teilung dringend abgeraten – wegen Verlust der Retardwirkung. Wieso also macht man hier so eine eindeutige Rille in die Tablette? Das verführt doch zum Teilen… Noch verwirrender wird es, wenn ein Kunde dieses Präparat gegen ein Rabattarzneimittel seiner Krankenkasse ausgetauscht bekommt – denn da gibt es sowohl Firmen, die diese Retardtabletten ohne Bruchkerbe, als auch welche, die sie mit echter Bruchkerbe herstellen (laut gelber Liste und Beipackzettel auch wirklich teilbar) …

Aber da sind sie ja nicht die einzigen.