Günter Grass: Die mediale “zynische Vernunft” schlägt zurück

An und für sich treibt der Vorwurf der “gleichgeschalteten Medien” in Deutschland die JOURNAILLE mehr um, als die Äußerungen des Literaturnobelpreisträgers. Heutzutage darf anscheinend sogar ein Literat, der durchaus auch den Friedensnobelpreis verdient hätte, das Offenkundige nicht nennen. Es geht um Israel, aber eigentlich auch um einige europäische Staaten, sogar Deutschland, die zumindest verbal den IRAN mit KRIEG und Vernichtung bedroht haben, auf ziemlich dünner Grundlage, wie man inzwischen weiß.

Besonders schmerzhaft für die Journaille ist, dass Günter Grass jetzt sogar in Interviews Gelegenheit hatte, auf die reihenweise Verstöße gegen die UN-Resolutionen der israelischen Regierungen bezogen auf die völkerrechtliche widerrechtliche Wegnahme und Besiedlung von großen Flächen in Palästina hinzuweisen, um letztlich auch die Entstehung eines eigenen Palästinenserstaates zu verhindern. Jetzt wird die Öffentlichkeit daran erinnert, dass die Journaille nicht mit gleicher Vehemenz und angebrachter moralischer Empörung die Rechte der Palästinenser medial begleitet und die israelische Regierung mit Nachdruck auffordert, endlich die kriminellen Handlungen aufzugeben und die seit 1967 besetzten Gebiete zurückzugeben. Das wäre eigentlich eine Selbstverständlichkeit, wenn nicht mit unterschiedlichen Maßstäben gemessen würde.

Wer sich die gezielte Zerstückelung der Restgebiete in der Region ansieht der weiß, dass die israelische Regierung und ihre Unterstützer systematisch die Entstehung eines Palästinenserstaates durch Besiedelungspolitik unterbinden wollten. Das ist die unübersehbare Wahrheit, wenn man sich die aktuelle Landkarte anschaut. Aber selbst die Veröffentlichung der Landkarten, die die Entwicklung im Vergleich zu 1967 aufzeigen, ist ein “Tabuthema” in den Mainstreammedien; der Bürger soll (optisch) nicht erfahren, welches Unrecht das seit Jahrzehnten den Palästinensern angetan wurde und wodurch auch der anhaltende Hass und die Gewalt zurückzuführen war und ist. Auf der Grundlage solch einer Unrechtspolitik konnte sich bisher kein Frieden finden lassen, zumal der israelischen Regierung der “Diebstahl” und das vielfältig begangene Unrecht (Landvertreibung usw.) in der westlichen Welt überwiegend einfach zugestanden wird.

Und die Journaille weigert sich bis heute, die Dinge beim Namen zu nennen. Es wurde auch nicht oder allenfalls nur lahm kritisiert, dass die ehemalige Kommunistin und FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda in der DDR und jetzige Bundeskanzlerin, Angela Merkel (CDU), Israel mit Waffen beliefert, damit die Unrechtspolitik zuletzt mit der Tötung vieler Menschen im Gaza-Streifen, darunter vieler Kinder, fortgesetzt werden konnte. Deutschland lieferte Sprengstoff und andere Waffen, damit die Menschen dort getötet werden konnten, obwohl es seit Jahren “verboten” ist, Waffen in “Krisengebiete” zu liefern.

Genau das prangerte Günter Grass an, als er die Lieferung eines weiteres “atomwaffenfähigen” U-Bootes zu Recht scharf kritisierte, während die Schmieren-Journaille dazu fast ausnahmslos schwieg und im Stillen sogar Beifall zollte, indem die Lieferung geradezu wie eine “geschuldete” Leistung dargestellt wurde oder nur als reine “Nachricht” behandelt wurde.

Die Perversität der merkelschen “Staatsräson” liegt darin, dass sie aufgrund der historischen Vergangenheit, der schlimmen Verbrechen der Deutschen, der unmenschlichen Behandlung der Juden und der begangenen Verbrechen an ihnen, der beinahe unbeschreiblichen Grausamkeiten und Tötung von  6 Millionen, meint, dass dieses beispiellose Unrecht mit der Duldung und Unterstützung des fortgesetzt begangenen Unrechts durch die israelischen Regierung aus Sicht Deutschlands “gesühnt” werden muss.

Aber UNRECHT kann nicht mit erneutem UNRECHT begegnet werden. Es ist aus meiner Sicht geradezu ein Schlag ins Gesicht der Millionen Opfer (Opfer ist immer der Einzelne), dass eine Unrechtspolitik unterstützt wird und nicht aus den schlimmen Jahren zwischen 1933 und 1945 geschlussfolgert wird, dass jedes Unrecht gegen Menschen, egal welcher Herkunft, geächtet und mit allen politischen verfügbaren Mitteln bekämpft werden muss. Das sollte eigentlich die Botschaft des Holocaust für Deutschland sein, nicht die Lieferung von Waffen und U-Booten, um möglicherweise sogar einen “atomaren” Konflikt zu unterstützen oder gar zu fördern!

Die Perversität der merkelschen Politik muss noch einmal hervorgehoben werden: Der Holocaust führt ausgerechnet in Deutschland zur Politik der Aufrüstung und Befähigung zur atomaren Vernichtung, der Duldung von Staatsverbrechen und tausendfach begangenem Unrecht gegen palästinensische Bürger! Das Unrecht des Holocaust und die Verantwortung dafür rechtfertigt bzw. führt nach deutscher Politik zu neuem Unrecht! Einfach unglaublich!

Es muss hervorgehoben werden, dass sich auch viele Menschen in Israel gegen die Unrechtspolitik ihrer Regierung wenden. Aber auch die kritischen Stimmen aus Israel finden in den deutschen Medien kaum Unterstützung.

Anzunehmen, dass nicht jeder Mensch RECHT und UNRECHT zutreffend einordnet und empfindet, wäre reichlich naiv. Nur die Medien wollen den Bürgern in Deutschland einreden, dass die “merkelsche Staatsräson” ein sine qua non aus der Vergangenheit Deutschlands wäre; genau das Gegenteil ist richtig.

Die Perversität der westlichen Politik im Nahen Osten liegt auch darin, dass man von Anfang an auf UNRECHT setzte, es zumindest duldete und die Vertreibung der Palästinenser einfach in Kauf nahm. Der zwangsläufig dadurch entstehende Hass und die anhaltende Gewalt wird jetzt einseitig den Vertriebenen angelastet; sie sollen sich sogar mit dem fortgesetzten UNRECHT seit 1967 (Stichwort: UN-Resolutionen bezogen auf widerrechtliche Landnahme durch die israelischen Regierungen) klaglos arrangieren. Die europäischen “Brandstifter” und Mitverantwortlichen haben sich jetzt das Schild der “Feuerwehr” umgehängt; BALL PARADOX.

Und die “Lorenzos” der Medienlandschaft fallen jetzt über den Literaten her, der sich nach langer Zeit verpflichtet gefühlt hatte, sein Schweigen zu brechen.

Die mediale Aufregung, ausgedrückt mit verbalen Anfeindungen wie “Stammtischparolen” ist groß, weil die Konfrontation mit der lange  unterdrückten Wahrheit besonders schmerzlich ist. Das angepasste, mitlaufende journalistische Mittelmaß pfeift jetzt im Blätterwald “Zeter und Mordio”  und reichert die ARD-Kommentare mit einer verquasten Empörung an. Schaut man aufmerksam in einige Gesichter, dann hat man ab und zu den Eindruck, als ob der Kommentator nicht aus eigener Überzeugung spricht, sondern er eher der Auserwählte ist, der dem Publikum die vorgegebene Meinung kundtun soll.

Aber die “Überzeugungstäter” dürften überwiegen, auch diejenigen, die aus der selbst auferlegten “zynischen Vernunft” die Meinung ihrer Verleger und Chefs verkünden und die es geschafft haben, ihr Gewissen in den hintersten Winkel ihres Bewusstseins zu verdrängen; nur manchmal spielen die Gesichtszüge nicht so ganz mit und die Worte sind dann “naturgemäß” nicht so überzeugend, weil die Wahrheit bzw. Wahrhaftigkeit sich doch irgendwie meldet.

Peter Sloterdijk hatte in den 80er Jahren mit seinen Schriften – Kritik der zynischen Vernunft – auch das “Verbiegen” der eigenen Persönlichkeit plakatiert, damit man z.B. in der “zynischen Umgebung” der Wirtschaft überleben kann. Man darf den Eindruck haben, dass einige Journalisten diese “zynische Vernunft” so verinnerlicht und perfektioniert haben dass sie tatsächlich glauben, dass die von ihnen auf dieser Grundlage verkündeten Meinungen und Nachrichten etwas mit der Wahrheit und der Realität zu tun haben.

Nur so dürfte sich erklären, dass der Chefredakteur der Zeitschrift DIE ZEIT die Veröffentlichung des Gedichtes von Günter Grass ablehnte, kurz zuvor aber dem kriminellen Plagiator zu Guttenberg, dem Vertreter des Geldadels und der “Atlantischen Brücke”, die Rückkehr in die Spitzen der Politik ebnen wollte! “Kriminelle an die Macht”, könnte jetzt die Abwandlung eines Songs von Herbert Grönemeyer heißen.

Und das ist nur ein Beispiel für das Selbstverständnis der Führungseliten in den Medien; es geht nicht um Recht oder Unrecht; es geht darum, die Politik der Geldeliten der westlichen Welt umzusetzen. Dabei spielt RECHT oder UNRECHT oder gar MORAL oder ETHIK keinerlei Rolle mehr, allenfalls in einer euphemistischen Verklärung der auferlegten Ziele, um die Bürger in die gewollte Richtung zu lenken. Die, wie oben dargelegt, von den Journalisten (mit zynischer Vernunft) akzeptierte und zumindest wohlwollend begleitete perverse Staatsräson ist ein Beispiel für diese Medienrealität. Unrecht wird zu Recht uminterpretiert oder es werden einfach Nachrichten unterdrückt, wie beispielsweise die seit Monaten anhaltenden Proteste der Bürger in Bahrein; sie finden in der deutschen Medienwelt so gut wie nicht statt. Und die Gräueltaten der lybischen Revolutionäre bleiben ebenfalls weitgehend unbeachtet, weil man da ja auch nach der Verantwortung bzw. den Verantwortlichen für diese Entwicklung fragen müsste! Aber man will ja nicht “demokratische” Regierungen kritisieren, schon gar nicht Regierungen der EU.

Günter Grass hat den Friedensnobelpreis verdient, weil er sich aus der “Meinungsdiktatur” der verdrehten Wahrheiten und der Lügen befreit hat und sich den Anfeindungen aussetzt und diese im hohen Alter noch aushalten will.

Recht ist nicht der Mehrheit Probe, wie es einst ein Dichter zum Ausdruck brachte (sinngemäß Friedrich Schiller: Maria Stuart – 2. Akt Szene II, 3), und schon gar nicht das, was uns jetzt die JOURNAILLE bezogen auf die israelische Politik und das Gedicht von Günter Grass einreden will.



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