Es war einmal ein Mann, der hieß Gudbrand; der hatte ein Gehöft, das lag weit weg am Abhang eines Berges, und darum nannten ihn die Leute Gudbrand vom Berge.
In der Stadt aber fand sich niemand, der ihm die Kuh abkaufen wollte. "Ei nun," dachte Gudbrand, "so geh' ich mit meiner Kuh wieder nach Hause; ich weiß, ich habe sowohl Stall als Futter für sie, und es ist ebenso weit hin als her." Und damit stiefelte er getrost wieder mit seiner Kuh heimwärts. Als er ein Endchen gegangen war, begegnete ihm ein Mann, der hatte ein Pferd, das er verkaufen wollte. Nun deuchte es unsern Gudbrand, es sei besser, ein Pferd zu haben als eine Kuh, und darum tauschte er mit dem Manne. Als er noch etwas weiter gegangen war, begegnete ihm einer, der trieb ein fettes Schwein vor sich her, und da meinte Gudbrand wieder, es sei doch besser, ein fettes Schwein zu haben als ein Pferd, und tauschte abermals. Darauf ging er weiter, und nach einer Weile begegnete ihm ein Mann mit einer Ziege. "Es ist freilich besser, eine Ziege zu haben als ein Schwein," dachte Gudbrand und tauschte mit dem Manne, der die Ziege hatte. Nun ging er eine Strecke weiter, bis ihm ein Mann begegnete, der ein Schaf hatte, und mit dem tauschte er ebenfalls; denn er dachte: "Besser ist's immer, ein Schaf zu haben als eine Ziege." Als er nun noch weiter gegangen war, begegnete ihm ein Mann mit einer Gans, und nun vertauschte Gudbrand das Schaf gegen die Gans. Als er darauf ein weites, weites Ende gegangen war, begegnete ihm ein Mann mit einem Hahn; mit dem tauschte er auch, denn er dachte: "Im Grunde ist's doch besser, einen Hahn zu haben als eine Gans." Er sch nun so lange fort, bis es schon spät am Tage war, und nun der Hunger sich bei ihm einstellte, verkaufte er den Hahn für drei Groschen und kaufte sich dafür etwas zu essen; "denn es ist doch besser, das Leben heimzubringen als einen Hahn," dachte Gudbrand vom Berge. Darauf setzte er seinen weg nach Hause fort, bis er zu dem Gehöft seines nächsten Nachbars kam; da kehrte er ein. "Nun, wie ist es dir in der Stadt gegangen?" fragten ihn die Leute. "Oh, das ist nun so gegangen," sagte Gudbrand; "ich kann mein Glück eben nicht loben und auch nicht verachten." Und damit erzählte er ihnen, wie sich alles zugetragen hatte, vom Anfang bis zu Ende. "Na, da wirst du aber schön von deiner Frau empfangen werden, wenn du nach Hause kommst," sagte der Nachbar; "Gott steh dir bei! Ich möchte nicht in deiner Haut stecken!" — "Oh, es könnte weit schlimmer gegangen sein," sagte Gudbrand vom Berge; "aber sei es nun übel oder wohl ergangen, so habe ich doch eine so gute Frau, die mir nie Vorwürfe macht, wie ich's auch immer anfange." — "Ja, das mag wahr sein," sagte der Mann,- "aber ich glaub's darum doch
"Guten Abend!" sagte Gudbrand vom Berge, als er eintrat. "Guten Abend!" sagte die Frau; "na, Gott sei Dank! Bist du wieder da?" — Ja, das war er denn. Nun fragte die Frau, wie's ihm gegangen wäre in der Stadt, "Ach, so!" antwortete Gudbrand; "ich kann mein Glück eben nicht sonderlich rühmen. Als ich zur Stadt kam, war da niemand, der mir die Kuh abkaufen wollte; darum vertauschte ich sie gegen ein Pferd." — "Ei, das muss ich dir ja Dank wissen," sagte sie; "wir sind so brave Leute, dass wir auch wohl zur Kirche fahren können, ebenso gut wie andre, und wenn wir Rat haben, uns ein Pferd anzuschaffen, warum sollten wir es nicht? Geht hin, Jungen, und holt das Pferd herein!" — "Ja," sagte Gudbrand, "ich hab' das Pferd nicht mehr; denn als ich ein Stück Weges gegangen war, vertauschte ich es gegen ein Schwein." — "Nein!" rief die Frau, "das ist doch, als wenn ich's selbst getan hätte! Danke schön, lieber Mann! Nun hab' ich doch Speck im Hause, um den Leuten etwas anzubieten, die zu uns kommen. Was sollten wir auch wohl mit dem Pferde? Die Leute würden nur sagen, wir wären so vornehm geworden, dass wir nicht mehr zur Kirche gehen könnten, wie wir sonst getan. Geht hin, Jungen, und bringt's Schwein herein!" — "Aber ich hab das Schwein doch auch nicht mehr," sagte Gudbrand' "denn als ich ein Ende weiter gegangen war, vertauschte ich's gegen eine Milchziege." — "Jerum! wie du alles vortrefflich machst!" rief die Frau; "was sollte ich auch mit dem Schwein, wenn ich's recht bedenke? Die Leute würden nur sagen: Die da fressen alles auf, was sie haben.’ Nein, hab' ich eine Ziege, so bekomm' ich Milch und Käse, und die Ziege bleibt mir dennoch. Jungen, lasst die Ziege herein!" — "Nein, ich hab' die Ziege doch auch nicht mehr," sagte Gudbrand; "denn als ich etwas weiter auf dem Weg gekommen war, vertauschte ich die Ziege gegen ein herrliches Schaf." — "Oh!" rief die Frau, "du hast alles gemacht, wie ich's mir nur wünschen konnte, gerade, als war' ich selbst dabei gewesen, was sollten wir auch mit der Ziege? Ich müsste dann immer dahinterher laufen und bergan und bergab klettern. Hab' ich aber ein Schaf, so hab' ich Wolle und Kleider im Hause und Essen obendrein. Geht hin, Jungen, und bringt das Schaf herein!" — "Aber ich hab' das Schaf doch auch nicht mehr," sagte Gudbrand,' "denn als ich etwas weiter gegangen war, vertauschte ich es gegen eine Gans." — "Ei, tausendmal schönen Dank!" sagte die Frau; "was sollte ich auch wohl mit dem Schaf? Ich habe ja weder Rocken noch Spindel und frage auch nichts danach, mich zu placken und zu quälen und Kleider zu weben; wir können ja unsre Kleider kaufen, wie wir sonst getan
Nun machte Gudbrand die Tür auf. "Hab' ich jetzt die hundert Taler gewonnen?" rief er. Und da musste denn der Nachbar gestehen, dass Gudbrand die Wette gewonnen hatte.
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Bild 1: Gehöft in Norwegen – Quelle: krone.at · Bild 2: Berge in Norwegen – Quelle: felsreich.at · Elch – Quelle: stern.de