Grünes Licht für Laizität in Tirol

Haiming, Tirol 26.11.2011. Bei der 35. Landesversammlung der Tiroler Grünen wurde das über 19 Monate erar­bei­tete erste Tiroler Parteiprogramm ges­tern ein­stim­ming beschlos­sen. Vergangenen September wurde bereits beim Bundeskongress der öster­rei­chi­schen Grünen das Thema “Trennung Staat und Religion” in Grundsatz- Beschlüssen ver­an­kert. Religion wurde auch bei der gest­ri­gen Tiroler Landesversammlung heiss dis­ku­tiert. 

Das Stichwort “Abschaffung des Konkordats” fiel mehr­mals. Mehrere Mitglieder bezeich­ne­ten sich selbst öffent­lich als Agnostiker/-innen. Zweifler fan­den die Thematik noch zu neu, Lösungsansätze recht­lich viel zu unaus­ge­reift. Erfreulicherweise wur­den dennoch, in Hinblick auf anzu­stre­bende Laizität, zwei Ände­rungs­an­träge mit mehr­heit­li­cher Zustimmung im Parteiprogramm ergänzt:

- im Kapitel SOZIALES  wurde ein­fügt:

[...] demo­kra­ti­sche Kontrolle “und glei­ches Arbeitsrecht” für soziale Dienstleistungen müs­sen gewähr­leis­tet wer­den.

Begründung: Da auch kon­fes­sio­nelle soziale Tendenzbetriebe (Bsp. Caritas) zum gröss­ten Teil aus öffent­li­chen Geldern finan­ziert wer­den, sollte dort glei­ches Arbeitsrecht und Streikrecht für Bedienstete gel­ten, nicht Kirchenarbeitsrecht. (Bsp. Kündigungsschutz für Geschiedene, gleich­ge­schlecht­li­che Partnerschaften, Un- bzw. Andersgläubige.)

- im Kapitel BILDUNG wird hin­zu­ge­fügt: Langfristig soll Ethikunterricht als Pflichtfach ein­ge­führt und Religionsunterricht zum Freifach wer­den. Dies würde die fried­li­che mul­ti­kul­tu­relle Gemeinschaft bereits im Kindesalter för­den.

Begründung: Laizität beginnt im Kindergarten. Konfes­sio­nelle Pflichtschulen und Kindergärten wer­den ohne­hin zum Grossteil aus öffent­li­chen Geldern finan­ziert. Mangels ande­rer geographischer/finanzieller Möglichkeiten sind Kinder kon­fes­si­ons­lo­ser und anders­gläu­bi­ger Eltern oft gezwun­gen kon­fes­sio­nelle Schulen/Kindergärten zu besu­chen. Sie wer­den dort von der Gemeinschaft getrennt oder unfrei­wil­lig reli­giö­ser Indoktrination (Bsp. Schulgottesdienst) aus­ge­setzt. Gerade für Kinder mit Migrationshintergrund führt dies zu will­kür­li­cher Ausgrenzung.

Hier erfolgte also, zumin­dest in Ansätzen, eine erste ver­bind­li­che und öffent­li­che Niederschrift im neuen Tiroler Parteiprogramm. Angesichts der gros­sen ver­fas­sungs­recht­li­chen Hürden, und der Rolle der Grünen als Oppositionspartei, wäre es ver­früht hier allzu opti­mis­tisch zu sein. Dennoch sind es die ste­ti­gen klei­nen Schritte, die beacht­lich sind und eine auf­ge­klärte Gesellschaft inhalt­lich trans­for­mie­ren kön­nen.

Adah Gleich

[Erstveröffentlichung: GBS Öster­reich]


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