Freitag 29. Mai 2015. Von St-Désert entlang der Hügelkette nach St-Gengoux-le-National.
Um acht Uhr soll es Frühstück geben hatten wir vereinbart. Ich gehe die Treppe hinunter und wieder außen herum auf die Terrasse am Garten, die Tür fällt lautstark ins Schloss. Der Kies knirscht lautstark beim Auftreten. Doch nichts passiert. Gegen 8:30 Uhr sehe ich die Hausherrin dann durchs Küchenfenster und sie deckt nun das Frühstück auf der Terrasse. Ein wenig widerwillig wie mir scheint. Auf die Frage, was ich noch möchte und meiner Antwort „Orangensaft“ belehrt sie mich, dass das nicht gesund sei. Sie hat bereits Orangenspalten und Bananenstücke in einer Art Müsli hergerichtet. Zusammen mit einem frischen Croissant, dunklem Brot, Orangenmarmelade und einer Mini-Flûte ergibt sich ein feines Frühstück. Ihr Mann hat mir ein Käppi geschenkt als ich davon erzählt habe, wie sehr mich die Sonne gestern traktiert hat.
Mein Rucksack ist bereits gepackt und so starte ich in St-Désert um 9:25 Uhr. Vor dem Haus den Berg hinauf, gegenüber kann ich den Mont Avril sehen, den ich gestern quasi umrundet habe. In aller Ruhe geht es aufwärts, Sonne pur und dazu ein kräftiger Wind. Prima. Das nimmt den Schweiß gleich mit! Im Turm einer alten Windmühle wohnt eine Familie. Märchenhaft! Bald habe ich die korrekte Wegstrecke wieder erreicht und folge der blau-gelben Jakobsmuschel.
Am Croix-de-St-Morille ist eine Sitzbank unter der großen Eiche. Hier mache ich eine Rucksackpause. Im Wind trocknen die nass geschwitzten Klamotten recht rasch. Das ist eine ausgezeichnete Wetter-Mischung heute! Der Blick reicht weit ins Land hinaus; ein wunderschönes Plätzchen ist das hier.
Einige Kilometer weiter kommt der nächste Rastplatz. Hier steht hoch über dem Tal der Grosne eine Marienstatue an der Bergkante und blickt hinaus in die Weite. Diese Sonne ist heute durch den Wind wunderbar angenehm. Diese Aussicht ist genial! Tief unten sind Weinberge und kleine Weiler zu sehen, das müssten St-Vallerin und Jully-lès-Buxy sein weiter hinten.
Der Wegverlauf ist einzigartig. Immer wieder bietet sich diese herrliche Aussicht, dann stehen wieder grüne Hecken links und rechts des Weges.
Vor Culles-les-Roches geht es abwärts. Bei einer kurzen Rast überholt mich eine wandernde Dame. Später überhole ich zwei Wandersmänner. Noch ein paar Kilometer leicht abwärts und ich erreiche ganz unverhofft das mittelalterliche Städtchen St-Gengoux-le-National, das mich gleich in seinen Bann zieht. Doch zuerst: Durst! Also nehme ich vor dem Gasthaus oberhalb der Apotheke Platz und genieße ein prickelnd-kühles Panachée.
Im Tourismusbüro frage ich nach Unterkünften. Die freundliche Dame telefoniert gleich los und vermittelt mich zum Gästezimmer Les Lierres (Der Efeu) in die Rue des Chapeliers. Hier empfängt mich eine ältere Dame. Sie heißt Claude und hat insgesamt drei Betten zu vermieten, mit Wifi, Kochgelegenheit und Dusche. Sie hat im Jahr 2000 dieses schmale Haus gekauft und seither liebevoll renoviert und restauriert. Sie bietet sogar einen Wäsche-Service, den ich dankbar annehme.
Die Zimmer strahlen eine wohnliche Heiterkeit aus. Hier gefällt es mir. Sehr zu empfehlen!
St-Gengoux liegt an der Weinstraße des Mâconnais. Es liegt am Kreuzungspunkt zweier antiker römischer Routen (Tournus – Mâcon und Joncy – Loire) und war schon in merowingischer Zeit besiedelt. Im Jahr 925 errichteten die Benediktiner aus Cluny eine Kirche, die dem Heiligen Gengoul gewidmet war. 1120 wurde eine neue Kirche errichtet; 1166 wird Saint Gengoux und seine Umgebung dem König Ludwig VIII unterstellt. Im Jahr 1200 erlässt Ludwig eine königliche Charta, die Stadt heißt ab 1246 Saint Gengoux le Royal. 1793 wird die Stadt im Zuge der Revolution in Jouvence umbenannt. Ab 1870 nennt sie sich dann St-Gengoux-le-National. Heute ist sie eine der Sites clunisiens.
Dann mache ich mich auf zu einem Rundgang durch die wundervolle Altstadt. Er beginnt beim Waschaus von 1857. In der Kirche von 1566 mit ihrem zusätzlichen Uhrenturm und einer Zugangsbrücke zum achteckigen romanischen Glockenturm werfen die Glasfenster farbige Sonnenflecken an die Wände. Köpfe bilden den Abschluss der Bögen. Ich fühle mich wie in eine frühere Epoche zurückversetzt. In einer kleinen Sackgasse steht ein uriger Turm, einer der ältesten der Stadt, der zur ersten Stadtmauer gehört hat Anfang des 13, Jahrhunderts. Oberhalb der Stadt steht der efeuumwachsene Turm François I und der sogenannte Mönchsturm, in dem früher die Soldaten untergebracht waren. Ein Fachwerkhaus reiht sich ans andere. Der Turm „La Courtille“ ist ein Treppenturm, der dem davor liegenden Platz seinen Charme gibt.
Am Abend kehre ich nochmals oberhalb der Apotheke dort ein, wo ich meinen ersten Durst gelöscht habe. Das Menü ist preiswert und sehr gut: Als Vorspeise gibt es reichlich Burgunder Schinken, als Hauptgericht habe ich mich mutig für den Tete de Veau entschieden, mit Sauce Gribiche – ein herrlich zartes Fleisch mit Kartoffeln und dieser wunderbaren Sauce mit dem eigenartigen Namen.
Jana bietet mir aus der Ferne per WhatsApp gleich die Lösung: Sauce gribiche ist eine traditionelle kalte Soße mit Ei, Kapern, Gewürzgurken, Senf, Essig, Öl, Estragon und Kerbel. Dazu ein kleines Fläschchen Montagny 1er Cru. Zum Abschluss gibt es dreierlei Käse und einen Flan d’abricots. Und natürlich ein Espresso ganz zum Schluss.
Schließlich frage ich neugierig, was die Herren da drüben genau trinken. Es ist „un demi peche“ – ein Bier mit einem Schuss Pfirsich-Sirup. Gut zu wissen… Neu gestärkt und wohlig gesättigt gehe ich zu Bett.
22 km 2,3 km/h 9:18 668 hm 667 hm 156,0 km.
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