Grundtatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)

  1. Grundtatbestand
    1. Geschäftsbesorgung
    2. Fremdheit des Geschäfts
    3. Fremdgeschäftsführungswille
    4. Ohne Auftrag
  2. Abgrenzung

I. Grundtatbestand
1. Geschäftsbesorgung

Eine Geschäftsbesorgung umfasst jede Tätigkeit, die für einen anderen erledigt werden kann, also nicht nur rechtliches Handeln, sondern auch rein tatsächliches Handeln.1

Beispiele:2

  1. Ausweichmanöver im Straßenverkehr3
  2. Anhalten eines Fahrzeugs4
  3. Übernahme einer Bürgschaft5
  4. Beerdigung eines Verstorbenen6

Geschäftsführer ist derjenige, der ein Geschäft ausführt.7

Der Geschäftsführer muss nicht zwingend das Geschäft selbst besorgen, sondern kann sich auch an Dritten bedienen, sog. Geschäftsführungsgehilfen.Geschäftsfähigkeit wird nicht vorausgesetzt, da es sich nicht um rechtsgeschäftliches Handeln handelt, sondern um tatsächliches Handeln.9

2. Fremdheit des Geschäfts

Fremd ist ein Geschäft, wenn es nicht ausschließlich eine Angelegenheit des Geschäftsführers beinhaltet, sondern (zumindest auch) in den Interessenbereich eines anderen fällt.10

  1. Objektiv fremdes Geschäft
  2. Subjektiv fremdes Geschäft
  3. Auch-fremdes Geschäft
a. Objektiv fremdes Geschäft

Objektiv fremd sind solche Geschäfte, die nach ihrem Gegenstand und Erscheinungsbild nicht zum Rechtskreis des Handelnden, sondern zum Rechtskreis eines anderen gehören.11

b. Subjektiv fremdes Geschäft

Dies setzt voraus, dass der Geschäftsführer ein Geschäft für einen anderen führen will (Fremdgeschäftsführungswille).12 Dieses besteht wiederum aus zwei Teilen:13

  1. Geschäftsführer muss den Willen haben, die Interessen des Geschäftsherrn wahrnehmen zu wollen und
  2. Trägt diesen Willen erkennbar nach außen
c. Auch-fremdes Geschäft

Ein objektiv auch-fremdes Geschäft ist solches, bei denen der Geschäftsführer einerseits seine eigenen Angelegenheiten nachgeht, gleichzeitig aber Angelegenheiten eines Dritten wahrnimmt.14

3. Fremdgeschäftsführungswille

Der Fremdgeschäftsführungswille besteht aus dem Fremdgeschäftsführungsbewusstsein (kognitives Element) und dem finalen Fremdgeschäftsführungswillen (voluntatives Element).15

  1. Objektiv fremdes Geschäft: Fremdgeschäftsführungswille wird vermutet.16
  2. Subjektiv fremdes Geschäft: Fremdgeschäftsführungswille muss in irgendeiner Art und Weise nach außen offenbart werden.17
  3. Auch-fremdes Geschäft: Fremdgeschäftsführungswille wird vermutet (str).18
4. Ohne Auftrag

Ohne Auftrag meint nicht nur, dass kein Auftrag i.S.v. § 662 BGB vorliegen darf, sondern insgesamt keine Verpflichtung oder sonstige Berechtigung des Geschäftsführers gegenüber dem Geschäftsherrn.19

II. Abgrenzung
1. Irrtümliche Eigengeschäftsführung, § 687 Abs. 1 BGB

Hier besorgt der Geschäftsführer ein fremdes Geschäft und glaubt, dass es sich dabei um ein Eigengeschäft handelt.20 Es fehlt somit der Fremdgeschäftsführungswille,21 die Vorschriften der GoA sind gem. § 687 Abs. 1 BGB nicht anwendbar.

Beachte: Der Geschäftsführer könnte unter Umständen einen Anspruch aus EBV (Eigentümer-Besitzer-Verhältnis) gem. § 994 Abs. 1 BGB (Ersatz notwendiger Verwendungen) und § 996 BGB (Ersatz nützlicher Verwendungen) haben. Diese Ansprüche erlöschen jedoch gem. § 1002 Abs. 1 mit Ablauf eines Monats nachdem der Geschäftsführer die Sache herausgegeben hat.

2. Geschäftsanmaßung, § 687 Abs. 2 S. 1 BGB

Hier weiß der Geschäftsführer, dass er zur Geschäftsführung nicht berechtigt ist und führt es trotzdem durch (auch unerlaubte Eigenschäftsführung genannt).22 

Beachte: Der Geschäftsführer, der sich das Geschäft angemaßt hat, bekommt nur Aufwendungsersatz, wenn der Geschäftsherr trotz der unerlaubten Eigengeschäftsführung seine Ansprüche nach § 687 Abs. 2 S. 1 geltend macht. Der Geschäftsführer hat sodann einen Anspruch gegen den Geschäftsherrn gem. § 687 Abs. 2 S. 2 BGB i.V.m. §§ 684 S. 1, 818 ff. BGB.

Über das EBV könnte der Geschäftsführer dennoch über die Vorschriften der GoA Aufwendungsersatz erhalten. Über § 994 Abs. 2 BGB, welche eine Teilrechtsgrundverweisung enthält, könnte der Geschäftsführer bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Anspruch auf Aufwendungsersatz erlangen. Logischerweise spielt bei § 994 Abs. 2 BGB der Fremdgeschäftsführungswille keine Rolle, weswegen es sich um einen sog. Teilrechtsgrundverweis handelt.23 Wir haben dazu einen entsprechenden Beitrag, den du hier lesen kannst, geschrieben.


1 – Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse – Deliktsrecht, Schadensrecht, Bereicherungsrecht, GoA, 6. Auflage, 2014, §4, Rn. 1.
2 – Supra.
3 – BGHZ 38, 270, 275.
4 – BGHZ 43, 188.
5 – BFH NJW-RR 2009, 550.
6 – BGH VersR 2012, 499.
7 – Wandt, (Fn. 1), §4, Rn. 3.
8 – Supra.
9 – Wandt, (Fn. 1), §4, Rn. 2, 4; vgl. § 682 BGB.
10 – Wandt, (Fn. 1), §4, Rn. 5.
11 – Wandt, (Fn. 1), §4, Rn. 7.
12 –Wandt, (Fn. 1), §4, Rn. 12.
13 – Supra.
14 –Wandt, (Fn. 1), §4, Rn. 13.
15 – Wandt, (Fn. 1), §4, Rn. 24.
16 – Wandt, (Fn. 1), §4, Rn. 30.
17 – Wandt, (Fn. 1), §4, Rn. 32.
18 – Wandt, (Fn. 1), §4, Rn. 33.
19 – Wandt, (Fn. 1), §4, Rn. 42.
20 – Wandt, (Fn. 1), §4, Rn. 37.
21 – Supra.
22 –Wandt, (Fn. 1), §4, Rn. 39.
23 –Wandt, (Fn. 1), §4, Rn. 40; siehe auch Fn. 80.


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