In der Schweiz werden seit April dieses Jahres Unterschriften für die Volksinitiative «Für ein bedingungsloses Grundeinkommen» gesammelt. Gut 10’000 Unterschriften sind bereits zusammen, mindestens 100’000 gültige Unterschriften braucht es, damit die Schweizer StimmbürgerInnen darüber abstimmen können. Wichtiger als das schliessliche Ja oder Nein zum bedingungslosen Grundeinkommen ist die breite Diskussion grundsätzlicher Frage zu unserem Menschenbild und den Stützpfeilern unserer Gesellschaft. – Ein paar Anstösse dazu.
Das menschliche Recht auf Existenz in Würde
Das Recht des Menschen auf eine Existenz in Würde ist unverhandelbar. Vor unserem Rechtsempfinden ist es nicht vorstellbar, dass jemand sich dieses Recht zunächst erwerben muss, etwa durch besondere Leistungen. Das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) ist Ausdruck des menschlichen Rechts auf Existenz. Ohne BGE ist dieses Recht zwar proklamiert, aber nicht verwirklicht. Mit BGE wird einem der grundlegendsten Rechte zumindest von wirtschaftlicher Seite her Nachachtung verschafft – bedingungslos.
Leistungsgesellschaft? – Von wegen …
Ein weit verbreitetes Argument gegen das BGE ist die Angst, dass die Menschen nichts mehr arbeiten würden, wenn sie nicht – via Lohn – um ihre Existenz fürchten müssten. Wir lebten nun Mal in einer Leistungsgesellschaft – so die Bedenkenträger –, in der Leistung belohnt und Faulheit bestraft würden. Doch das stimmt so nicht: Am meisten verdient wird heute mit Kapitalanlagen, am wenigsten mit Arbeit. Die zunehmende Erwerbsarmut (Working Poor) und die zunehmenden Kapitalgewinne sprechen eine deutliche Sprache.
Freiheit und Würde
Ein Mensch, der gezwungen ist, seine Arbeitskraft zu Markte zu tragen, unterscheidet sich von einem Sklaven nur graduell. Er verliert seine Freiheit und oft auch seine Würde. Ein existenzsicherndes Grundeinkommen gibt dem Menschen ein Stück Würde zurück – und ein Stück Freiheit. Es ist die logische Folge der zunehmenden Automatisierung und Produktivitätssteigerung der letzten Jahrzehnte. Deren Dividende wird auf diese Weise gerecht auf die Menschen verteilt und nicht durch einzelne abgeschöpft.
Und die Freiwilligenarbeit?
Vergessen geht auch, dass ein guter Teil der gesellschaftlich fruchtbaren Arbeit freiwillig geschieht – oder zumindest ohne dass damit ein Einkommen verbunden ist. Im Jahr 2010 waren das in der Schweiz immerhin etwas mehr als 500 Millionen Stunden. Dem stand ein bezahltes Arbeitsvolumen von 7,5 Milliarden Stunden gegenüber. Grundeinkommen ermöglicht Freiwilligenarbeit und entkoppelt – zumindest teilweise – Arbeit vom Einkommen.
Ungleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt
Wir haben in den letzten Jahrzehnten eine unglaubliche Automatisierung und Produktivitätssteigerung erfahren – leider nicht zum Segen von uns allen, sondern zum Fluch von vielen, die arbeitslos geworden sind. Der sogenannte Arbeitsmarkt – ist er nicht in Wirklichkeit ein Sklavenmarkt? – ist aus den Fugen geraten. Ein immer knapper werdendes Gut – Arbeitsstellen – steht einer zunehmenden Nachfrage – Arbeitssuchende – gegenüber. Das drückt auf die Preise. Das Grundeinkommen dürfte die Schieflage geraderücken und mildern.
Finanzierung
Wer ohne zu rechnen behauptet, das BGE lasse sich nicht finanzieren, flunkert gehörig – genauso, wie der flunkert, der unbesehen das Gegenteil behauptet. Doch es ist recht einfach herauszufinden, ob sich das BGE finanzieren lässt. Man muss es ausrechnen. In der Politik gibt es wesentlich kompliziertere Fragestellungen.
Weder ein kapitalistisches noch ein kommunistisches Projekt
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Der genaue Initiativtext lautet:
Und hier gehts zur Webseite:
http://bedingungslos.ch/
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