Grundrecht auf Fußball?

Zoff zwischen Polizeigewerkschaft und Fußballfans: Weil die Einheiten wegen des Castor-Transports überlastet seien, forderte die Polizeigewerkschaft die Absage des kommenden Bundesliga-Spieltags. Und stieß auf Ärger bei der DFL.

„Fußball steht in der Rangfolge hinter einer Demonstration, denn die Bundesliga ist kein Grundrecht.”

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Photo: awaya legends

Bestürzten Fans und verärgerter DFL-Spitze zum Trotz bestand Rainer Wendt, Vorsitzender der Polizeigewerkschaft auf seiner Forderung, den 12. Bundesliga-Spieltag abzusagen. „Fußball steht in der Rangfolge hinter einer Demonstration, denn die Bundesliga ist kein Grundrecht. Und Grundrechte gehen vor. Der Fußball muss also abgesagt werden“, sagte Wendt, der aufgrund des kraftraubenden Einsatzes bei den Castor-Demonstrationen einen zusätzlichen Einsatz beim 12. Fußball-Bundesliga-Spieltag für unzumutbar hält, im Interview mit 11freunde.de.

Grundsätzlich sei man ja auf Doppelbelastungen eingestellt, doch angesichts der Extrembelastung durch den Castor-Einsatz empfindet Wendt es den Polizisten gegenüber als eine „Frechheit, dass am Wochenende Bundesligaspiele stattfinden.“ Die zahlreichen Beamten würden laut Wendt bei den Einsätzen rund um den Castor-Atommülltransport bereits deutlich über ihre Grenzen gehen. In solchen Extremsituationen ist für ein zeitgleiches Bundesliga-Spiel kein Platz, meinte Wendt.

„Es ist riskant, Menschen einer solchen Belastung auszusetzen. Einige Polizisten waren 20, 30 oder gar 40 Stunden ununterbrochen im Einsatz. Teilweise mussten sie ohne Essen und ohne Schlaf auskommen. Zudem waren sie die ganze Zeit draußen im Einsatz. So etwas zehrt natürlich an den Kräften,“ sagte Wendt. Die Polizeigewerkschaft sei in diesem Fall schließlich auch für gesundheitliche Interessen der Polizisten verantwortlich.

Eine so kurzfristige Absage ist nicht möglich

Dem widersprach Thomas Feltes, Professor für Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum. Er reagiert ungläubig auf Wendts Forderungen. „Rainer Wendt weiß als erfahrener Polizeibeamter selbst, dass eine kurzfristige Absage eines Bundesligaspieltages nicht möglich ist. Es würde massive Probleme durch nicht oder zu spät informierte Besucher oder gar demonstrierende Fans geben, und dann werden möglicherweise noch mehr Polizisten benötigt“, sagte Feltes gegenüber dem Sport-Informations-Dienst (SID).

Feltes widerspricht außerdem Wendts Aussage, es gebe kein Grundrecht auf Fußball. „Es gibt – anders als Herr Wendt meint – sehr wohl ein indirektes ‘Grundrecht auf Fußball’: Einerseits haben Vereine und DFL ein Recht, ihre Spiele so wie angekündigt stattfinden zu lassen. Die Bürger haben ein Recht darauf, solche Freizeitangebote zu nutzen – zumal, wenn sie wie beim Fußball Klassen- und Altersgruppenüberschreitend sind und daher mit zur Überwindung von Gegensätzen in der Gesellschaft beitragen“, sagte Feltes.

Keinerlei Verständnis für die Forderungen hatte auch DFL-Präsident Reinhard Rauball, der auf Wendt ohnehin nicht gut zu sprechen ist. „Es gibt keinen Grund, sich ernsthaft mit der Absage des kommenden Bundesliga-Spieltages zu beschäftigen. Wir erkennen die harte Arbeit der Polizei an. Populismus hilft aber nicht weiter. Der Vorsitzende der Deutschen Polizei-Gewerkschaft versucht im Übrigen seit langer Zeit erfolglos, sich auf Kosten der Bundesliga in den Medien zu profilieren“, sagte Rauball.

Auf Rauballs Vorwürfe hin, Wendt habe selbst noch nie den Kontakt zur Ligaspitze gesucht, zeigte dieser nun Gesprächsbereitschaft: „DFB und DFL haben unlängst erklärt, dass sie nicht mit mir sprechen wollen. Das habe ich akzeptiert. Wenn Herr Rauball jetzt etwas anderes sagt, freue ich mich über diesen Sinneswandel. Und selbstverständlich werden wir uns ganz schnell um einen Gesprächstermin bemühen.“

Magdalena Ehnes bloggt zur Bundesliga und zur Europa Liga


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