Griechenlands Regierung macht den Bock zum Gärtner: Samaras sieht nach erfolgreicher Vertrauensfrage Privatisierung als Krisenlöser

Da können unsere neoliberalen Freunde in Europa und speziell in Deutschland aufatmen. Das Geld für unsere Banken und Finanz-Zocker ist erst einmal gesichert und fliesst weiter aus Griechenland. Die radikalen, asozialen und Existenz vernichtenden Sparmaßnahmen, die Merkel im Zuge des ESM und zukünftigen Fiskalpaktes dem Schuldnerland Hellas aufdiktiert hat, werden nun intensiviert.

Die letzten staatlichen und gesellschaftlichen Besitzstände werden unter Wert verscherbelt, die Löhne und Gehälter wohl noch mehr gekürzt und alle Sozialausgaben beschnitten.

Die Vertrauensabstimmung im griechischen Parlament hat der konservative Ministerpräsident Antonis Samaras gewonnen. Der Traumkandidat des Europas der Finanzwirtschaft und des freien radikalen Marktes ist erfolgreich installiert worden und hat mit der bestandenen Vertrauensfrage seine Machtposition gefestigt und den letzten nennenwerten Widerstand ausgeräumt. Er kann sich nun endlich an seine Aufgabe machen: die Ausplünderung der Restwerte und gleichzeitige Zerstörung der volkswirtschaftlichen Substanz Griechenlandes, zugunsten der geldgierigen Finanz- und Kapital – Elite. Um genügend Geld einzunehmen und den Drohungen aus Deutschland zu entkommen, will er alles, was noch im Staatsbesitz zu finden ist, privatisieren. Die verbliebene Opposition, vor allem die Linke, warnt vor einem Ausverkauf – ungehört werden die letzten Mahner verstummen.

Sehenden Auges in den Ausverkauf? Wie definiert sich Verrat?

Es stimmten 179 Abgeordnete für den Mann, der mit dem Einsetzen der Privatwirtschaft anstelle der Gesellschaft, den Bock zum Gärtner macht. Die Krisenverursacher bereichern sich fortan am Kadaver. Es gab keinen einzigen Abweichler bei den drei Koalitionsparteien Nea Demokratia, PASOK und der kleinen Partei “Demokratische Linke”, allen müsste klar sein, was sie mit ihrem Verhalten bewirken.

Es gibt keine Impulse zur Ankurbelung der Wirtschaft durch staatliche Förderprogramme oder Investitionen, stattdessen eine weitere Reduzierung der Binnenkaufkraft, und durch den Abbau unternehmerischer Finanzkraft  – die Banken werden nach den Geldspritzen wie vorgeschrieben ihre Kernkapitalquote erhöhen und mit nichten Kredite an die notleidende Wirtschaft vergeben – einen Abbau der wirtschaftlichen Substanz. Wachstum, das nötig wäre auf Dauer die Bevölkerung mit dem Nötigsten zu versorgen und auch zukünftig Schulden abzubauen, wird so auf keinen Fall generiert. Das wissen alle Finanzexperten. Der einzige Sinn der Aktion besteht darin, einen Flächenbrand in Europa zu vermeiden, will heissen, zu verhindern, dass die noch relativ starken und von der Krise noch weitgehend verschonten Ländern – wie Deutschland, Frankreich und Großbritannien – zu schützen, und deren Finanzwirtschaft in Gestalt der Banken Profite zufliessen zu lassen. Es ist eine Propagandalüge, wenn gesagt wird, die Krise könne so kontrolliert und mittelfristig beseitigt werden.

Wer investiert denn in was?

Die Losung für die grösste Ausverkaufsaktion in der Geschichte Griechenlands hat Samaras seinen tapfer leidenden Hellenen schon ausgegeben: “Wir legen einen Schwerpunkt auf Privatisierungen. Und wenn dafür neue Gesetze nötig sind, werden wir die beschließen. Wir müssen Privatisierungen beschleunigen, denn die bringen Investitionen, mit anderen Worten: Arbeitsplätze und Wachstum.” Die staatliche Eisenbahngesellschaft wird an private Investoren gehen, ebenso Kraftwerke, Hafenanlagen oder staatliche Grundstücke. Die neuen Bestzer werden die banken sein, die einzigen Käufer, die noch über Finanzkraft verfügen. Nun, vielleicht auch noch einige Grossfabrikanten oder Grundbesitzer. Ob die wohl investieren? Nein, sie werden das tun, was sie am besten können: spekulieren, Aktienvermögen kaufen, Geldbesitz vermehren. Der Reichtum wird weiter steigen, bei einer kleinen Gruppe.

Soziale Unruhen werden kommen

Samaras hatte seine Landsleute in einer dreitägigen Parlamentsdebatte auf weitere schwere Monate eingestimmt. Griechenland, so jammerte er, liege hinter dem Zeitplan zur Umsetzung der Reformen und müsse jetzt Gas geben. Gleichwohl wolle er die Kreditgeber, also die anderen Euro-Länder und den Internationalen Währungsfonds, um mehr Zeit bitten zur Erreichung der Sparziele. Der letzte Satz ging als Besänftigung an das Volke, das an der Nase herum geführt worden ist. Jetzt wird alles seinen Gang gehen. Da die Schmerzgrenze aber längst erreicht ist, und die Griechen bei Überschreitung derselben nicht so sanftmütig gehorsam weiter erdulden, wie es die Deutschen immer noch tun, wird es sehr wahrscheinlich schon bald zu nicht mehr kontrollierbare sozialen Unruhen kommen.

Es grüsst euch René Brandstädter – humanicum


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