Telepolis, 20. 8.2018
Ein Überblick über das schäublerische Spardiktat, das Griechenland sozioökonomisch verwüstete
Am heutigen Monat, den 20. August, ist es endlich soweit: Nach acht bitteren Jahren verlässt Griechenland das Krisenprogramm von EU und IWF. Dies gibt Anlass für eine Rückschau auf den verheerenden Krisenverlauf in Hellas, der in seiner Härte beispiellos ist im Nachkriegs-Europa, wie etwa die Basler Zeitung bemerkte: „Kein anderes europäisches Land musste in der Nachkriegszeit eine derart brutale Rosskur erdulden.“
Verglichen mit dem Vorkrisenstand sei die Wirtschaftsleistung Griechenlands um ein Viertel geschrumpft, die verfügbaren Einkommen seien im Schnitt sogar um ein Drittel eingebrochen. Angesichts der evidenten sozioökonomischen Verwüstungen haben sich bei der Rückschau auf die Krisenpolitik gegenüber Griechenland auch etliche Verantwortliche zu der einen oder anderen selbstkritischen Äußerung durchgerungen.
„Auch Fehler gemacht“
Klaus Regling, Chef des Europäischen Rettungsfonds ESM, erklärte gegenüber dem Spiegel, es „wäre arrogant zu sagen, wir hätten alles richtig gemacht“. Für diese „schlimmste Krise seit der Großen Depression“ hätte es einfach „kein Drehbuch“ gegeben. Der „Vordenker“ der brachialen schäublerischen Sparpolitik gegenüber Hellas, Ludger Schuknecht, räumte ebenfalls ein, in seiner Funktion als Chefökonom im Bundesfinanzministerium und Architekt der griechischen Austeritätspolitik „auch Fehler gemacht“ zu haben.
Dennoch betonten beide Spitzenfunktionäre, die politische Antwort Berlins auf die Krise, die aus einem rabiaten Austeritätsprogramm bestand, sei prinzipiell richtig gewesen. Auch in der öffentlichen Rückschau dominiert somit weiterhin das in der Bundesrepublik im Krisenverlauf etablierte ideologische Narrativ der Reformunwilligkeit oder Reformunfähigkeit des Mittelmeerlandes, mit dem die desaströsen sozioökonomischen Folgen der Berliner Austeritätspolitik in Hellas rationalisiert wurden.
Link: https://www.heise.de/tp/features/Griechenland-Zu-Tode-gespart-4141781.html