Griechen-Frust mündet in Fremdenfeindlichkeit und Extremismus

Von Uhupardo

Das heutige Wahl-Ergebnis in Griechenland spielt keine Rolle – es kann nur schlimmer werden. Die beiden grossen Parteien könnten zusammen gerade noch eine Mehrheit bekommen, doch derZwachs der radikalen und fremdenfeindlichen Parteien ist so enorm, dass das Panorama in “Athenistan” morgen früh zwangsläufig düsterer sein wird als heute. Es ist, wie es immer war: Wo es dem Volk schlecht geht, haben die Fremden die Schuld; diejenige, die “hier nicht her gehören”, die “uns alles wegnehmen”. Wahre Polit-Hooligans haben so die Chance auf Einzug ins Parlament.

In Griechenlands Hauptstadt ist die Polzei-Präsenz total am Wahltag. Auch Dutzende “sozialer Tafeln”, wo sich Arbeitslose und Rentner zu Hunderten ein paar Lebensmittel abholen, werden streng kontrolliert. Hier ist die Unterstützung für die “Unabhängigen Griechen” (ANEL) besonders gross, die sich für ein Land “ohne Albaner und Chinesen” stark machen. Einen Staat nur für Griechen, orthodox und weiss, fordern sie. Etwa elf Prozent soll diese Partei heute erreichen. Schlimmer ist noch Aurora Dorada, eine pure Nazi-Partei ohne Ideologie aber mit hohem Gewaltpotential, die auf “Rassenreinheit” zur Lösung der Krise setzt. Wenn die Umfragen stimmen, werden auch diese Polit-Verbrecher heute ins Parlament einziehen.

Im Distrikt II von Athen, dem grössten des Landes, könnten die beiden grossen Parteien gar auf den fünften Platz abrutschen (im Rest des Landes belegen sie die beiden Spitzenplätze). Hier, mitten im Elend, das mit dem Wort Krise nicht mehr ausreichend beschrieben ist, wird ein Sieg der prosowjetischen Kommunisten KKE, ANEL und Syriza (radikal linke Koalition) erwartet: Links- und Rechtsradikale vereint in ihrem Kampf gegen gegen Immigration und für ein “Griechenland den Griechen”.


Nach den Ausschreitungen, die den Sparprogrammen folgten, flüchten sich viele Griechen nun in Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, um Schuldige zu benennen. Das Parlament besteht zukünftig aus einer Ansammlung von Radikalen und Populisten jeder Art. In etwa das, was ganz Europa bevorstehen dürfte.

Überall werden “Sicherheit” und “Immigration” in einen explosiven Topf geworfen und nicht nur von den kleinen radikalen Parteien. Das Ministerium für Bürgerschutz hatte schon bis Ende März mehr als 2.000 Immigranten ohne Papiere auf Strassen und Plätzen einsammeln lassen, als klar wurde, dass fremdenfeindliche Parteien im Aufwind waren. In der vergangenen Woche folgte eine grosse “sanitäre Kontrollaktion” in Immigranten-Wohnungen und im Stadtzentrum. Zwischen Dienstag und Freitag wurden dann 22 Prostituierte festgenommen, die den HIV-Virus tragen. Die Veröffentlichung ihrer Personendaten und Fotos brachte einen Proteststurm von Menschenrechtsaktivisten mit sich.

Solange man über Prostituierte und Immigranten reden kann, wird nicht über Wirtschaft und politisch Schuldige geredet – das alte Spiel. Den beiden grossen Parteien, die dafür verantwortlich sind, dass die Griechen 40 – 50% ihrer Kaufkraft seit 2010 verloren haben, ist es schweigend recht. So werden vermutlich ND und Pasok gemeinsam gerade noch eine Mehrheit bekommen (der Wahlsieger erhält einen Bonus von 50 Sitzen). Doch das Parlament wird einer Büchse der Pandora gleichen, der Antieuropäer, Drachmen-Anhänger, Links- und Rechtsradikale, Hooligans und Nazis entsteigen, Populisten aller Farben und Geschmäcker. Nach vier Jahren Rezession genau das, was Griechenland – und damit Europa – noch gefehlt hatte!

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* Beim Thema Griechenland fällt uns immer wieder ein Artikel ein, der aus den Anfangszeiten dieses Blogs stammt und nichts an Aktualität eingebüsst hat:
Griechenland ist unwichtig