Was musste er sich verlachen lassen, der Dicher unter den deutschen Denkern. Kaum hatte Günter Grass sein epochales Israel-Gedicht „Was noch gesagt werden muss“ veröffentlicht, prasselte auch schon die Kritik auf den kaschubischen Kauz herunter. Das sei ja gar kein Gedicht, wetterte die Literaturkritik, Politiker schimpften das Poem einen Hetzartikel, Kommentatoren vermuteten, Grass nenne es nur Lyrik, um sich hinter den Kunst vor einer unweigerlich drohenden Anklage wegen Rassenhass und versuchtem Völkermord zu verstecken.
Im „Cicero“, einer Fachzeitschrift für Abgehangenes, geht Heinrich Detering jetzt jedoch daran, das Gedicht auf seinen poetischen Gehalt zu untersuchen und den Hersteller von allen Haftungsansprüchen freizustellen. Dazu analysiert der Experte in Fragen der literarischen Produktivität von Tabus Inhalt des Werkes, aber auch die Form. Und er staunt: Hier spreche der Sprecher „vor allem von seinem Sprechen“ - und zwar in Versen. Das sei Absicht, denn „die Kunstanstrengung“ demonstriere „die subjektive Schwierigkeit des Sprechens“ und überwinde sie zugleich.
Wie ein Leitartikel im Flattersatz sehe das mit letzter Tinte geschriebene Werk nur aus. Der Text umspiele nämlich durchaus „ein metrisches Grundmuster, das die Zeilen zu Versen macht, ohne ihren Prosaklang aufzuheben – deutlich genug, um für einen metrisch aufmerksamen Leser erkennbar zu sein, und lose genug, um Freiheiten zu erlauben“.
Grass hat rechts, es ist ein Gedicht, man erkennt es nur nicht! Metrisch gesprochen lasse sich, hat Detering ausgezählt, „die Mehrzahl der Verse unschwer vierhebig, also mit vier betonten Silben lesen“. Dabei seien Norm und Abweichung so ausbalanciert, „dass dieses Muster zum Wasserzeichen in einem Papier wird, auf dem ganz unterschiedlich geschrieben werden kann“.
Günter Grass versteckt in dem Gedicht, das nicht aussieht wie ein Gedicht, tatsächlich ein Gedicht. Das orientiert sich am Meister der unmetrischen Metrik, Brecht, ein Passgänger des musischen Marschierens, der in seinem Aufsatz „Über reimlose Lyrik mit unregelmäßigen Rhythmen“ einen „gestischen Rhythmus“ propagiert hatte, „der von der Alltagsrede abgesetzt bleibt, jedoch alles Dekorative hinter sich lässt“.
Grass gehe „erstaunlich leicht und genau“ mit Brechts Modell um, befindet Detering. Ab der fünften Zeile sei das Muster zu bemerken, die Zeile „Es íst das beháuptete Récht auf den Érstschlag“ sei dann „im epischen Dreivierteltakt des Daktylus gebaut“. Manche Zeile verlangt hier, „verlangsamt und mit beschwerten Hebungen gelesen zu werden“. Manche dränge zu metrischem Pathos, aber ja, doch, dies sei „ein handwerklich gearbeitetes, ein Brechtsches Gedicht“, das sich durch die „Anstrengung der Kunst“ vom Leitartikel unterscheide.
Im „Cicero“, einer Fachzeitschrift für Abgehangenes, geht Heinrich Detering jetzt jedoch daran, das Gedicht auf seinen poetischen Gehalt zu untersuchen und den Hersteller von allen Haftungsansprüchen freizustellen. Dazu analysiert der Experte in Fragen der literarischen Produktivität von Tabus Inhalt des Werkes, aber auch die Form. Und er staunt: Hier spreche der Sprecher „vor allem von seinem Sprechen“ - und zwar in Versen. Das sei Absicht, denn „die Kunstanstrengung“ demonstriere „die subjektive Schwierigkeit des Sprechens“ und überwinde sie zugleich.
Wie ein Leitartikel im Flattersatz sehe das mit letzter Tinte geschriebene Werk nur aus. Der Text umspiele nämlich durchaus „ein metrisches Grundmuster, das die Zeilen zu Versen macht, ohne ihren Prosaklang aufzuheben – deutlich genug, um für einen metrisch aufmerksamen Leser erkennbar zu sein, und lose genug, um Freiheiten zu erlauben“.
Grass hat rechts, es ist ein Gedicht, man erkennt es nur nicht! Metrisch gesprochen lasse sich, hat Detering ausgezählt, „die Mehrzahl der Verse unschwer vierhebig, also mit vier betonten Silben lesen“. Dabei seien Norm und Abweichung so ausbalanciert, „dass dieses Muster zum Wasserzeichen in einem Papier wird, auf dem ganz unterschiedlich geschrieben werden kann“.
Günter Grass versteckt in dem Gedicht, das nicht aussieht wie ein Gedicht, tatsächlich ein Gedicht. Das orientiert sich am Meister der unmetrischen Metrik, Brecht, ein Passgänger des musischen Marschierens, der in seinem Aufsatz „Über reimlose Lyrik mit unregelmäßigen Rhythmen“ einen „gestischen Rhythmus“ propagiert hatte, „der von der Alltagsrede abgesetzt bleibt, jedoch alles Dekorative hinter sich lässt“.
Grass gehe „erstaunlich leicht und genau“ mit Brechts Modell um, befindet Detering. Ab der fünften Zeile sei das Muster zu bemerken, die Zeile „Es íst das beháuptete Récht auf den Érstschlag“ sei dann „im epischen Dreivierteltakt des Daktylus gebaut“. Manche Zeile verlangt hier, „verlangsamt und mit beschwerten Hebungen gelesen zu werden“. Manche dränge zu metrischem Pathos, aber ja, doch, dies sei „ein handwerklich gearbeitetes, ein Brechtsches Gedicht“, das sich durch die „Anstrengung der Kunst“ vom Leitartikel unterscheide.