"Grand Budapest Hotel" [GB, D 2014]


Vorerst prototypischer Wes-Anderson-Schwank, hysterisch wie zum Spießrutenlauf, in bizarr-sentimentales, teutonisches Süßigkeitenpapier gewickelt, symmetrisch, hibbelig, noch hibbeliger; schließlich hüpft "Grand Budapest Hotel" nach oben und unten, nach rechts und links, und Szenenabläufe werden von keinen Grenzen mehr behindert, sondern verschlingen und verknüpfen einander in einem Flechtwerk. Wer allerdings gedacht hätte, Anderson ruhe sich auf einem Stil aus, auf den Erfolgen künstlerischer Stagnation, der hat diesen Film nicht gesehen, diesen infantilen, beherzt in Skurrilitäten verknallten Ensemblefilm. Anarchischer war Wes Andersons eigenwilliges Kino der Überdosis vermutlich nicht. Überfallartig kreuzt der Amerikaner Gemälderaubfilm, Gefängnisausbruchsfilm und ein Tableau an Streitkultur über Hotels und Hochwohlgesinnte, die irgendwie alle in einem Boot in die jeweils andere Richtung zu paddeln versuchen. In seiner Bewegungslust, wenn Arme und Beine und Körper vorwärts preschen (aber auch dabei manchmal abgehackt werden), verzeichnet "Grand Budapest Hotel" seinen trashigsten, zugleich aber auch nostalgischsten Gestus: Charlie-Chaplin-Slapstick erweitert Anderson erstmals und montiert mit Hilfe dessen schrägste Playmobil-Verfolgungsjagden, die in einer überkünstelten James-Bond-Schneeactioneinlage zusammenfließen (Blofeld: Zuhälter William Dafoe). "Grand Budapest Hotel" ist hierbei dem logischen Umkehrschluss zufolge eine radikale Steigerung artifizieller Anderson-Unterhaltung, bei der unzählige wohlbekannte, (vereinzelt zu) kurz vorbeischauende Gesichter dazu anwesend sind, die richtigen Schalter (oder Typen) an den richtigen Stellen umzulegen – und loszulegen. 
6 | 10

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