„Schwung“
(Gutfeeling)
Nein, Mitleid wollen sie garantiert nicht dafür: Wenn auf der Website des Münchner Labels Gutfeeling Records vermerkt ist „Jetzt geht er los, der wahnsinnige Herbst“, dann ist das – für Ausständige, Unwissende und Nichtsahnende – keineswegs ein Hilfeschrei, sondern der sachliche Kommentar zu alljährlichen und immergleichen Umtriebigkeit, für die sich die Schutzbefohlenen der kleinen Plattenpresse zu wappnen haben. Denn dieser Wahnsinn, von dem hier die Rede ist, hat in München durchaus Methode, nennt sich Wiesn (althochdeutsch: Oktober-/sonstige: Bierfest) und hält für alle neben dem ausgiebigen Biergenuß auch reichlich Pflichttermine im Herzkasperlzelt und der Krinoline bereit. Wer die Herausforderung sucht, legt in diese Jahreszeit auch noch eine Plattentaufe – auch das bei G.Rag und Den Landlergschwistern durchaus nicht ungewöhnlich, haben sie doch den Release ihr letzten gemeinsamen Albums „Honky Tonkin“ auch schon vor zwei Jahren auf den Frühherbst terminiert.
Und wo wir gerade bei den Wiederholungstaten sind – ein jedes Mal erntet die sympathische Blechkommune haufenweise Lob für ihre mit Feinsinn und Spielwitz arrangierten Kleinkunstwerke und so ist es auch nicht wirklich verwunderlich, dass einem zum aktuellen „Schwung“ nicht viel mehr übrigbleibt als abermals respektvoll den Hut zu ziehen. Nicht nur, dass die Band das brauchtümliche Repertoire um einige gutgelaunte und schmissige Landler, Zwiefache und Polkas erweitert, Hochachtung verdient ebenfalls die Auswahl der obligatorischen Coverversionen, ganze drei Stück enthält die ‚Platte mit dem Prost‘. Von hinten nach vorn berichtet ist da zunächst eine fast zarte Interpretation der Hank-Williams-Nummer „Lost On The River“, der Schritt vom Country zum Brass ist ja genaugenommen gar nicht so groß und hier gelingt er vorzüglich.
Etwas gewöhnungsbedürftiger da schon die Neubearbeitung eines Hits der Wuppertaler Muskelkapelle DAF – bislang gab es „Der Räuber und der Prinz“ nur live zu hören, jetzt also endlich für die Konserve. Was im Original nach schwarzem Lack riecht und schweißtreibend pumpt, entwickelt hier mit der Bigband eine andere, weit weniger düstere Art von Drive. Abgerundet wird mit einer wirklich ausgesucht gelungenen Variation des Rocksteady-Klassikers „The Liquidator“. Ursprünglich Ende der Sechziger bei Trojan Records von den Harry J Allstars eingespielt, entwickelte sich der Song in den Achtzigern zum Skinhead-Anthem und fand hernach auch Verwendung für Choreografien des Fußballanhangs des FC Chelsea. Die G.Rag’s unterstreichen damit einmal mehr ihre Vorliebe für Punkrock und zeitlich Artverwandtes und beweisen erneut ein feines Gespür für weniger naheliegende Zwischentöne. All das aus reiner Liebe zur Musik – ein größeres Kompliment kann man ihnen eigentlich nicht machen.
Sämtliche Tour- resp. Wiesntermine auf www.gutfeeling.de.