Gott schütze uns vor gesunden Volksempfindern wie Stegner und Schweiger

Seit mehr als 2000 Jahren schützt das römische Recht Europa vor den gesunden Volksempfindern, vor den Leuten, die auch heute noch Gerichtsentscheidungen skandalisieren, wann immer sie ihnen nicht passen. Die sich an die Spitze eines modernen Lynchmobs stellen wie jetzt im tragischen Fall des Sebastian Edathy.

Schauspieler Till Schweiger, der seine Millionen-Villa im Niendorfer Gehege, einem kleinen Waldgebiet innerhalb der Stadt in Hamburg mit einer zwei Meter hohen Mauer vor dem gemeinen Volk geschützt hat, fühlte sich berufen, den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr voller Bewunderung ausgerechnet mit einem Actionfilm mit sich selbst als Hauptdarsteller zu würdigen. Und jetzt hält sich der umstrittene Schauspieler für kompetent, öffentlich gegen den Ausgang des Edathy-Prozesses zu wüten.

Genau passend zu der Atmosphäre die ein Lynchmob bei Facebook schürt, wobei neben Schweiger auch der Stellvertretenden SPD-Vorsitzende Ralf Stegner das Klima der Hetze befeuert.

Alle, die sich an dieser üblen Kampagne beteiligen werden mitschuldig sein, wenn irgendein fanatisierter Attentäter irgendwann mit Messer oder Pistole auf Edathy los geht – denn sie haben die entsprechende Progromstimmung erzeugt.

Wir kennen das doch aus der älteren wie neuen Geschichte: Von den Hexenverbrennungen bis zur Reichsprogromnacht oder dem Attentat auf Rudi Dutschke – immer war das Klima des Hasses vorbereitend erzeugt worden und das schreckliche gesunde Volksempfinden wurde dann zur Umsetzung der tödlichen Pläne genutzt.

Niemand rechtfertigt Kinderpornographie. Wir brauchen keine Belehrungen eines wichtigtuerischen Mimen oder eines gescheiterten SPD-Politiker, den seine Partei aus guten Gründen als Spitzenkandidat in Schleswig-Holstein abgesägt hat, um Kinderpornos pervers zu finden.

Und wir brauchen erst recht nicht diese Leute, die ihre Wut auf vermeintlich falsche Gesetze (meint Schweiger, dass man Menschen ohne Beweise verurteilen soll?) an einem Mann auslassen, der vor dem Gesetz als unschuldig zu gelten hat, weil er keines Unrechts überführt und wegen keiner Straftat verurteilt wurde.

Dennoch ist dieser Mann bestraft, schlimmer als die Justiz es mit einem Urteil hätte tun können und ohne, dass seine Schuld jenseits von Moral erwiesen werden musste: Sebastian Edathy, vor gar nicht langer Zeit hoch angesehener Bundestagsabgeorndeter und Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschuses (vielleicht hat das alles auch irgendwie damit zu tun) ist sozial tot. Jeder hat jedem irgendetwas erzählt, ein Wunder, dass die niedersächsischen Staatsanwälte nicht nach Berlin gereist sind, um sich mit einem Megafon auf den Alexanderplatz zu stellen, damit auch der letzte Bürger Edathy noch vorverurteilen und ihm seinen Hass entgegen schleudern konnte.

Unschuldig bis zum Beweis der Schuld und im Zweifel für den Angeklagten – das sind Jahrtausende alte Grundsätze, die uns vor de Rückfall in die Barberei schützen – geben wir sie auf und überlassen sie den gesunden Volksverstehern, dann leben wir in einer Welt ohne Menschenrechte, der Willkür und der Lynchjustiz.

Gott schütze uns vor den gesunden Volksempfindern..


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