Als ich Mitte der 90er Jahre meinen ersten Internetzugang nutzte, war das Finden von Webseiten noch ein Abenteuer. Meine Anlaufstellen hießen damals Altavista, Lycos, Yahoo und WEB.DE (die beiden letztgenannten waren seinerzeit noch gut geführte Internetverzeichnisse, wovon heute nicht mehr viel erkennbar ist). Und wenn man etwas suchte, aber auf Anhieb nichts fand, dann wusste man: Es gibt noch eine Wahrheit außerhalb der jeweiligen Suchmaschine. Also suchte man häufig auch anderswo weiter. Jedes dieser Verzeichnisse bzw. dieser Datenbanken hatte einen Teilüberblick zu bieten. Das wusste man als Nutzer.
Das hat sich (leider) alles geändert. Viele sorgen sich – zurecht – um Netzneutralität und mitlesende Geheimdienste. Aber was das Netz meines Erachtens dieser Tage wirklich in seinem Nutzwert bedroht, sind zunehmende Einfalt und Monopolisierung bei der Wahl der Instrumente, um Informationen überhaupt erstmal zu finden.
Die Verblödung des Netzes hat einen Namen: Googeln. Viele suchen nicht mehr nach Informationen im Netz, sie googeln. Das heißt, sie ordnen sich einem einzelnen Internetkonzern vollkommen unter. Ich stelle eine Frage und ich bekomme eine Antwort. Es gibt immer weniger Menschen, die noch wissen, dass die Stärke des Netzes gerade darin liegt, viele Antworten auf eine Frage zu bekommen. Und damit sind nicht die Google-Suchergebnisse gemeint, die oft durchsetzt sind von Müll, der auf Googles eigenbrötlerische Pagerank-Ordnung und erfolgreiches Bemühen jener SEO-Manipulatoren zurückgeht, die uns das vorsetzen, was uns gar nicht interessiert.
Die Symptome dieser Entwicklung bekomme ich in diesem Blog zu spüren. Ich erreiche über Google so gut wie keinen relevanten Nutzer mehr. Das hat sicher zum einen damit zu tun, dass das Feld der Tech-Themen durch viele Seiten besetzt wird, klar. Andererseits sehe ich, dass ich bei Themen, die mir wichtig sind, in den Google-Ergebnissen kaum auftauche und bei anderen, die mir vollkommen unwichtig sind, dagegen schon. Es ist dabei häufig nur eine Frage davon, wie viele SEO-Schummler sich in dem Feld bewegen. Googele ich dann nach jenen Themen, die mir wichtig sind, lande ich auf den vorderen Rängen oft auf haarsträubenden Seiten. Zur Ehrenrettung von Google muss ich sagen, dass sie häufig die Relevanzkriterien ändern, um die Search Engine Optimization (SEO) im Zaum zu erhalten. Das Ergebnis ist freilich für Hobbyblogger vollkommen unbefriedigend: Mittlerweile ist man ohne professionelles Linkbuilding erst recht gekniffen. Gegen Geld und Manpower, die sich den neuen Regeln anpassen, kann kein Hobbyschreiber ankommne.
Das einfachste wäre vermutlich, SEO unter Strafe zu stellen. Da dieser Wunsch aber vollkommen unrealistisch ist, sollte sich die Netzgemeinde einmal Gedanken darüber machen, ob die gegenwärtige eine wünschenswerte Entwicklung ist. Als Hobbyblogger hat man im Netz heute keine Chance mehr, Leser zu erreichen. Man kann sich auf den Kopf stellen, unzählige Tipps wälzen und am Ende doch feststellen, dass es kein Durchkommen mehr gibt. Vor allem stellt sich die Frage, ob man überhaupt so viel Aufwand in Linkbuilding investieren möchte, wenn man doch eigentlich Texte schreiben will.
Zum Glück gibt es Facebook und Twitter. Von dort gibt es viel mehr Besucher, auch solche, die wiederkehren. Aber ich befürchte, auf kurz oder lang gelangen wir von einem Übel ins nächste, wenn wir auf diese Dienste vertrauen. Auch hier stecken Konzerne dahinter, deren Streben auf Monopolisierung ausgerichtet ist. Und auch dort ist zunehmend derjenige im Vorteil, der mehr Geld und Aufwand ins Marketing steckt, als in die Inhalte. Das kann für die Qualität des Netzes keine Lösung sein.
Die Frage, wie frei man Google & Co. schalten und walten lässt, ist sicherlich eine Option, um an der misslichen Situation etwas zu ändern. Für viel wichtiger halte ich aber, dass ein jeder mal seine Internetgewohnheiten auf den Prüfstand stellt. Nehmen wir es auch im echten Leben hin, nur auf eine einzige Person zu hören? Oder vertrauen wir dort nicht viel häufiger auf die Antworten mehrerer Personen und bilden uns daraus unsere eigene Meinung?
Es gibt Alternativen zu Google: Bing und DuckDuckGo sind nur zwei davon. Es könnte noch viel mehr geben, wenn der automatische Reflex vieler Nutzer nicht der wäre, selbst Domains über Google aufzurufen.