Für beinahe alle Golfplätze in Mexico gilt zunächst einmal “zu Fuss” geht gar nicht. Üblicherweise muss man ein “coche” also ein Golfkart anmieten. In der Regel ist jedes Coche mit einer kleinen Eisbox mit Mineralwasser ausgerüstet. Diverse Getränke, Zigarren/ Zigaretten und Snacks werden durch ein kleines Service-Cart gewährleistet, das ich gerne den „Tequila-Express“ nenne.
Wer überwiegend in D-A-CH golft, wird sich etwas über die hier herrschende Etikette und Kleiderordnung wundern. Fangen wir mit der Kleiderordnung an. Wenn Sie einen Spieler sehen, der lange Hosen sowie Polohemd mit Vereinsemblem selbst bei 38 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit trägt und nicht einen einzigen Schweisstropfen auf der Stirn hat, dann ist das ein Mexikaner. Sehen Sie eine Spielerin, die bei gleichen Witterungsverhältnissen ebenfalls lange Hosen UND eine Langarmbluse mit breitkrempigem Hut trägt, dann ist das eine Mexikanerin, die zwar gerne golft, ihre Haut aber vernünftigerweise vor der prallen Sonne schützt – die UV-Werte an der Küste können extrem hoch sein! Wenn Sie keinen Spieler sehen, sondern hören bevor Sie ihn sehen, können sie sicher sein, bald eine verknautschte Bermudahose, Schiesser-Feinripp-Unterhemd und Tennisschuhe im nächstgelegenen Rough zu entdecken. Das ist dann ein Amerikaner. (und davon werden sie auf touristisch stark frequentierten Plätzen sehr viele sehen)
Die Damen bevorzugen gerne, unabhängig von Figur und Gewicht, Träger-Teeshirts, kurze Röckchen und, um das neueste French der Fussnägel nicht durch die geschlossenen Golftreter zu derangieren, tragen sie häufig eine Art Birkenstock-Latschen. Sie werden auch gelegentlich Flipflop an Golfer’s Füssen bestaunen können. Nun, als guter Golfer wissen Sie: “Schau immer nur auf deinen Ball!” Meine Herren Golfer, schonen Sie Ihr Augenlicht, konsultieren Sie umgehend den Birdie-Maker und/oder kramen Sie in den hintersten Ecken Ihrer Trickliste um einen Jahrhundertschlag zu finden, der Ihren verzogenen Ball aus der Bananenstaude ohne Einsatz einer Kettensäge wieder auf den Fairway zurückbringt!
Spielweise
Nehmen Sie sich für den Nachmittag nichts vor, wenn Sie später als 8 Uhr morgens abschlagen. Runden von 5, 6 Stunden als Viererflight sind hier durchaus üblich. Nicht, dass die Abschlagszeiten zu knapp gesetzt würden, man hat hier alle Zeit der Welt. Es ist nicht unüblich, dass sich auch schon mal 6, 7 oder 8 Leute unterwegs in einen Flight zusammenschliessen, nur weil man sich auf der Suche nach verlorenen Bällen im Rough zufällig getroffen und bei einem kleinen Schnack festgestellt hat, dass man auch aus der selben Ecke oder irgendeiner Stadt in USA oder Canada kommt.Sind Sie alleine oder zu Zweit und sollen sie in einem Vierer spielen, tun Sie es! Sie werden erstaunt sein, wieviel Geographieunterricht über selbst das unbekannteste US- oder CAN-Kaff Sie während einer 18-Loch-Runde erhalten. Und Sie werden sich wundern, wieviel Cola-Rum schon ab Frühstückszeit durch den “Tequila-Express” verkauft wird.
Spielen Sie mit mexikanischen Mitspielern, wird es auch nicht ruhiger. Jeder Schlag den Sie machen wird kommentiert, selbst wenn Sie Ihren Abschlag über den Parallel-Fairway hinaus dreschen, wird man “BUENO” rufen, läuft Ihr Put länger über’s Loch als zum Loch, wird auch im Zweifelsfall die klasse Linie gelobt. Ein Mexikaner kommentiert seine guten Schläge nicht – die sind einfach sein Standard. Bei schlechten Schlägen jedoch werden Sie Wörter hören, die mit “Dsching…” oder “Ichode…” beginnen. Quittieren Sie diese Ausdrücke, die man nicht unbedingt kennen muss, eleganterweise mit einem süffisanten Lächeln; Sie werden sehr viel auf der Runde lächeln….Und Sie werden lernen, dass ein grottenschlecht geschlagener Ball ein “comercial” ist (schön war er nicht, aber ein bisschen bringt er auch) oder ein Chip der zu flach und viel zu lange geraten ist als “secretarial” (taugt nichts, kommt aber erstaunlich weit) bezeichnet wird. Vergessen Sie vor allem wenn Sie mit Mexikanern spielen, dass Mobiltelefone auf einem Golfplatz in D-A-CH meist nicht geduldet werden. Stellen Sie sich mental darauf ein, dass während Sie konzentriert Ihren Backswing machen, ein oder zwei Handies klingeln und Ihre Mitspieler auf jedem Abschlagsplatz und auf jedem Grün ganz ungeniert mit Freunden oder dem Büro telefonieren. Sollten Sie dadurch Ihren Abschlag verziehen, ist ein Mulligan die selbstverständlichste Sache der Welt. Bunkerrechen oder Pitchmarks oder Divots ausbessern unterlässt man meistens. Betrachten Sie dies einfach ganz mexikanisch unter volkswirtschaftlichen Aspekten, schliesslich geht es auch darum, durch unseren schönen Sport möglichst viele Greenkeeper in Lohn und Brot zu halten. Sollte Ihr Ball also im Bunker in einem tiefen Trittloch liegenbleiben, nehmen Sie es gelassen: entweder ganz raus aus dem Bunker oder einfach besser legen.
Bei Golfplätzen z.B. in Puerto Vallarta aber auch Cancun sollten Sie Ihre ins Wasser oder Uferböschung geballerten Kugeln besser nicht suchen. Es gibt wirklich Krokodile und Alligatoren, die keinen Spass verstehen, also lassen Sie denen das neu gefundene Spielzeug.
Golfregeln und Turniere:
Die wichtigste mexikanische Golfregel heisst: “si hay reglas, las rompemos!” (wenn’s Regeln gibt, brechen wir sie). Nun bei einer freien Runde können Sie also frisch, frei, fröhlich draufhauen, legen Sie Ihre Strafschläge so, dass Sie bequemst stehen und vergessen Sie, den Strafschlag zu zählen. Befreien Sie sich von Drops bei seitlichen und Fairway-Wasserhindernissen, es kommt nur darauf an, das beste Stückchen Rasen unter dem Ball zu finden. Liegt ein Ball im Aus wird er problemlos weitergespielt, sofern man nur irgendwie hinter dem Ball stehen kann.
Wenn Sie während Ihres Urlaubs die Möglichkeit haben ein Turnier mitzuspielen, tun Sie es. Meistens sind das Fun-Turniere, Vierer-Bestball oder Scramble. Erwarten Sie aber bitte nicht, dass ein als “Bestball” ausgeschriebenes Turnier auch als Bestball gespielt wird. Es kann vorkommen, dass bei Preisverleihung ein Viererflight mit sagenhaften 35 Schlägen die 18 Loch gewonnen hat; nun, die haben dann eben scramble-gamble gespielt. Auf jeden Fall empfiehlt es sich, die Sponsoren-Liste eines Turniers zu studieren. Stehen da z.B. Corona, Tekate oder eine Tequila-Marke drauf, nehmen Sie unbedingt teil! Die Versorgung während der Runde wird erstklassig feucht-fröhlich sein. Machen Sie aber unbedingt nach dem 9. Loch Pause, meist wird dort der Snack-Stand aufgebaut, langen Sie kräftig zu, sonst packen Sie wenige Loch weiter die nächste Tequila-Probe nicht mehr.
Es könnte Ihnen passieren, dass während der Runde plötzlich Fotografen aus dem Gebüsch springen und Ihren Flight umzingeln und aus allen Positionen Fotos schiessen. Das gilt nicht Ihnen, vielmehr dürfte einer Ihrer mexikanischen Mitspieler ein ortsbekannter Gastronom oder Politiker sein, der die Fotografen bestellt hat.
Und zum Schluss noch eines: falls Sie einmal zufällig über das “radio” (Walkie-Talkie) eines Marshals die Alarm-Meldung hören sollten:
“Mandame ambulancia al siete, URGENTE! URGENTE!” dann brauchen Sie sich nicht zu sorgen, niemand hatte einen Herzanfall oder Hitzschlag erlitten, es bedeutet einfach nur: “Schick zwei Bier auf die 7er Bahn” und dann donnert der “Tequila-Express” umgehend dort hin. Denn in Mexiko lässt man einen Gast nicht unnötig warten.
Beitrag von Vallartina direkt aus der mexikanischen Wärme!