Golden Brown (zur Musik aufs Foto klicken)
Verfangen in der dunkler und stiller gewordenen Nacht und in den herbstlich dichten und grauen Nebelschwaden. Warteschleifen verknoten sich bis hin zum Ungewissen und sind schwer zu ertragen und erst recht schwer wieder zu entwirren. Zu viele Gedanken auf einmal durchpochen das immer wache Hirn. Fragen, Zweifel, Wünsche. Nicht schon wieder! Hör auf, dich zu quälen, lass los. Endlich. Vertraue. Ja, das tue ich dann. Dennoch kriecht widerwillig der Tag heran in aller Stille. Ohne Worte. Ohne Antworten. Vielleicht fehlen ja auch die Fragen. Soll ich sie formulieren, sie stellen? Oder sie lieber lassen? Enttäuschungen passieren nur, wenn man Erwartungen hat. Ich stehe auf, es ist kurz nach Fünf, stolpere barfuß über eine leere Weinflasche. Der Schmerz im Zeh erreicht mein Bewusstsein erst Sekunden später. Ein stummer Schrei. Es schmerzt, ja. Eingestehen muss ich mir das erst gar nicht, aber ausreden brauche ich es mir ebenso wenig. Es ist passiert und sollte so sein. Schicksal. Aber ist das jetzt etwas wirklich Dramatisches? Sicher, es wäre nicht geschehen, wäre ich nicht aufgestanden, hätte ich Licht eingeschaltet, hätte ich vorher die Weinflasche auf den Tisch gestellt oder noch besser: Wäre ich jetzt überhaupt gar nicht erst hier. Wäre! Hätte! Ein Leben im Konjunktiv unter Betrachtung von Kausalketten? Nein Danke! Dann doch lieber ein Leben im Indikativ mit einem für wenige Momente schmerzenden Zeh. Und gemessen am Großen und am Ganzen verliert solcher Schmerz schnell an Bedeutung. Und Stunden später liegt die leere Weinflasche in der Kiste für Altglas, der Zeh steckt in einem wärmenden Socken und hat die Kollision gut verdaut, die Nacht ist Sonnen beschienener Tag geworden, das Warten hat ein Ende, die Stille ist gebrochen und ich blicke hinaus in den goldbraunen Oktober. Kein Stirnrunzeln. Alles ist gut. Und die Gedanken? Die tanzen wieder im Dreivierteltakt. Endlich.