Der Münchner Autor Ulf Schiewe verlässt mit seinem neuesten, historischen Roman „Gold des Südens“, dass mittelalterliche Genre.
Der vorliegende Roman spielt in der Zeit, in der die Ozeane und Weltmeere von Krieg- und Handelsschiffen und natürlich auch von Schmugglern, Freibeutern und Piraten heimgesucht wurden. Der Handel der Seefahrernationen florierte. Exotische Waren aus Indien, Amerika, China und nicht zu vergessen der Karibik waren in Europa stark begehrt. Mit dem Handel und Eröffnung der Kolonien folgten nicht nur See- und Handelskriege, sondern die Konfrontation mit Piraten, Freibeutern und Schmugglern auf den Seewegen war nicht zu unterschätzen.
Es war ein lukratives Geschäft, allerdings voller Gefahren und Risiken. Doch die Piraten und Schmugglern war das sehr bewusst. Was hatten sie den schon zu verlieren. Nicht wenige Piraten waren vorher verschuldete Kaufleute gewesen, oder in Ungnade gefallene Offiziere, entflohene Sklaven, enttäuschte Matrosen oder einfach nur Berufsverbrecher und Abenteurer. Einige wechselten allerdings die Fronten und verdingten sich durch die legitimierten Kaperbriefe – ausgestellt von Ihren Majestäten auf die Jagd nach wertvollen Prisen und versenkte oder kaperten die Handelsschiffe feindlicher Nationen.
In dem Roman „Gold des Südens“ wird die Geschichte eines noch sehr naiven und sehr jungen Kapitäns erzählt, der aufgrund der nicht getilgten Schulden seines Vaters, die Flucht ergreift. In Holland angekommen, besucht er einen alten Freund und Kaufmann seines Vaters und übernimmt einen gefährlichen Auftrag der ihn in die spanischen Kolonien, in die Karibik führt. Der Sohn des holländischen Kaufmanns ist als Pirat und Schmuggler gefangen worden, sein stolzes Schiff beschlagnahmt und deren Besatzung leistet Zwangsarbeit.
Doch auch in die spanischen Kolonien gibt es Gesetze und die Großgrundbesitzer mit Ihren Zuckerrohrplantagen. All diese kleineren Lokalfürsten möchten ihre Freiheit und die relative Unabhängigkeit bewahren und sich nicht wieder der spanischen Krone beugen. Es geht hier um nicht entrichtete Steuern und Abgaben die vorbei an Fiskus und Staat, die man unbedingt benötigt. Der Unterhalt von Kolonien kostet seinen Preis, und die Verteidigung und Ausbau der Schifffahrtsrouten, ist ebenso ein machtvolles Argument, um hier eine Kontrolle durch einen Gouverneur einzubauen.
Der junge Kaufmann wird in eine von Macht, Politik und Verbrechen gesteuerte Welt katapultiert, in der er nicht zuletzt persönlich entscheiden muss, wie seine Zukunft sein wird.
Kritik
Der Grad zwischen Legende, Fakten und Fiktion ist ein sehr, sehr schmaler. Gerade dies bietet den Autoren solcher Abenteuerromane viel Gelegenheit für spannende Geschichten, heißblütiger Liebe unter der karibischen Sonne und einer Menge an actiongeladenen Szenen, die es zu erzählen gilt.
Auch in „Gold des Südens“ greift der Autor zu dieser klassischen Rezeptur. Doch dem Autor Ulf Schiewe gelingt es, eine recht Gute authentisch- realistische Atmosphäre aufzubauen.
Die Handlung ist spannend, wenn diese leider auch manchmal einige Chancen schlichtweg verpasst. Für einen Abenteuerroman, gibt es zu wenig Kanonendonner, Pulvergestank und Säbelduelle – schließlich verbindet jeder Leser diese Elemente mit einer guten Abenteuergeschichte. Stattdessen sehr viel Dialoge und zudem wird die Geschichte der spanischen Plantagenbesitzer und ihren internen Schwierigkeiten zu viel Raum gegeben. Der Weg der Liebe, den die „Liebe“ hier geht, ist vorhersehbar konzipiert.
Ebenso verhält es sich mit den Schicksalen und der persönlichen Motivation der Charaktere. Der aus Bremen stammende und noch sehr junge Kapitän Jan van Hagen verliert sich ein wenig in seiner beruflichen (Weiter) Entwicklung. Noch recht unerfahren im interkontinentalen Handel, der Politik, im Umgang mit Waffen und auch der Liebe, gelingt es dem Autor Ulf Schiewe in diesem Band noch nicht wirklich ein bleibendes Profil zu entwickeln.
Es gibt nur wenige Charaktere, die wirklich fesseln können. Zum einen vermisst man in der Handlung einen wirklich, raffinierten und durchtriebenen Gegenspieler, zum anderen gibt es vereinzelnd Charaktere, die ähnlich wie der junge, deutsche Kapitän noch deutlich Potenzial haben dürften für weitere Fortsetzungen. Einzig und alleine der Schiffsarzt wirkt überzeugend in seinen Handlungen und Bestrebungen.
Nichtsdestotrotz ist „Gold des Südens“ trotz aller offensichtlichen Schwächen ein guter und unterhaltsamer Roman. Wie immer weiß Ulf Schiewe über was er schreibt, so das die historischen Elemente klasse eingebaut sind. Die Themen: Sklavenhandel, Piraterie, Schmuggel und auch die Politik sind fabelhaft umgesetzt.
Fazit
„Gold des Südens“ ist gemessen an einen Auftakt einer eventuell, neuen Reihe empfehlenswert. Bei Weitem nicht so stark wie die Mittelalterromane „Der Bastard von Tolosa“ oder „Die Comtessa“ – so garantieren die Piraten der Karibik, so viel erzählerisches Potenzial wie andere Epochen eben auch. Ich hoffe, dass Ulf Schiewe einen zweiten Band veröffentlicht und beschreibt, welchen Weg unser junger Kapitän denn nun gehen will.
Michael Sterzik