Veröffentlicht am 29. Juli 2014 | von Florian Bock
0Gods Will Be Watching
Gods Will Be Watching Florian BockWertung
Summary: Charmantes Point & Click-Experiment, das durch frustrierendes Gameplay leider nicht aufgeht
2.5
Adventure
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Das Adventure-Genre wird seit jeher durch das Aufeinandertreffen von Gameplay und Narration charakterisiert: Im soeben erschienenen Indie-Titel Gods Will Be Watching wird bald ersichtlich, dass das oft einen unmöglichen Balance-Akt darstellt.
Nach dem eindrucksvollen Beitrag zu Ludum Dare 26 im letzten August und der darauffolgenden geglückten Indiegogo-Kampagne war die Hoffnung groß: Gods Will Be Watching vereint viele Zutaten für ein erfolgreiches Indie-Projekt. Neben der mittlerweile obligatorischen charmanten Pixelgrafik, die entfernt an Superbrothers: Swords & Sorcery erinnert, wurde mit einer Menge Modewörter geworben: so wurden zum Beispiel ein hoher Schwierigkeitsgrad, schwere Entscheidungen und moralische Dilemmas versprochen – da liegt es natürlich nahe, sich sogleich an Telltales Adventure-Erfolg The Walking Dead zu erinnern. Dementsprechend groß sind die Erwartungen, die an das kleine Entwicklerteam Deconstructeam aus Spanien gestellt werden.
Tatsächlich beginnt Gods Will Be Watching ebenso vielversprechend: Nach einem kurzen Intro, das den Rahmen vorgibt, findet sich der Protagonist ein Jahr zuvor als Geiselnehmer im Weltall wieder. Zu diesem Zeitpunkt weiß man als Spieler weder, wen man jetzt eigentlich spielt, warum man überhaupt Geiseln nimmt und zu allem Überfluss wird auch das Spiel an sich nicht erklärt. Lediglich die Aufgabenstellung ist recht eindeutig: Man muss beim Hacken eines Computers helfen, indem man die Geiseln in Schach und die Rettungskräfte fern hält und dabei immer wieder auf die Sicherheit des Rechners achtet. Klingt kompliziert? Wer – mutig – als Schwierigkeitsgrad “Normal” gewählt hat, wird kaum Zeit zum Überlegen haben und macht unausweichlich Bekanntschaft mit dem “Game Over”-Bildschirm. Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein.
Bereits in diesem Moment wird der Konflikt zwischen Narration und Gameplay spürbar: Wenn es um die Behandlung der Geiseln geht, stehen Optionen von “Beruhigen” bis “Ins Gesicht schießen” zur Verfügung, die wohl das moralische Dilemma im ersten Kapitel darstellen sollen – und man dementsprechend Auswirkungen auf das Spielgeschehen erwartet. Doch egal, ob man ruhig und besonnen mit den Gefangenen agiert oder sie nach und nach tötet: Allzu oft endet das Spielgeschehen vorzeitig, weil man von den Rettungskräften überwältigt wird. Nach der 13. Wiederholung macht man es sich komplett frustriert zur Aufgabe, möglichst schnell alle Geiseln umzubringen, weil es sowieso keinen Unterschied macht. Zwischendurch speichern kann man nicht, lediglich nach erfolgreichem Ende eines der insgesamt sechs Kapitel wird der Fortschritt aufgezeichnet. Anders formuliert: Ein einziger Fehler bedeutet fast immer, das komplette Kapitel nochmal spielen zu müssen.
Nach und nach wird einem bewusst, dass es in Gods Will Be Watching nicht um das Aufdecken einer Story geht, sondern darum, das Gameplay zu meistern: Point & Click ist zwar das zugrunde liegende Spielprinzip, aber um ein Adventure im herkömmlichen Sinn handelt es sich hier nicht. Im ersten wie in den folgenden Kapiteln geht es hauptsächlich darum, eine Kette an Optionen in der richtigen Reihenfolge anzuklicken und erinnert so noch am ehesten an das Schwertkampf-Minigame in Monkey Island. Die Story gerät dadurch komplett in den Hintergrund – mitsamt den dazugehörigen moralischen Herausforderungen. Nach erfolgreichem Abschluss eines Kapitels sieht man eine Übersicht im Stil von The Walking Dead, wie andere Spieler entschieden haben. Doch das ist in Wirklichkeit komplett bedeutungslos, letztendlich wird dadurch ja nur bewiesen, dass auch andere Klick-Kombinationen ans Ziel führen können – vor allem, weil einige Ereignisse komplett auf dem Zufallsprinzip basieren.
Während der Spieler also schon zu Beginn sämtliche Skrupel ablegt, behandelt Gods Will Be Watching selbigen ebenso brutal und rücksichtslos: Jede falsche Entscheidung bedeutet unausweichlich “Game Over” – und während das scheinbar spurlos am Protagonisten vorübergeht, wird es zu einer zermürbenden Erfahrung für den Spieler, der zunehmend zwischen Wut, Verzweiflung und purer Frustration schwankt. Schwaches Gamedesign oder immens clevere Spielerfahrung auf der Metaebene? Bei all dem Charme, den Gods Will Be Watching in Bild und Ton versprüht, wünscht man sich so sehr, dass es sich um Letzteres handelt.
Plattform: PC (Version getestet), Spieler: 1, Altersfreigabe (PEGI): KA, Release: 24.07.2014, http://godswillbewatching.com
Tags:2.5 von 5AdventureCrowdfunding CampaignDeconstructeamIndie GamePoint and ClickSteam
Über den Autor
Florian Bock Aufgabenbereich selbst definiert als: Secret-of-Monkey-Island-Finder. Findet “Forty-two” (Deep Thought) aufschlussreich (ein bisschen).