Gluten-Sensitivität – Fakt oder Mythos?

Gluten-Sensitivität – Fakt oder Mythos?

Ich hab wieder mal eine kleine Anekdote für euch: Da sitz ich letztens in einem Kurs und der Vortragende ist Sport- und Ernährungsmediziner. Soweit so gut. Man ist ja immer offen für neue Sichtweisen, gerade in der Ernährungsbranche lernt man nie aus und niemand ist schließlich allwissend. Außer natürlich man ist besagter Sport- und Ernährungsmediziner. Eh klar. Der Herr Doktor hat eigentlich keinen schlechten Eindruck gemacht BIS er anfing mit einer fragwürdigen Aussage nach der anderen um sich zu werfen: Genetisch veränderte Lebensmittel sind völlig unbedenklich. Auch eine Gluten-Sensitivität ist eine reine Einbildung. Achja, und die Pille ist das Wundermittel schlechthin. Hormone hin oder her - der Griff zur Pille ist doch bitte für die Frau von Welt eine Selbstverständlichkeit. Ob seine Kommunikationsfähigkeit nun einfach zu wünschen übrig lässt oder er tatsächlich von dem überzeugt ist was er sagt: jeder der mich nur ein bisschen kenn weiß, meine Wenigkeit konnte sich nicht zurück halten. Zur Belustigung meines Sitznachbarn bin ich auf und nieder gesprungen - vor allem weil der gute Herr Doktor so rein gar nicht flexibel in seiner Sichtweise war. Wenn es keine medizinische Studie dazu gibt, dann ist das Thema nämlich grundsätzlich ein Mythos.

Ihr kennt das bestimmt. Die Profession des Arztes geht irgendwie einher mit Ehrfurcht und Respekt. Keine Ahnung warum. Mittlerweile bin ich nämlich zu der Erkenntnis gekommen, dass viele „Götter in Weiß" alles andere als eben allwissend sind, man nicht alles glauben muss was einem erzählt wird UND man ruhig auch mal Fragen stellen darf. Versteht mich nicht falsch. Es gibt zahlreiche tolle Ärzte. Leider aber auch viele schwarze Schafe. Persönlich lese ich richtig gerne wissenschaftliche Studien wenn es um Ernährung und Wohlbefinden geht - dadurch lernt man einfach unglaublich viel und bleibt auf dem aktuellen Stand. Dennoch sind Studien - wenn ihr mich fragt - nicht das Um und Auf. Probieren geht immer noch über studieren und vor allem die eigene Erfahrung oder Erfahrungsberichte von Gleichgesinnten sind ebenso unglaublich wertvoll. Und gerade die Medizin könnte gewaltig davon profitieren, nicht jedes noch so kleine Wehwehchen mit einem Medikament zu behandeln, eventuell mal dem Ursprung eines Problems auf den Grund zu gehen und auch die Erfahrung von anderen Menschen in Betracht zu ziehen - selbst wenn hinter besagter Erfahrung keine kostenintensive Studie steht. Vor allem eine gesunde, ausgewogene und natürliche Ernährungsweise fern von industriell verarbeiteten und veränderten Lebensmitteln ist gerade im Bereich der Prävention unschlagbar. Die Mischung machts würd ich sagen.

Inspiriert von meinem Erlebnis möchte ich heute also ein bisschen über das Trendwort „Gluten" sprechen.

Was ist Gluten eigentlich?

Gluten ist eine Mischung aus Proteinen welche in Getreidesorten wie Weizen, Dinkel, Roggen, Kamut, Emmer und weiteren Getreidesorten enthalten ist. Gluten kann auch als Klebereiweiß bezeichnet werden, speichert Nährstoffe und versorgt damit den Keimling während des Wachstumsprozesses. Wie der Name schon sagt, hält Gluten außerdem das Brot zusammen - im Grunde agiert es also wie ein Bindemittel.

Zöliakie oder Gluten-Sensitivität?

Die Zöliakie oder auch Sprue genannt ist eine Autoimmunerkrankung und kann mittels einer Biopsie festgestellt werden. Hat man Zöliakie leidet man nach dem Konsum von glutenhaltigen Nahrungsmitteln meist an Verdauungsbeschwerden, Durchfall, Verstopfung, Gelenkschmerzen, sonstigen unangenehmen Begleiterscheinungen und eventuell sogar an einem Vitalstoffmangel. In so einem Fall gilt es Gluten in jeder Form zu vermeiden, die Ernährung konsequent umzustellen und vor allem darauf zu achten den Darm zu heilen und den Vitaminhaushalt mit Nährstoffen aus Gemüse und Obst aufzufüllen. Soweit zur Zöliakie.

Eine Sensitivität hingegen ist nicht so leicht zu erkennen und wird von so manchen Ärzten als Mythos bezeichnet. Was der Bauer nicht kennt ... ihr wisst wies weiter geht. Anyway ... Bluttests oder andere Tests sind ziemlich sinnlos wenn es um eine Gluten-Sensitivität geht. Gluten besteht aus verschiedenen Stoffen wie Gliadin, Avenin, Glutemorphin und so weiter und so fort. Besagter Test macht sich nur auf die Suche nach einem dieser Stoffe (meist Gliadin) obwohl genauso gut einer der anderen der Übeltäter sein könnte.

Die Symptome der Zöliakie sind relativ eindeutig und ziemlich ähnlich zu jenen der Fruchtzucker-Unverträglichkeit zum Beispiel. Die Symptome der Sensitivität sind allerdings sehr breitgefächert. Über 100 Beschwerden werden mittlerweile mit einer Gluten-Sensitivität in Verbindung gebracht. Darunter: Chronische Müdigkeit, Verdauungsbeschwerden, Stimmungsschwankungen, Kopfschmerzen, Taubheitsgefühle, Demenz, Hautprobleme, Konzentrationsstörungen und zahlreiche Autoimmunerkrankungen wie beispielsweise MS oder Morbus Crohn. Selbst manchen autistischen Kindern soll es besser gehen wenn Gluten aus der Ernährung gestrichen wird. Auch all jenen mit chronischen Schilddrüsen-Problemen kann eine glutenfreie Ernährung Linderung verschaffen. Wie ich hier schon einmal geschrieben habe, profitieren auch all jene mit Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten davon Fruchtzucker und auch Gluten aus der Ernährung zu streichen. Beide können auf Dauer den Darm schädigen. Und der ist schließlich unser 2. Gehirn! Es lohnt sich also darauf zu achten.

Gluten-Sensitivität - nur ein Trend?

Während es mittlerweile schon Studien gibt die die Existenz einer Gluten-Sensitivität beweisen, weiß man noch nicht woher dieses immer größer werdende Problem kommt. Es gibt Theorien, dass sich unsere Landwirtschafts-Methoden in den vergangenen Jahren stark verändert haben und sich somit auch das angebaute Getreide in seiner Struktur geändert hat. Dinkel ist beispielsweise eine Urform von Weizen und enthält damit weniger Gluten - ein Grund eventuell warum Dinkel grundsätzlich von vielen besser vertragen wird. Andere wiederum sagen, wir konsumieren so viel Gluten in unserer Nahrung (wie Zucker wird es so manch industriell verarbeitetem Lebensmittel beigemischt) bis wir einfach zu viel davon haben und sich eine Krankheit entwickelt. Man muss nur selber mal überlegen: morgens das Müsli oder das Salzstangerl, mittags die Pasta, abends die Pizza oder der Salat mit Baguette? Würde mich nicht überraschen wenn diese Theorie sich als Wahrheit rausstellt.
So manch Ungläubiger sagt jetzt vielleicht es handle sich nur um einen Trend. Ich widerspreche! Klarerweise springen viele Firmen auf den Zug auf wenn immer mehr Leute über Probleme mit Gluten klagen. Geld regiert ja bekanntlich die Welt und genau deshalb haben große Firmen eigene Trendforscher! Wie auch immer - ich bin sicher es werden zahlreiche Studien folgen die Licht ins Dunkle bringen und den Ursprung der Gluten-Sensitivität herausfinden werden. Und um ehrlich zu sein: es gibt schlimmere Trends. Meine persönliche Theorie? Es ist noch nicht allzu lange her, dass wir angefangen haben mehr und mehr industriell verarbeitete Lebensmittel zu essen. Noch vor gut 100 Jahren stand nicht täglich die Pizza, Pasta oder das Fertiggericht am Tisch. Es gab Zeiten da haben wir natürlich, ursprünglich und regional gegessen. Es ist also kein Wunder, dass wir auf Dauer mit dieser enormen Umstellung nicht umgehen können und unser Körper mit Unverträglichkeiten oder auch Krankheiten auf diese Veränderung reagiert.

Was tun?

Wie viele Menschen tatsächlich von einer Gluten-Sensitivität betroffen sind ist noch unklar. Die Rede ist jedenfalls von einer Vielzahl. Mittlerweile gibt es außerdem zahlreiche Erfahrungsberichte zum Thema Gluten - die kann man einfach nicht mehr ignorieren. Vielen Menschen mit den unterschiedlichsten Beschwerden geht es um einiges besser wenn sie Gluten aus der Ernährung streichen. Ich gehöre selbst dazu. Ich esse kaum Gluten und fühle mich nicht nur allgemein wohler, sondern auch mit meiner Fruchtzucker-Unverträglichkeit geht es mir besser. Ich vertrage beispielsweise mehr Obst und Gemüse wenn ich Gluten weglasse. Und um ehrlich zu sein, es ist kein Weltuntergang wenn man den Klebereiweiß aus der Ernährung streicht. Glutenhaltige Lebensmittel liefern jetzt nicht unbedingt viele Nährstoffe die man nicht auch aus anderen Quellen zuführen könnte. Voraussetzung ist selbstverständlich eine ausgewogene Ernährung mit viel frischem Gemüse und Obst sowie gesunden Kohlenhydrat-Alternativen. Warum also nicht selber mal ausprobieren und dabei ganz genau auf den Körper hören. Dieser sogenannte Ausschlusstest (1-2 Monate) kann Auskunft darüber geben in wie weit sich eine glutenfreie Ernährung für einen selbst lohnt und ob man sich durch das Weglassen von Gluten wohler fühlt. Vor allem bei Symptomen die eigentlich keiner Nahrungsmittel-Unverträglichkeit gleichen (Kopfweh, Müdigkeit etc.) kann sich ein Selbsttest durchaus auszahlen.

Mein Tipp: 1. Inhaltsangaben lesen um auch versteckten Gluten Lieferanten aus dem Weg zu gehen. 2. Gesunde Alternativen wie Buchweizen oder auch Hirse in die Ernährung einbauen. 3. Vorbereitung ist ziemlich wertvoll für Momente wenn der große Hunger kommt. Tipps dazu gibt es hier. Dem „Trend" sei Dank - mittlerweile gibt es vielerorts schon glutenfreie Alternativen im Angebot - lest hier aber unbedingt die Inhaltsangaben um auch andere Übeltäter wie Zucker sowie Zusatzstoffe weitestgehend zu vermeiden. 4. Man kann im Grunde nicht viel falsch machen wenn man so natürlich wie möglich isst und auf frische Zutaten Wert legt. 5. Vorausgesetzt man hat keine Zöliakie, muss man auch nicht gleich ausflippen wenn man mal eine Schüssel Weizen-Pasta beim alteingesessenen Italiener verschlingt. Erstens merkt man schnell wie der Körper darauf reagiert und ob man etwaige Symptome in Kauf nehmen will und zweitens kommt es immer darauf an was man täglich tut und nicht auf das was man ab und an mal macht.

Full Disclosure: Bei Zöliakie muss man wirklich auf Gluten verzichten. Bei oben beschriebenen Symptomen kann ein Arzt die Erkrankung mittels Bluttest und Biopsie ausschließen. Auch eine Weizenallergie kann mittels Tests ausgeschlossen werden. Hat man weder das eine noch das andere und die Beschwerden bleiben, kann es ans selber Testen gehen.

Wem dieser elendslange Bericht nicht genug war, für den hab ich hier noch ein paar lesenswerte Links:

Versteckte Reaktion: Gluten-Sensitivität Sechs Zeichen für Gluten Intoleranz Clues to gluten sensitivity What´s with all the gluten intolerances? Gluten-Sensitivität – Fakt oder Mythos?

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