Glück ist etwas ganz Kleines

Von Nicsbloghaus @_nbh

Biografien, zumal Autobiografien haben oft etwas Steifes an sich. Wenn sich der Autor so dar­stel­len möchte, wie er gern gese­hen wer­den will und nur das ver­laut­ba­ren lässt, was er für wich­tig erach­tet. Marion Wagner und Volker Panzer wähl­ten einen ande­ren Weg.

Es sind ein­fach nur Gespräche, die die Herausgeberin Marion Wagner mit dem ehe­ma­li­gen Nachtstudio-Moderatoren Volker Panzer führte. Gespräche, auf die die­ser sich weder vor­be­rei­ten noch sich die Antworten lange über­le­gen konnte. So ent­stan­den rela­tiv spon­tane Geschichten, in denen Panzer nicht bril­liert, aber aus sei­nem gro­ßen Erfahrungsschatz und Wissen plau­dert.

Das ist nur sel­ten chro­no­lo­gisch und nie lang­wei­lig. Panzer ist ein wirk­lich her­vor­ra­gen­der und klu­ger Gesprächspartner. Das weiß ich, weil auch ich schon ein paar mal die Freude hatte, mit ihm zu reden. Und des­halb kann ich davon aus­ge­hen, dass an dem gedruck­ten Text nur sehr wenig ver­än­dert wurde, als die­ser von den Bändern abge­schrie­ben wurde.

Marion Wagner gab bei jedem Treffen nur ein Stichwort vor. Daraus ent­wi­ckel­ten sich dann keine typi­schen Interviews, son­dern Gespräche. Das liegt sicher­lich auch daran, dass die Fragende selbst inter­es­siert ist und kluge Zwischenfragen stellt. Hier sollte nie­mand gezwun­gen wer­den, sich zu ent­blö­ßen. Und so sagt das Büchlein auch etwas über die Fragende aus; nicht nur über den Befragten.

Das Ganze ist ein Queerbeet durch das Leben. Interessanterweise steht nicht der Journalist und Medienmacher Volker Panzer im Vordergrund, son­dern viel­mehr – wenn sich das denn tren­nen lässt – der Mensch. Die Gespräche dre­hen sich um das Glück, um Freiheit, Humor und Pädagogik. Aber auch um “Gefühl und Verstand”, die Kunst und Politik. Und um das Wetter, einem Thema, das Panzer für außer­or­dent­lich wich­tig hält als Möglichkeit, ein Gespräch zu begin­nen.

Weshalb Volker Panzer in den Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung beru­fen wurde wird zwar nicht gefragt, ergibt sich aber aus sei­nen Antworten. Denn etli­che Male weist er dar­auf hin, dass er Religionen für mit­ver­ant­wort­lich hält am Leid der Welt. Dabei ver­wen­det er nur sel­ten Schlagworte. Gerade seine Natürlichkeit beim Umgang mit die­sem Thema zeich­net ihn aus. Wenn er zum Beispiel, danach gefragt, was für ihn denn Glück sei, ant­wor­tet: “Ich glaube, dass ein reli­giö­ser Mensch nie glück­lich sein kann. Und zwar, weil er nie auf sich selbst schauen kann, weil immer etwas über ihm ist.” Einige Zeilen spä­ter sagt er: “Glaube nichts. Glaube nie­man­dem, der dir ein­re­den will, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Denn das ist das Fatalste über­haupt. Wenn es ein Leben nach dem Tod gibt, dann ist man rein logisch auch durch­aus bereit, selbst Attentäter oder Mörder zu wer­den.”

Dieses kleine Buch über (nicht nur) das kleine Glück des Sich-Bescheiden-Könnenden ist ein klei­nes und klu­ges Meisterstück des Frage-Antwort-Spiels. Oft wird von Fernsehmoderatoren erwar­tet, dass sie Egomanen sind; Volker Panzer zeigt, dass es auch anders geht. Dass man mit einer tie­fen Klugheit eine Gelassenheit ent­wi­ckeln kann (die aber bitte nicht mit Trägheit des Geistes oder Faulheit des Denkens ver­wech­selt wer­den darf!).

Ich denke, Volker Panzer ist ein wei­ser Mann. Das zutage geför­dert zu haben ist das Verdienst auch von Marion Wagner.

Nic

Marion Wagner – Glück ist etwas ganz Kleines, Gespräche mit Volker Panzer; Verlag für Kurzes; 2013; ISBN 978-3-942794-05-3; 12,00 Euro

Fotos von einer Lesung aus dem Buch