Gleis 9

Von Andre

Bohnen:

  • Black Power, Espressomischung aus 60% Arabica aus Äthiopien und Kenya, und 40% Gourmet-Robusta aus Uganda. Dunkel geröstet.
  • Assemblage No.5, 100% Hochland-Arabica aus Kolumbien, Indien, Guatemala, Sumatra und Papua Neuguinea. Mittel geröstet.

Röster: Kaffeepur AG, Niederrohrdorf

Maschine: La Cimbali M29 Selectron (Siebträger)

Wo: Affolternstrasse 52, Zürich-Oerlikon

Bericht:

Nach dem Le Puy ist das Gleis 9 das zweite Lokal in Zürich das auf Bohnen der Gourmetrösterei Kaffeepur setzt. Das macht natürlich neugierig, also ab auf Oerlikon – Neuland im Coffee-Guide Zürich. Das Gleis 9 befindet sich gleich hinter dem Bahnhof, am Rande des Geschäftsviertels, weshalb es besonders über Mittag sehr gut frequentiert ist. Hier ist vielleicht auch gleich anzumerken, dass es sich nicht um ein Café handelt, sondern viel mehr um eine „Bistro-Bar“. Wer also nur einen Kaffee trinken will, findet mit Sicherheit gemütlichere Lokale. Trotzdem setzen wir uns morgens um 11 ganz einsam an das einzige nicht gedeckte Tischchen und bestellen zwei Espressi, denn diesen gilt es ja primär zu testen. Eigentlich könnte man sich ja vorstellen als einziger Gast besondere Aufmerksamkeit zu erhalten, oder eine besonders vorsichtige Extraktion zu erhalten, aber die Realität sieht öfters etwas anders aus. Die Vorbereitungen für den erwarteten Ansturm zur Mittagszeit schienen auf Hochtouren zu laufen und etwas Priorität zu geniessen. Der Kaffee war dann auch schon vorgemahlen, was bei entsprechend niedrigem Verbrauch nicht sehr ideal ist, weil sich die Aromastoffe innert kürzester Zeit verflüchtigen. Getamped wurde mit einer dieser Plastikvorrichtungen an der Mühle, was zwar besser ist als gar nicht zu tampen, aber kaum ein schön waagrechtes Kaffeebett zu Stande bringt. Die Espressotassen füllten sich eher etwas schnell, ein Anzeichen für eine leichte Unterextraktion. In der Tasse liess sich das auch am eher dünnen Körper des Espresso und der wenig voluminösen Crema erkennen, die normalerweise gerade bei Mischungen mit hohem Robustaanteil gerne dick aufträgt. Trotzdem schmeckte der Kaffee eigentlich überraschend gut, was definitiv vielmehr den qualitativen Bohnen und der verzeihenden Mischung zu verdanken ist, als hochstehendem Barista Handwerk. Wer gerne einen kräftigen Espresso trinkt, kommt auf seine Kosten, und wer zum Beispiel in der Gegend arbeitet und sein Mittagessen gerne mit einem guten Kaffee abschliesst, wird hier vermutlich einen der besten Espressi in der näheren Umgebung erhalten. Trotzdem gibt es für die meisten Leute wohl näher gelegene Cafés die ebenso lohnen oder etwas gemütlicher sind für eine entspannte Tasse Kaffee, Auswahl finden Sie hier ja genug. Da ich keine halben Bohnen vergebe, bin ich etwas grosszügig und runde auf: Für die Zubereitung gäbe eine durchschnittliche bzw. genügende Bewertung, aber für  den Geschmack gäbe es im Blindtest eine gute Note, also aufgerundete 4 Zürich-Bohnen für das Lokal mit den guten Kaffeebohnen, die eine etwas bessere Behandlung verdient hätten.