Gibt es das „Krieger-Gen“?

Was bestimmt unser Verhalten? Sind es die Gene oder Erziehung und soziales Umfeld? Dies wird schon seit vielen Jahren diskutiert. Das beides eine Rolle spielt und Gene doch ein stärkeres Gewicht haben als bislang vermutet ist unbestritten. Doch welcher Faktor überwiegt?
Neueste Erkenntnisse scheinen zu zeigen, das diese Frage wohl nicht pauschal beantwortet werden kann. Es hängt nämlich von dem Verhalten an sich ab, ob die Gene dominieren oder Erziehung, Erlerntes und Erfahrenes. Aber es geht noch komplexer. Es scheint so zu sein, das eine genetische Disposition und eine entsprechende Erfahrung ein bestimmtes Verhalten begünstigt.
"Krieger-Gen" MAOA-L, eine Mutation des MAOA-Gen
Das Gen MAOA-L erhöht die Risikobereitschaft und zugleich die Erfolgschancen in kritischen Situationen. Es kann auch ein impulsives und agressives Verhalten bewirken.
Avshalom Caspi und Terrie Moffitt von der Duke Universität haben die Entwicklung von 442 Männern aus Neuseeland beobachtet. Das Drittel mit der MAOA-L-Variante entwickelte mit höherer Wahrscheinlichkeit antisoziale Störungen und gewalttätiges Verhalten.
Die Männer mit dem Gen aus der Studie der Duke Universität wurden nur dann später gewalttätig oder anitsozial, wenn sie als Kinder schlecht behandelt oder missbraucht worden sind.
Ein Gen bzw. eine Genmutation kann auch erst zum tragen, wenn nicht genetisch bedingte Einflüsse hinzu kommen.
Eine Studie von Cary Frydman vom California Institute of Technology in Pasadena belegt, das Träger der MAOA-L-Variante bei Finanztransaktionen risikobereiter sind, wenn es sich lohnt.
Daher wird MAOA-L auch als „Wall-Street-Gen“ bezeichnet. MAOA-L-Träger besitzen im Gehirn ein kleineres Angstzentrum. Dies erklärt die erhöhte Risikobereitschaft und zeigt, das diese Gen-Variante einen erheblichen Einfluss, trotz fehlen nicht genetisch bedingter Einflüsse, auf das Verhalten hat.
Das Altruismus Gen
Eine winzige Änderung in einer bestimmten Erbanlage geht demnach mit einer signifikant höheren Spendenbereitschaft einher. Die Resultate sind jetzt in der Zeitschrift Social Cognitive & Affective Neuroscience erschienen.
Die Forscher um den Bonner Psychologen Professor Dr. Martin Reuter hatten Studenten zu einem “Merkfähigkeitstest” eingeladen: Die rund 100 Teilnehmer sollten sich Zahlenfolgen einprägen und anschließend möglichst korrekt wiedergeben. Dafür erhielten sie fünf Euro. Im Anschluss konnten sie einen beliebigen Teil ihres hart verdienten Geldes für einen wohltätigen Zweck spenden. Diese Entscheidung erfolgte in scheinbarer Anonymität. “Wir wussten aber stets, wieviel Geld zuvor in der Kasse gewesen war, und konnten daher den gespendeten Betrag errechnen”, erklärt Reuter.
Zuvor hatten die Wissenschaftler ihren Probanden Hautzellen für eine DNA-Analyse entnommen. Dabei konzentrierten sich auf das so genannte COMT-Gen. Es enthält die Bauanleitung für ein Enzym, das bestimmte Botenstoffe im Gehirn inaktiviert. Der wohl bekannteste dieser Botenstoffe ist das Dopamin.
Seit 15 Jahren ist bekannt, dass es zwei verschiedene Varianten des COMT-Gens gibt: COMT-Val und COMT-Met. Die beiden Versionen kommen in der Bevölkerung etwa gleich häufig vor. Sie unterscheiden sich nur in einem einzigen Baustein. Bei Menschen mit der COMT-Val-Variante arbeitet das zugehörige Enzym bis zu viermal effektiver. Das Dopamin im Gehirn wird also wesentlich schneller inaktiviert. Das hat auch Auswirkungen auf das Verhalten: Studenten mit dem COMT-Val-Gen spendeten im Schnitt doppelt so viel Geld wie Kommilitonen mit der COMT-Met-Variante.
Es ist das erste Mal, dass Forscher einen Zusammenhang zwischen einer speziellen Erbanlage und altruistischen Handlungen feststellen konnten. Allerdings wusste man bereits aus Zwillingsstudien, dass altruistisches Verhalten durch unsere Gene beeinflusst wird.
neuroscience
Die Verhaltensgenetik steckt noch in den Kinderschuhen. Deswegen sind diese Erkenntnisse mit Vorsicht zu genießen. Sie kann aber schon jetzt interessanten Diskussionsstoff zur Diskussion über Existenz oder Nichtexistenz des freien Willens liefern.
Das es genetisch bedingte Krankheiten gibt ist zweifelsfrei. Das im laufe eines Lebens beim Menschen genetische Veränderungen eintreten können ebenso.
Aktuell wurden Neue genetische Ursache für Glasknochen-Krankheit entdeckt.

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