Getreide richtig zubereiten


Die – richtig spannende – Geschichte 

Israel, vor 23,500 Jahren. Hier finden sich die ersten Beweise für den Konsum von Getreide durch Menschen. Die Lagerung von Getreide und die Domestizierung von Getreide begann aber nochmal 12,000 Jahre später. Zu dieser Zeit haben einige Menschen ihren Jäger und Sammler sowie Nomaden Lebensstil gegen Landwirtschaft getauscht. Und genau dann hat sich die menschliche Ernährungsweise dauerhaft verändert. Und vom Beginn dieser agrikulturellen Revolution an, aßen Menschen Getreide in ganzer und unbehandelter Form. Bis vor rund 200 Jahren.

Ein Korn besteht aus Keim (der Ursprung der Pflanze), Kleie (die Schale welche die Pflanze schützt) und Endosperm (der stärkehaltige innere Teil des Korns). Und erst um 1870 und mit der Entwicklung der Mühle konnten die groben Teile und vor allem die Kleie und der Keim des Korns bei der Verarbeitung entfernt werden. Und et voila – wir hatten stark bearbeitetes, weißes Mehl welches vorerst nur der elitären Schicht zugänglich war. Klar, der Verarbeitungsprozess war anstrengend. Die Technologien haben sich aber schnell weiterentwickelt und man fand heraus, dass gemahlenes Getreide welchem Keim und Kleie entzogen wurde und im Grunde mehr Stärke beinhaltete weitaus haltbarer war. Naja und vom wirtschaftlichen Denken getrieben schossen Mühlen aus dem Boden und Land wurde für den Getreideanbau eingenommen. Das weiße Mehl war nun ein günstiges Lebensmittel für die Massen und ist seither ein Hauptbestandteil der westlichen Ernährungsweise.

Heute ist vor allem die Weizen Produktion am Steigen. Laut der Food and Agriculture Organization (FAO) der United Nations wächst sie jährlich um 1 Prozent um mit dem Bevölkerungswachstum der Welt mithalten zu können. In 2025 muss dieses Level voraussichtlich auf 2.5 Prozent jährlich erhöht werden. Und weil das meiste Land bereits in Verwendung ist, wird bereits fleißig geforscht und Pflanzengenetiker arbeiten daran Weizenstränge zu entwickeln die noch mehr produzieren.

Worin liegt das Problem?

Stark bearbeitetes Mehl welchem Keim und Kleie entzogen wurden, hat einen enormen Effekt auf unseren Blutzuckerspiegel und der soll im Sinne unserer Gesundheit eigentlich relativ stabil bleiben. Ganz klar. Keim und Kleie werden entfernt und die würden Ballaststoffe liefern die dabei helfen unseren Blutzuckerspiegel stabil zu halten. Da hat unser Verdauungssystem einfach mehr zu tun und die Aufnahme des Zuckers ins Blut wird gebremst.

Auch die Nährstoffe fehlen dem bereinigten Mehl. Vitamin E, Magnesium, Eisen …. sie alle gehen verloren. Hinzukommt, dass heutzutage und vor allem in der Massenverarbeitung, besagtes Mehl gerne noch ein bisschen gepimpt wird. Es wird gebleicht, damit es noch weißer ist. Gehärtete Pflanzenfette werden untergemischt, damit es haltbarer ist. Ascorbinsäure ist ebenso involviert wie Konservierungsmittel und Reduktionsmittel.

Denkt man nun an Pasta, Brötchen, Gebäck, Müsli oder Fertignahrung in welcher Mehl gerne beigemischt wird … dann nimmt besagtes Weißmehl (ob Roggen, Weizen oder Co) durchaus einen riesigen Bestandteil unserer Nahrung ein.

Gut. Vollkornmehl ist besser. Oder doch nicht? 

Würde Sinn machen oder? Im Vollkornmehl ist schließlich Keim und Kleie enthalten. Meistens wird das Mehl für Brot oder Müslis aber so fein gemahlen, dass es tatsächlich nur eine kleine Menge des Keims und der Kleie enthält. Der Blutzuckerspiegel spielt dennoch verrückt und auch Nährstoffe finden sich nicht wirklich darin. Die beste Option ist da immer noch das ganze Korn selbst.

Hinzukommt, dass das ganze Korn selten korrekt bearbeitet wird. Wir Menschen und auch alle Tiere die nur einen Magen haben, sind nicht dazu gemacht, dass unvorbereitete Korn zu verarbeiten. Die Kleie – sprich die Schale – des Korns ist dazu da um den Keimling zu schützen. Landet der am Boden, soll er nicht vom Tier aufgefuttert werden. Er soll mit der Natur und mit Feuchtigkeit und Sonne über Zeit agieren können, um schließlich zu keimen und zu wachsen. Genau deshalb enthält besagte Schale Phytinsäure, eine Form von Phosphor. Wir können es nicht verarbeiten, es führt zu Magenschmerzen. Der Grund warum Tiere die Keimlinge am Boden eben liegen lassen und die Natur so ihren Lauf nehmen kann. Wir bräuchten jede Menge des Enzyms Phytase dazu um Phytinsäure optimal zu verarbeiten und um diese neutralisieren zu können. Und die haben wir nicht in so ausreichenden Mengen zur Verfügung. Übrigens Rinder welche mit Getreide gefüttert werden auch nicht. Deshalb wird Rinderfutter gerne besagtes Enzym Phytase untergemischt. Sie wachsen so besser. Nicht überraschend oder? Menschen die eine gute Darmflora haben, tun sich übrigens mit Phytinsäure eine Spur leichter. Warum? Weil Lactobazillen im Darm Phytase produzieren können. Aber das ändert auch an folgender Tatsache nichts: Phosphor bindet sich nämlich an Mineralstoffe wir Kalzium oder Eisen, was diese für uns Menschen nicht mehr verfügbar macht. Unvorbereitetes Getreide ist somit für uns nährstoffärmer als gut zubereitetes Getreide. Naja und dann mindert Phosphor auch noch die Verdauungsenzyme wie Pepsin oder Amylase die wir brauchen um besagtes Getreide in all seinen Bestandteilen eben verdauen zu können.

Ist das echt so tragisch?

Naja, im Grunde kann man sagen, dass wir jegliche Verbindung zu der ursprünglichen Zubereitungsform von Getreide verloren haben. Getreide wurde in traditionellen Kulturen immer eingeweicht, gekeimt und sogar fermentiert. Jene Prozesse die wir mit einem Magen nun mal nicht selber durchführen können. In Japan beispielsweise wurde oder wird traditionsgemäß Mochi hergestellt. Reis wird eingeweicht und gedünstet und erst dann zu kleinen Kuchen verarbeitet. In Russland wird Tolokno hergestellt. Hafer wird hierzu 24 Stunden eingeweicht, getrocknet, gemahlen und dann mit Milch oder Fleischbrühe gekocht um eine dicke Suppe daraus zu machen. Porridge, welches dem Magen und Darm tatsächlich guttut, würde ich sagen.

Und wenn wir dauerhaft Getreide konsumieren welches eben nicht optimal vorbereitet wurde, dann kann das ganz schöne Folgen haben. Nährstoffmängel beispielsweise. Osteoporose ist relativ üblich in Gegenden in welchen viel herkömmliches Getreide konsumiert wird. Logisch wenn man bedenkt, dass Menschen die viel Getreide essen erstmal auch viel Kalzium ausscheiden (mehr als sie zu sich nehmen). Zwar passt sich der Körper auf Dauer an, zeigen Studien. Diese gehen aber nie über einen längeren Zeitraum hinaus. So oder so wird der Körper nicht ausreichend mit Mineralstoffen versorgt. Wir Erwachsenen können damit vielleicht noch ein paar Jahre gut umgehen. Bedenkt man aber, dass bereits den Kindern mit 6 Monaten Getreidebrei gefüttert wird, erklärt das auch warum immer mehr Kinder Fehlhaltungen haben, Zahnspangen brauchen und unsere Kieferstruktur nicht mal mehr ansatzweise das ist was sie sein könnte. Aber dazu ein anderes Mal mehr.

Was tun? 

Nicht nur Getreide, sondern auch Nüsse, Bohnen und selbst Kakaobohnen enthalten Phytinsäure und unterschiedlich viel Phytase um diese abzubauen (unter den richtigen Bedingungen) und sollten entsprechend optimal zubereitet werden. Sprich, in Wasser einweichen in Kombination mit etwas Säure wie Joghurt, Zitrone oder Apfelessig, keimen lassen und/oder fermentieren.

TOP TIPP

Übrigens! Etwas Roggenmehl hinzuzufügen soll ebenso helfen einen Großteil der Phytinsäure abzubauen, da Roggen Phytase liefert. Hafer profitiert hier besonders. Hafer mit einem EL Roggen über Nacht einweichen zu lassen bevor man beispielsweise Porridge zubereitet soll wie gesagt die Phytinsäure gewaltig reduzieren und das Ganze weitaus verträglicher machen.

Dieser Artikel soll keine Angst vor Getreide oder Phytinsäure machen. Viel eher darauf aufmerksam machen, dass wir auch hier einen Blick in Richtung unserer Vorfahren werfen sollten. In vielen Dingen waren die schlauer als wir und folgten weitaus mehr ihrer Intuition. Du bist Teil der Individualisten Community. Also gehe ich davon aus, dass du an Gesundheit interessiert bist. Und in einer Zeit in welcher fast jeder von uns mit Verdauungsbeschwerden, Nahrungsmittelunverträglichkeiten und dergleichen zu kämpfen hat, ist dieses Thema wesentlich. Auch Getreide kann genossen werden. In gut verdaulicher und nährstoffreicher Form. Geht es um Brot, dann sind Keimlingsbrote oder auch Sauerteigbrote die beste Option. Und traditionell arbeitende Bäcker greifen immer mehr diese Themen auf und fokussieren sich auf echtes und gesundheitsförderliches Brot. Und das finde ich spitze.

Quellen u.a.:
https://journals.plos.org/plosbiology/article?
id=10.1371/journal.pbio.2005143https://academic.oup.com/ajcn/article/81/2/341/4607411
https://www.westonaprice.org/health-topics/vegetarianism-and-plant-foods/living-with-phytic-acid/


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