Angefangen hat bei uns alles bei der Arbeit. Völlig unromantisch arbeiteten wir erst einmal zwei Jahre nebeneinander her, ohne uns groß zur Kenntnis zu nehmen. Doch dann kam der Abend, der alles veränderte: Ich war mit einer befreundeten Arbeitskollegin auf Sankt Pauli unterwegs und der Vater in spe grillte mit einem Freund an der Alster. Da wir alle vier große Lust hatten, richtig steil zu gehen, trafen wir uns und zogen zusammen um die Häuser. „Eigentlich ist der ja ganz nett“, dachte ich mir an dem Abend, hatte aber weiter keine Absichten als wir uns um sechs Uhr morgens völlig übernächtigt gen Heimat begaben. Damals war ich der Überzeugung, dass mein jetziger Ehemann in einer gefestigten und glücklichen Beziehung steckte. Doch ich sollte Unrecht behalten – zum Glück. Zunächst schrieb er mich über Facebook an, hier quatschten wir einfach nur so rum. Aber schnell wurde dieses Rumquatschen ziemlich aufregend – wir merkten schnell, dass da mehr hinter steckt. Auf einmal ging ich mit wackligen Knien zur Arbeit, schließlich wusste ich, dass ich meinen Auserwählten dort sehen werde. Ziemlich bald begannen wir, so richtig zu daten und schon waren wir ein richtiges Liebespaar. Und von da an konnte es uns nicht schnell genug gehen: Eltern Kennenlernen, gemeinsam in Urlaub fahren, in eine Wohnung ziehen und dann die Entscheidung: Nachwuchs bekommen! Wir beide wussten immer, dass wir irgendwann Kinder bekommen wollen, doch der Gedanke war niemals in unserem Leben auch nur ansatzweise konkret gewesen. Doch auf einmal war er da, dieser Wunsch, gemeinsam ein Kind zu bekommen, und der Wunsch war groß – riesengroß.
Schwanger wird man nicht auf Knopfdruck
Doch schon kurz nach unserem Entschluss, gemeinsam schwanger werden zu wollen, wurden wir desillusioniert: Die pubertäre Annahme, dass man einmal miteinander unverhütet schläft und sofort schwanger wird, wurde ganz schnell zerschlagen. Vielmehr wurde uns immer mehr bewusst, dass unser Weg zum Nachwuchs steinig oder gar unmöglich werden würde. Zunächst übten wir eine Weile, immer wieder interpretierten wir in irgendwelches Bauchgegrummel eine Schwangerschaft hinein, wir waren hochsensibel. Doch schwanger war ich nicht. Und sollte ich auch erst einmal nicht werden. Die Ärztin wusste nicht warum, denn mein Hormonspiegel war einwandfrei. Sie ging daher von einer Art psychischen Blockade aus. Aber warum sollte meine Psyche sich denn wehren, wenn mein beziehungsweise unser Kinderwunsch so stark war? Immer öfter sprach meine Ärztin auch das Thema Unfruchtbarkeit und Kinderwunschklinik an. Wir waren verzweifelt, setzten uns unter Druck, wir wollten ein gemeinsames Baby, am besten jetzt. Was wäre, wenn es nicht klappt? Würde unsere Beziehung das überstehen? Würden wir eine künstliche Befruchtung in Angriff nehmen? Fragen über Fragen.
Tausende Fruchtbarkeitstees, Globulis und Packungen Mönchspfeffer später beschlossen wir, es einmal mit Chlomifen und Predalon zu versuchen. Die Mittel wirkten, aber schwanger wurde ich nicht. Trotzdem war ich irgendwie erleichtert, weil diese Hormontherapie mir zeigte, dass mein Körper funktionierte. Trotzdem wollte ich diese Hormone nicht noch einmal nehmen, denn ich fühlte mich in diesen zwei Wochen furchtbar. Ich fand mich selber unaustehlich, hässlich, dumm und dick. Und dann sollten wir auch noch auf Knopfdruck miteinander schlafen. Viel Spaß dabei! So hatten wir uns das nicht vorgestellt. Wir merkten, dass unser Kinderwunsch entgleiste und für uns immer mehr zu einer Belastung wurde. Wir setzten uns zu sehr unter Druck, wir wollten es zu sehr, wir redeten zu viel darüber und unsere Beziehung litt. Das durfte und sollte nicht sein.
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben
Wir beschlossen, unseren Kinderwunsch aufzuschieben. Wir waren beide jung und hatten noch Zeit. Wir wollten reisen, feiern und das Leben zu zweit genießen. Hätten wir unseren Kinderwunsch so verbissen weiter verfolgt, wer weiß, ob wir heute noch ein Paar wären? Also legten wir los: Wir schmiedeten Reisepläne, hielten Ausschau nach einem gemeinsamen Kleinwagen und Rennrädern. Aber vor allem planten wir unsere Hochzeit. In kleinem Rahmen heirateten wir ganz idyllisch in Hamburg am Elbstrand. Es war für uns beide ein wunderschönes Fest, wir waren überglücklich, dass wir uns hatten, dass wir so eine tolle Partnerschaft hatten, mit oder ohne Baby. Natürlich verhüteten wir nicht. Warum auch? Ich wurde ja eh nicht schwanger.
Etwa zwei Monate nach unserer Hochzeit stand bei mir ein dringender Besuch beim Gynäkologen an, der in keinerlei Beziehung zu unserem Kinderwunsch stand. Auf die Frage des Gynäkologen, ob es mir sonst denn gut ginge, erwiderte ich, dass alles super sei, nur meine Brüste würden seit einer Weile etwas spannen. „Ach, das ist bestimmt eine Zyste“, meinte der Frauenarzt und wollte zur Sicherheit meine Gebärmutter schallen. Doch was er fand, war keine Zyste, sondern unser kleines Baby. „Nee, Sie haben keine Zyste, Sie sind schwanger“, sagte er zu mir. Freuen konnte ich mich nicht, gefühlte fünf Minuten stammelte ich nur ungläubig: „Das kann doch gar nicht sein, ich kann doch gar nicht schwanger werden.“ Mit einem neuen Termin, an dem der nächste Ultraschall gemacht werden und ich meinen Mutterpass bekommen sollte, sowie einem Foto von unserem winzigen Zelli radelte ich immer noch vollkommen perplex heimwärts. In der Türe begegnete ich meinem Mann, der gerade auf dem Weg zum Sport war. Völlig unromantisch überrumpelte ich ihn mit der Neuigkeit. Er war mindestens genau so sprachlos wie ich und ging erst einmal zum Sport. Die Freude kam in den nächsten Tagen und Wochen. Richtig realisieren konnten wir das Ganze aber erst, als wir unseren engsten Freunden und unserer Familie in der zehnten Schwangerschaftswoche von unserem Zelli berichteten.
Ich kann jede Frau verstehen, die verzweifelt, weil sie nicht schwanger wird. Ich kann ebenso jede Frau verstehen, die am Boden zerstört ist, weil man ihr gesagt hat, dass sie wahrscheinlich unfruchtbar ist. Ich kann auch jede Frau verstehen, die meine Geschichte unfair findet, weil ich dann doch plötzlich einfach so schwanger geworden bin. Was ich gelernt habe, ist, dass eine Schwangerschaft unberechenbar ist. Nur ganz bedingt können wir in diesen Naturkreislauf eingreifen und ganz bestimmt können wir Nichts erzwingen. Wir mussten lernen, uns zu entspannen. Denn erst als wir quasi für den Moment aufgegeben hatten, hat es geklappt. Völlig unerwartet, ohne jeden Druck, ganz konservativ unmittelbar nach unserer Hochzeit.
Wer schreibt hier?
Dieser Beitrag ist ein Gastbeitrag von tatsächlich Familie. Auf dem Blog findet ihr Geschichten rund um den Alltag mit Baby und tolle Rezepte, schaut doch mal vorbei! Ihr findet tasächlich Familie übrigens auch auf Facebook.