Gestehungskostenrechner bringt Transparenz bei Eigenverbrauch von Solarstrom

Die Energiebloggerin und Solarenergie-Beraterin Cornelia Daniel-Gruber befasst sich seit mehreren Jahren mit dem Thema Gestehungskosten in der Stromerzeugung, insbesondere im Bereich der Photovoltaik. Dieser neue Bereich, abseits der bekannten Diskussion um Einspeisevergütung, wird um so wichtiger werden, je geringer die Förderung für Strom aus erneuerbaren Energien ausfällt.

Gerade weil es in Österreich noch nie eine Förderung gab, wie das EEG in Deutschland, hat sie schon zu einem Zeitpunkt angefangen sich damit zu befassen, als es hierzulande noch unvorstellbar weit weg war. Heute steht das EEG in Deutschland vor einem Scherbenhaufen und hat als Förderinstrument so gut wie ausgedient. Daher ist es Zeit auch hier nach neuen Wegen zu suchen, denke ich. Dazu habe ich sie im Hinblick auf ihre Aktivitäten in Österreich ausführlich befragt.

Wie kann ein Photovoltaik-Markt ohne Förderung aussehen?

Screenshot des Gestehungskostenrechners

Screenshot des Gestehungskostenrechners

energynet.de: Als Beraterin für Solarenergie hast Du einen Gestehungskostenrechner für Solaratromanlagen entwickelt. Was ist das und wie kam es dazu?

Cornelia Daniel-Gruber: Das ist eine ziemlich lange Geschichte, weil es eine Entwicklung von mehr als drei Jahren war, aber ich versuche es so kurz wie möglich zu machen. Seit 2008 beschäftige ich mich mit der Wirtschaftlichkeit von Photovoltaikanlagen. Da Österreich nie wirklich flächendeckende Förderprogramme für Photovoltaik aufgelegt hat und schon gar nicht für Gewerbeunternehmen obwohl diese einer der besten Voraussetzungen für Solarenergie bieten, musste ich mir schon sehr früh überlegen, wie ein Markt ohne Förderung aussehen würde.

Gestehungskosten spielen dabei eine sehr wichtige Rolle und sie sind auch das wichtigste Instrument beim Kraftwerksbau. Jedes Wasser- oder Atomkraftwerk muss sich vor dem Bau einer Gestehungskostenberechung unterziehen. Diese werden über die sogenannte LCOE-Formel berechnet. (Levelized Cost of Energy).

Ich bin seit Jahren von dem Konzept fasziniert und vor vor allem elektrisiert als ich 2008 zum ersten Mal das Wort Netzparität hörte. Damals hieß es es würde in der fernen Zukunft einen Punkt geben, bei dem selbst erzeugter Solarstrom gleich viel kostet wie jener aus dem Netz. Dieser Tag lag deshalb in so ferner Zukunft weil damals die Gestehungskosten noch jenseits der 50ct/kWh lagen und niemand hätte sich träumen lassen, dass Netzparität schon 2013 erreicht sein würde. Ich beobachtete die Gestehungskosten sehr genau und wurde vor allem von der Gestehungskostenmatrix auf Wikipedia in den Bann gezogen und da es mich genervt hatte, dass ich die Parameter, die dort eingetragen werden nicht selbst verändern kann und mich immer auf veraltete Studien verlassen musste , hab ich meinen Mann, der ein Excel Spezialist ist, beauftragt die Formel zu übersetzen und es hatte tatsächlich funktioniert.

Ungefähr ein Jahr lang hab ich mir so immer die genauen Gestehungskosten ausgerechnet und kam dann unter anderem beim allerersten Barcamp Renewables, wo ich ihn erstmals öffentlich mit den anderen Energiebloggern diskutiert hatte, zu der Erkenntnis, dass niemand den Gestehungskosten die Aufmerksamkeit gibt, die sie verdienen. Sie werden in den Renditerechnern immer nur unter „ferner Liefen“ gehandelt. Deshalb habe ich sehr viel Zeit investiert um den Rechner auf das Niveau zu bringen wo er heute ist.

Wir sind mittlerweile bei Version 4.4 des Gestehungskostenrechners (Affiliate-Link) angelangt und nun ist er zum perfekten Eigenverbrauchsrechner geworden und ich bin mir sicher, dass erst jetzt in der Phase der Eigenverbrauchsanlagen (auch Netzparitätsanlagen genannt) erkannt wird, wie wichtig diese Betrachtungsweise ist.

Auch Einbeziehung gewichteter Kapitalkosten im Gestehungskostenrechner

energynet.de: Warum gab es das bisher noch nicht?

Cornelia Daniel-Gruber: Wie gesagt, es gibt bei fast jedem Rechner irgendwo den Punkt Gestehungskosten, aber irgendwo als Nebensatz und keiner weiß damit so richtig was anzufangen. In Deutschland wo es den Einspeisetarif gibt, war es bislang immer besser ins Netz einzuspeisen als den Strom selbst zu verbrauchen. Vor allem in Deutschland. Hier in Österreich müssen wir uns schon sehr lange mit widrigen Gesetzgebungen herumschlagen, mit denen jetzt auch Deutschland zu kämpfen hat, deshalb hat sich diese Herangehensweise wohl schneller in Österreich als in Deutschland etabliert. Ich rücke die Gestehungskosten eben in den Mittelpunkt der Betrachtung, so wie alle herkömmlichen Kraftwerke auch beurteilt werden.

Ein weiterer Punkt war aber auch noch ausschlaggebend für die Entwicklung. Ich bin im Rahmen meiner dutzenden Rechnertests draufgekommen, dass bei manchen Rechnern entweder nicht die richtige LCOE Formel hinterlegt ist aber vor allem durch die Positionierung neben der Rendite für den Eingebenden überhaupt nicht klar ist, welche Faktoren sich wie auf die Gestehungskosten auswirken, bzw. was diese eigentlich bedeuten.

Dem WACC (Weighted Average Cost of Capital) wird zum Beispiel viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Meist werden bei diesem so entscheidenden Punkt die Standardwerte von 4,4% eingegeben, die jedoch nur für Energieversorger gelten, aber niemals für Privathaushalte oder Kleinunternehmen. Andere machen wiederum den Fehler und verwechseln den WACC mit dem Fremdkapitalzins was auch völliger Blödsinn ist.

Ich könnte nun ewig über den WACC referieren, aber ein ganz entscheidender USP meines Gestehungskostenrechners ist eben, dass auch ein WACC Rechner enthalten ist, um all die oben genannten Fehler nicht zu machen. Dies war ein echter Durchbruch für mich über den ich hier auch ganz euphorisch geschrieben habe. Einem Kunden des Rechners ist es zu verdanken, dass dieses Feature nachträglich eingebaut wurde. Es war ein Solarteur, der sehr begeistert vom Rechner war, aber mit dem WACC nichts anfangen konnte. Nun muss man kein Finanzmathematiker sein um den Wert zu bekommen. Es geht sehr einfach indem man die einzelnen Parameter (die fast immer bekannt sind) einträgt und das System errechnet den WACC ganz automatisch. Insgesamt hat sehr oft das Feedback der ersten Kunden zu entscheidenden Verbesserungen geführt. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle nochmal ganz herzlich bedanken.

Zukunft der Photovoltaik liegt im Eigenverbrauch

energynet.de: Was können wir damit errechnen und welche Bedeutung kann die Berechnung dieser Kosten für die Photovoltaik haben?

Cornelia Daniel-Gruber: Ganz einfach gesagt sind die Gestehungskosten nichts anderes als die gesamten Investitionskosten dividiert durch die produzierten Kilowattstunden über die Laufzeit. Hier ein kleines Beispiel: Nehmen wir an eine 10 kWp Anlage kostet € 15.000. In 25 Jahren produziert diese 250.000 kWh. Dies würde einen (sehr vereinfachten) Gestehungskostenpreis von 6ct/kWh ausmachen. Natürlich ist dieser Wert noch fiktiv und eine Gedankenstütze.

Nun müssen natürlich die Kapitalkosten, die Betriebskosten und die Degradation mit eingerechnet werden. So bekommt man dann Gestehungskosten von um die 10ct/kWh je nachdem welche Annahmen für den jeweiligen Kunden getroffen werden. Dieser Wert ist dann ein hervorragender Vergleichswert für den aktuellen Strompreis des Unternehmens oder des Verbrauchers. Es wird dadurch viel einfacher zu beurteilen, ob eine Eigenverbrauchsanlage Sinn macht, oder nicht.

Ich bin davon überzeugt, dass die Zukunft der Photovoltaik in Eigenverbrauchsanlagen liegt. Leider haben dies auch die Energieversorger und die Regierung erkannt, die ein Schwinden von Steuereinnahmen fürchtet, was völliger Blödsinn ist, weil ich ja schon beim Kauf der Anlage Steuern für jede in der Zukunft produzierte Kilowattstunde bezahle und zudem dies eigentlich der Sinn der Übung war. Früher wurde Eigenverbrauch gefördert und auf einmal ist er böse, da versteht man die Welt irgendwo nicht mehr.

Teil 2 des Interviews mit ihrem nächsten Schritt erscheint morgen.

Gestehungskostenrechner bringt Transparenz bei Eigenverbrauch von Solarstrom

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Energieblogger aus Leidenschaft mit großem Faible vor allem für effiziente Energienutzung im Strom- und Wärmebereich. Aber auch die kostenlose Energie, die uns die Natur zur Verfügung stellt ist faszinierend und Herausforderung zugleich.

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