Täglich wird hier eine Seite einer Geschichte veröffentlicht – sie trägt den Arbeitstitel Gestatten, Walter und untersteht dem alleinigen Copyright von Pascal Wiederkehr. Die Geschichte stammt aus einem Manuskript, welches nur grob überarbeitet wurde, und kann deshalb Fehler in Grammatik und Rechtschreibung aufweisen.
Lea suchte im Telefonbuch die Nummer der Primarschule Oftringen und rief an. Eine nette Stimme meldete sich am anderen Ende, die Sekretärin der Schulleiterin. „Schulsekretariat Primarschule Oftringen, Hugentobler?“, sagte Frau Hugentobler. „Hallo Frau Hugentobler, Lea Berger vom Schweizer Fernsehen am Apparat. Wahrscheinlich haben Sie bereits vom tragischen Tod zweier ehemaliger Schüler der Primarschule Oftringen gehört, ich arbeite gerade an einem Hintergrundbericht und benötige ihre Hilfe.“ Kurze Pause. „Natürlich, natürlich habe ich davon gehört. Schrecklich. Wissen Sie, ich war damals selbst ein Jahr mit Britta in der vierten Klasse, mein Vater hat dann aber eine Stelle ausserhalb des Kanton Aargau angenommen und wir sind nach Bümpliz gezogen.“ Ach daher kommen der Berner Akzent und die vielen Pausen zwischen den Sätzen, dachte Lea amüsiert. „Als ich meinen Mann kennengelernt hatte, bin ich wieder zurück nach Oftringen gekommen, er arbeitet schon lange bei der Omya AG und ist sehr zufrieden. Ich bin sehr glücklich, aber ganz schlimm das die Britta nie mehr nach Oftringen kommen wird, sie hat unsere Gemeinde doch so geliebt“, schluchzte Frau Hugentobler plötzlich, Lea konnte nicht heraushören ob es gespielt war. Ich wünsche mir, dass alle Telefone obligatorisch mit Videokameras ausgestattet werden. „Hatten Sie den noch Kontakt zu Britta, nach Ihrem Umzug?“, fragte Lea. Wieder eine gemächliche Pause. „Nein, nein, ich hatte nie mehr Kontakt mit Britta Hauser seit ich von der Primarschule Oftringen nach Bümpliz gewechselt hatte.“ Na toll, wäre ja zu schön gewesen. „Schade, könnten Sie mir eventuell sagen wer damals Ihr Lehrer gewesen ist?“ „Oh Sie stellen Fragen, zufälligerweise weiss ich es aber noch. Wissen Sie, der Herr Frisch ist zwar schon alt, aber fühlt sich immer noch bestens, das kommt vom wöchentlichen Kirchgang, sag ich Ihnen. Er ist schon sehr alt, achtzig Jahre glaube ich, der Herr Frisch, aber er geht noch jeden Morgen an den Kiosk um den Blick zu kaufen, er ist stets sehr informiert, er liesst auch gerne, Bücher seines Namensvetters. Damals während meiner Schulzeit war er ein Lehrer der alten Schule gewesen, streng aber gerecht. Wenn die Buben zu viel schwatzten flog auch schon mal eine Kreide durch das Klassenzimmer. Aber Herr Frisch hat nie jemanden mit dem Lineal geschlagen oder so. Leider war ich nur ein Jahr bei Herr Frisch. Eigentlich schade, meine Lehrerin in Bümpliz war ein richtiger Drache, einerseits so liberal, wenn es aber darauf ankam rümpfte sie die Nase und liess uns auch noch jeden Montag morgen die Nationalhymne singen. Richtig verlogen.“ Wird die denn nie fertig? Wie lange muss ich noch warten bis ich die Adresse von Herr Frisch endlich kriege, ging es Lea durch den Kopf. Hinter ihr hörte sie leise Max toben, sie versuchte es zu überhören. „Würden Sie mir die Adresse von Herr Frisch geben?“, unterbrach Lea zaghaft den Redeschwall, wieder folgte die Berner Langsamkeit. „Na gut, Sie sind ja vom SF 1 oder? Sie sind ja keine solche – genau, bei Ihnen ist Herr Frisch gut aufgehoben“, meinte Frau Hugentobler unsicher.
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