Gesprächsbedarf (2)

Im Schockraum herrschte schon ein reges Treiben, allerdings noch ohne Patient.
“Ist in zwei Minuten da! Schädel-Hirn-Trauma unter Marcumar!”, rief mir Lars, der zuständige Arzt der Notaufnahme zu.
“Aber die Neurochirurgen haben doch gerade gar keine OP-Kapazitäten? Wieso kommt der hierher?”, fragte ich irritiert. Lars zuckte mit den Achseln.
“Ich weiß es nicht. Wir sind abgemeldet.”
“Hm.” Ich hatte keine Zeit darüber nachzudenken, denn schon kam das Rettungsdienst mit dem Patienten.
“62jährige Patientin, Treppensturz, Marcumar bei Vorhofflimmern.”, erklärte der Notarzt monoton, während die Patientin umgelagert wurde.
“Wieso kommt die Patientin zu uns? Wir können sie nicht weiter versorgen!”, fauchte Lars ihn von der Seite an. Dieser sah ihn irritiert an. “Ich habe zwangsbelegt. Krankenhaus x und y sind auch abgemeldet. Irgendwo müssen wir ja hin.” Damit war für ihn das Gespräch beendet.
Die Patientin war nicht intubiert. “Frau Müller?”, fragte ich nach einem Blick auf das Notarztprotokoll und tippte sie leicht an der Schulter an. Sie trug einen Stiffneck zum Schutz der Wirbelsäule und hatte eine grüne Nadel im linken Handrücken. Die Vitalwerte waren stabil.
“Ja?”, antwortete sie, ohne die Augen zu öffnen.
“Können Sie die Arme anheben?”, fragte ich sie unnötig laut, so als wäre sie taub. Sie reagierte nicht, auch nicht, als ich sie nochmals mit Namen ansprach.
“Intubieren und dann zügig ins CT!”, rief ich in die Runde. So geschah es dann auch. Im CT fand sich erwartungsgemäß eine große Blutung im Gehirn, die durch die Blutverdünnung sicherlich noch weiter zunehmen würde. Das Labor gab auf Nachfrage an, die Blutgerinnung läge bei einer INR von 2,8, also im hochsuffizienten Bereich.
“Und nun?”, fragte ich Lars etwas ratlos, nachdem ich mit dem OP telefoniert und die Auskunft bekommen hatte, dass man Frau Müller erst in einer halben Stunde würde einschleusen können. Lars wirkte auch etwas ratlos.
“Was sollen wir machen? Selbst wenn wir sie jetzt nach x oder y verlegen könnten, würde das mit Sicherheit länger dauern, als wenn wir hier warten, bis der OP frei ist.” Gab er zu bedenken.
“Wohl wahr.” Ich überlegte. “Ich kann sie im Aufwachraum betreuen, bis der OP frei wird. Wir könnten schnell die Blutgerinnung mit PPSB verbessern und dann lege ich ihr einen ZVK und eine Arterie zur arteriellen Blutdruckmessung. Was Besseres fällt mir jetzt auch nicht ein.”
So machten wir es dann auch. Nach einer halben Stunde war der Blutdruck entgleist, das EKG zeigte eine Bradykardie mit Extrasystolen und die Pupillen wurden zunehmend weiter – Zeichen dafür, dass das Gehirn gerade einklemmte. “Na toll.”, sagte ich zur Anästhesieschwester, als die Patientin endlich eingeschleust wurde.  ”Das war jetzt wohl nichts.” Sie schüttelte nur den Kopf. Zehn Minuten später sah ich die Patientin in Richtung neurochirurgische Intensivstation geschoben werden. “Was ist los?”, fragte ich den Dienstarzt.
“Oberarzt Wilmann hat ihr nur einmal in die Pupillen gesehen und gleich wieder ausschleusen lassen. Da ist nichts zu retten. Wir fahren sie jetzt zum Sterben auf die Intensivstation.”
Ich war in erster Linie froh, das jetzt nicht den Angehörigen erklären zu müssen. Ich sah auf meine Uhr… Langsam war es wieder Zeit für ein Gespräch mit Herrn Weilheimer…

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