Da stehen die zwei schreien voreinander, wie so kleine Brüllstiere. „Du bist ein Dummer, pffffpppf.“ Der Rabauko zieht die Zunge zurück in seinen Mund, grinst frech, die kleinen Fäustchen meines Zweijährigen sind geballt. Während der feine Herr mit zornesrotem Gesicht zum Schlag ausholen will. Bevor sich zu den Tränen der Wut noch Schmerzgeheule mischt, greife ich lieber ein. Beleidigungen und Hauen, das geht gar nicht.
Der Grund des Streits? Braucht man den überhaupt? Meistens sind es Kleinigkeiten. Ein unspektakuläres Spielzeug, was urplötzlich das einzige im ganzen Haus ist, mit dem beide spielen wollen. Kaum zu glauben, aber da wächst sogar beim fast Schulkind die Begehrlichkeit nach quakendem, blinkenden und sprechendem Kleinkindspielzeug. Denn das ist schließlich einmal ihm gewesen!
Streit gibt es auch, über die Fernsehsendung, die der eine schauen mag, aber der andere nicht. Oder der letzte Jogurt, die letzte Banane oder der letzte Schokoriegel, die nicht geteilt werden wollen. Das Gebaute, das zerstört wurde. Es gibt so viele Gründe für Brüderkämpfe.
Ist das so n Jungs Ding? Oder machen das alle Geschwister? Denn manchmal, da sind die beiden ein Herz und eine Seele. Da erklärt der feine Herr seinem kleinen Bruder ganz geduldig und ausführlich, warum man keine Käfer töten darf. Oder warum wir jetzt noch kein Eis essen, sondern es erst nach dem Abendessen etwas Süßes gibt.
Hallo! Ich will doch Geschwisterplüsch und keine Brüderkämpfe
Dann, wenn die Welt in Ordnung ist, sind da zwei Brüder, die sich gegenseitig mit dem Traktor durch den Garten fahren. Die einen Staudamm bauen, zusammen puzzeln und sich helfen, an die versteckte Schokolade ganz hinten im Schrank zu kommen. Die zusammenhalten, sich umarmen und sich jeden Abend einen Gutenachtkuss geben.
Doch meist sind die erbitterte Rivalen, die den Streit geradezu provozieren. Die mit dem letzten Schokoriegel dem anderen vor der Nase rumwedeln, absichtlich stören oder zerstören, nur um die Aufmerksamkeit des jeweils anderen zu bekommen. Die keine fünf Minuten friedlich mit dem anderen in der Wohnung verbringen können, geschweige denn in einem Raum.
Ohropax oder doch gleich n Schleudersitz?
An solchen Tagen wird jede Autofahrt zum Fahrvergnügen für die ganze Familie (Ironie off). „Mamaaaa, der hat miss gekneift“, „Mamaaaa, der spuckt mich an“ und der Klassiker „Mamaaaa, der guckt so, der schaut mich dauernd an“. Waaaah. Wenn der Ausflug schon mit der Geräuschkulisse von kämpfenden Katzen anfängt, dann schwant einem, wie er im schlimmsten Fall enden könnte.
Ja im Auto, da wünscht man sich dann einfach nur, die Kinder zu „muten“. Ihr wisst schon, dass man sie irgendwie leiser schalten könnte. Dicht gefolgt von einem James Bond mäßigen Schleudersitz (also für einen selbst), einer schalldichten Trennwand oder wenigstens Ohropax. Meistens bleibt aber nur, das Gekeife hinzunehmen und maximal die Musik etwas aufzudrehen. Gestritten wird immer. Denn der andere, der hat immer das bessere, schönere Spielzeug, den tolleren Platz, die leckerere und größere Portion der Leckerei und wird sowieso immer immer bevorzugt. Und da kann man – verdammt nochmal – echt nichts dagegen tun.
Mit dem Auto in den Urlaub? No way!
An Streit-Tagen warten wir darauf, dass der Geschwisterplüsch wieder einkehrt, dass es am Ende des Abends doch einen brüderlichen Gutenachtkuss gibt und hoffen auf Verbrüderung gegen den gemeinsamen Feind namens „Eltern“.
Übrigens: Wir fahren im Sommer nicht mit dem Auto im Urlaub, sondern beschränken die Brüderkämpfe auf engstem Raum auf einen 2-stündigen Flug. Ich verteil dann mal Oropax in der Kabine. Oder sollte ich größer denken und gleich auf Fallschirme bauen? Also für die anderen Passagiere zur Flucht? Naja, ich bin optimistisch und hoffe darauf, dass die zwei kleinen Brüllstiere so von der neuen Erfahrung geflashed sind, dass sie ausnahmsweise die Streitereien vergessen.