Ein Führer zum Geist, mit dem Titel: „Flüssiges Gold, erbrochen aus dem Magen eines Hundes“
Vor Manjujnanasattva, Manjushri, dem Weisheitswesen, der Essenz meines eigenen Geistes untrennbar vom Lama verneige ich mich.
Die Wurzel sowohl von Samsara als auch Nirvana ist der Geist. Abseits von dem, was im Geist geboren ist, gibt es nichts Existierendes. Der mannigfaltige Tanz der illusorischen Gestalt ist überwältigt, wenn sein Schöpfer, der Geist – der Magier, unter Kontrolle gebracht ist. Versteht man dies nicht, dann ist dies der täuschende Geist der sechs Bereiche, und wenn man dies versteht, dann ist dies uranfängliches Gewahrsein. Dieses uranfängliche Gewahrsein ist selbst Buddhaschaft, und als die quintessentielle Buddha-Natur (sugatagarbha), verweilt sie im Herzen.
HUNG – OM AH HUNG
Betrachte es so. Blicke in deinen eigenen Geist. Weite die Augen, die alles betrachten, obwohl man es wie ein sehr geliebtes Kind lange kennt, was ist dies wirklich, dieses Ding, das wir „mein Geist“ nennen? Heute ist die Zeit gekommen, darauf zu blicken: Wende die eigenen Augen von den mannigfaltigen Phänomenen (dharma) der äußeren Welt ab, um in diesen einen tiefgründigen und erhabenen Dharma zu blicken. Obwohl du in die uranfängliche Weisheit eintreten magst, wo alle Dinge wortlos als illusorisch bekannt und von einem Geschmack mit reinem Gewahrsein sind, kann man einfach durch das Schauen in diesen Geist, in einem einzigen Moment und mit einem Schlag, die Höhle des nach Objekten greifenden Geistes aufbrechen und direkt in die Quintessenz der uranfänglichen Erwachtheit blicken. Daher wird dies auch der kurze Pfad genannt.
Es gibt hier keine Notwendigkeit für geschickte Mittel und Einsicht in den Bereich der Realität und seines innewohnenden Gewahrseins. Die Tatsache, dass Realität und Gewahrsein nicht einander hinzugefügt oder abgezogen werden können, ist nun nackt dargelegt, oh Glücklicher. A HO!
Der objekthafte Bereich ist der schöpferische Ausdruck des Geistes. Ohne Geist, wen würde es geben, der diese Objekte erkennen würde? Das Erkannte und der Geist selbst sind untrennbar. Dies tritt als nichts anderes in Erscheinung, als dass es eine magische Selbstmanifestation ist. A HO!
Es gibt nichts, was man zur Realität des Geistes legen könnte. Wenn dies so wäre, könntest du auf die Gegenwart eines solchen „Etwas“ meditieren. Gäbe es gleichermaßen dazu eine (greifbare) Abwesenheit, dann könnte man auf die „Abwesenheit“ meditieren. Trenne es nicht in solche Gegensätze. A HO!
Das, was nicht zwei ist, vertreibt die Vorstellung von Getrenntheit; das, was letztlich nicht als eines begründet werden kann, erscheint als eine Dualität. Dieses, welches nicht als selbst ein „Dieses“ begriffen werden kann, ist die Selbstpräsenz des Königs, des Geistes als solches. A HO!
Selbst wenn du nicht darüber zu meditieren weißt, es als etwas Unerlangbares einfach zu sehen, (auch nicht als etwas, das du weggeworfen hättest), ist in die Grundlagen des Geistes zu blicken.
Wenn du ebenfalls dies erlaubst, im Bereich des Unerreichbaren zu verweilen, obwohl es hier nicht das kleinste Atom einer konkreten Realität mehr gibt, besitzt du die Schöpferkraft der alles erhellenden Weisheit, der Ungetrenntheit der Wirklichkeit und ihrem wesentlichen Gewahrsein untrennbar.
Nichts als solches, dennoch hat es keine Essenz einer Nichtigkeit. Überprüft, gibt es hier nichts. Sich selbst überlassen, ist es klar und strahlend, dennoch – wie die Spiegelung des Mondes im Wasser – kann es nicht durch einen Griff danach gefangen werden.
Leer aller Essenz von Ursache, Auswirkung, Ruhe oder Bewegung, die innewohnende Natur dieser Leerheit ist ein selbstbestehendes Strahlen, dessen mitfühlende Antwort nie endend ist.
Welche Argumente von Sein und Nicht-sein könnten es erfassen? Beim Untersuchen ist der Geist eine Analogie für die uranfängliche Erwachtheit; im Verständnis ist er reines Gewahrsein – das Selbstentstehen des uranfänglichen Gewahrseins – welch ein Wunder, diese Strahlung des Geistes an sich!
Welcher Nutzen liegt nun in seiner Offenheit und seiner Erscheinung? Wer ist das, in dem keine Getrenntheit besteht? Was ist das, worauf meditiert wird? Belasse es wie es ist in seiner Selbstsesshaftigkeit.
Entsprechend ihrer verschiedenen Fähigkeiten nehmen Individuen diese selbstbegründete, uranfängliche Erwachtheit jenseits gewöhnlicher Denkweise entweder stufenweise oder augenblicklich wahr.
Darin verbrennen die Yogis die Samen der sechs Bereiche in diesen Feuern der Vajras des unzerstörbaren Körpers, der Rede und des Geistes, die die angeborene Kreativität der uranfänglichen Erwachtheit im Herzen sind.
Davon strahlt die Sonne der Unterstützung und der Stärke hervor und Weisheit in ihren Händen haltend und sie in die Praxis zu bringen, so erlangen sie in einer einzigen Lebensspanne uranfängliche Buddhaschaft.
Samaya!
Bei der vollkommenen Gelegenheit des 15. Tages des 11. Monats im Jahr des Eisen-Pferdes fühlte ich mich während eines Meditations-Retreats auf Palchen Heruka wie ein alter Hund, der mit einem oder zwei Zähnen einen Knochen abnagt, als plötzlich dieses Gebet erbrochen wurde.
Eine prahlerische Jugend, herumblickend, sucht überall nach einem schönen Mädchen in ihrem Aufputz, aber wenn er sie findet – diejenige, die er als seinen Herzenswunsch erwählt hat – tröpfeln die Worte plötzlich frei und ohne Erfindung heraus. HA!
Dieser Text wurde von Mike Dickman aus dem Tibetischen ins Englische übersetzt (englisches Original). Im Jahr des Wasser-Drachen vom Ngak’chang Rangdrol Dorje wurde dieser Text dann zum Nutzen der Sangha ins Deutsche übertragen. Mögen alle, die mit diesem Text in Verbindung kommen, rasch die Natur des Geistes realisieren!