Geschichte für den lebendigen Adventskalender

Für alle, die heute nicht dabei sein können, kommt hier nun die Geschichte aus dem Adventskalendertörchen Nummer 15…

Alle Jahre wieder

„In dieser Zeit befahl der Kaiser Augustus, dass alle Bewohner des römischen Reiches namentlich in Listen erfasst werden sollten.“

Schwere Stiefel stampften knisternd durch den leise fallenden Schnee.

Irgendjemand kam und dieser Jemand hatte etwas sehr, sehr schweres zu tragen.

„Eine solche Volkszählung hatte es noch nie gegeben…“

„Puh!“, machte es. Ein dumpfes Poltern ließ die Tanne erzittern, auf welcher drei Jungengel mit ihrem Lehrer Gabriel saßen und andächtig der Weihnachtsgeschichte lauschten.

„Was will der denn hier?“, fragte der kleinste Engel hoch oben in den Tannenwipfeln und zeigte auf einen dicken alten Mann mit weißem Haar in einem roten Mantel. Der Engel rechts neben ihm stupste ihn an.

„Pst… er kann dich doch hören!“

„Soll er doch.“ Der kleinste Engel formte einen Schneeball und zielte auf den alten Mann.

„Samuel! Unterstehe dich“, wurde er von seinem Lehrer Gabriel ermahnt.

Samuel zog eine Schnute und wischte sich mit dem weißen Ärmel seines Gewandes über die Stupsnase.

„Der stört mich. Kaum ist von der Weihnachtsgeschichte die Rede, kommt der alte Mann mit seinen Geschenken vorbei. Was glaubt er eigentlich, wer er ist?“ Samuel verschränkte die Arme schmollend vor der Brust.

„Ich bin der Weihnachtsmann, du Zwerg!“, brummte der alte Mann am Fuße der Tanne.

„Weihnachtsmann, dass ich nicht lache! Aber es geht um die wahre Weihnachtsgeschichte. Hierbei kommst du nicht vor. “

„Und wie erklärst du dir, dass so viele Kinder an mich glauben?“ Der Mann in Rot, holte ein grau-kariertes Stofftaschentuch aus seiner Hosentasche und schnäuzte laut.

„Ich bringe den Kindern Geschenke. Sie lieben mich, weil ich ihnen alle Wünsche erfülle. Und ihnen keine Märchen auftische. Von wegen Maria, die Jungfrau gebar einen Sohn in einem Stall… pah, alles erlogen…“

„Du…“ Die anderen Engel mussten Samuel zurück halten.  Er hatte schon seine Flügel ausgebreitet, wollte hinunter zum Weihnachtsmann fliegen und ihm zeigen, was hier erlogen war…

„Samuel, setz dich!“, ermahnte Gabriel.

„Hohoho…“, hörte Samuel den Weihnachtsmann von unten lachen. Er knurrte, gehorchte aber seinem Lehrer.

„Aus der Höhe kommt sein Licht zu uns. Dieses Licht wird allen Menschen leuchten, die in Nacht und Todesfurcht leben“, begann nun der Engel Gabriel aus dem großen goldenen Buch vorzulesen.

Der alte Mann hatte sich auf seinen Sack gestützt.

„In dieser Nacht“, so fuhr Gabriel fort, „bewachten draußen auf dem Feld einige Hirten ihre Herden. Plötzlich trat ein Engel Gottes zu ihnen, und Gottes Licht umstrahlte sie.“

„Lichterketten sind nur billige Kopien des Weihnachtssterns…“, knurrte Samuel hinunter zum Weihnachtsmann. Dieser zuckte nur mit den Schultern.

„Die Hirten erschraken sehr, aber der Engel sagte: Fürchtet euch nicht! Ich bringe euch große Freude.“ Gabriel sah auf, direkt in die leuchtenden Augen der kleinen Engel.

„Große Freude bringe ich auch“, wetterte der Weihnachtsmann von unten.

„Jetzt sei doch mal still!“, herrschte Gabriel den alten Mann an. „Hör lieber zu.“ Er räusperte sich. „Hrrrhrrr … Heute ist in der Stadt Davids der Heiland geboren. Es ist Christus der Herr. Und daran werdet ihr ihn erkennen: Das Kind liegt in Windeln gewickelt, in einer Futterkrippe!“

„Wer so etwas glaubt, kann gleich an den Weihnachtsmann glauben“, kam es vom Fuße der Tanne.

Samuel raufte sich seinen goldenen Lockenschopf. So ein störrischer alter Mann, dachte er. Schnell baute er einen Schneeball und warf diesen – schneller, als die anderen ihn zurückhalten konnten – nach dem Weihnachtsmann. Und er traf. Mitten auf die rote Nase des alten Mannes.

„Pfui… So benimmt sich doch kein Engel.“

Samuel streckte ihm die Zunge raus.

„Bäh…“

Der strenge Blick Gabriels strafte ihn. Samuel sah betreten auf seine Engelsfüße.

„Auf einmal waren sie von unzähligen Engeln umgeben, die Gott lobten: Gott im Himmel gehört alle Ehre; denn er hat den Frieden auf die Erde gebracht für alle, die bereit sind seinen Frieden anzunehmen.“

Gabriel schlug das goldene Buch zu. Die Jungengel sahen erschrocken auf.

„Gottes Geschenk für die Menschen galt damals, heute und in alle Ewigkeit“, sprach der Lehrer bedeutungsvoll, dann flog er zum Weihnachtsmann hinunter. Die Jungengel folgten ihm still.

„Deine Gaben, alter Mann, bringen den Kindern kurze Freude. Gottes Geschenk jedoch war Liebe. Jedes Jahr zu Weihnachten erinnern sich die Menschen darum an die Geburt des Kindes in der Krippe. Gott hat der Welt mit seinem Sohn die größte Liebesgabe gemacht. Niemand soll das vergessen – deshalb schenken die Menschen zur Weihnachtszeit.“

„Aber die Wünsche der Kinder, ihre leuchtenden Augen unter dem Weihnachtsbaum? Nicht zu vergessen mein polierter Rentierschlitten – über mich gibt es sogar Lieder, Kinderfilme und bunt verpackte Schokoladenfiguren… So etwas kann das Kindlein in der Krippe nicht aufweisen.“ Der Weihnachtsmann schlug sich stolz auf die Brust.

Engel Gabriel lächelte.

„Das braucht es auch nicht.“

Der kleine Samuel drängelte sich zwischen den weit ausgebreiteten Flügeln seines Lehrers nach vorn durch.

„Und was passiert, wenn Tim sein Modellflugzeug kaputt geht?“, fragte er den Weihnachtsmann.

„Woher weißt du…“

„Oder Lukas sein Nintendo hinunter fällt und nicht mehr funktioniert? Miriam bekommt eine Barbie, welcher nach drei Wochen die Haare ausgehen und Lisa freut sich auf ihr Filly-Feen-Schloss, das beim ersten Sturz vom Tisch in tausend Teile zerspringt. Aus deiner Weihnachtsfreude wird Weihnachtsfrust!“

Samuel hatte sich vor den Weihnachtsmann gestellt und blinzelte ihn frech an.

„Gottes Geschenk an die Menschen bleibt! Er hat ihnen Jesus geschenkt. Das überdauert jeden Sturz und jeden Frisörtermin…“

„Ja, das stimmt“, meinten die beiden anderen Engel im Chor.

„Die Menschen sollen sich doch an Gottes große Liebe erinnern. Deine Päckchen sind nebensächlich, betrachtet man die Geburt des Jesuskindes.“

„Jaja, Samuel hat Recht“, betonten die Jungengel und stellten sich neben den Kleinen.

„Verteile du ruhig deine Geschenke, aber die wahre Weihnachtsgeschichte findet ohne dich statt. In den Herzen der Menschen – alle Jahre wieder.“

 (c) Sandra-Maria Erdmann, Dezember 2012

Alle Jahre wieder

Wilhelm Hey (1837)

1.

Alle Jahre wieder
kommt das Christuskind
auf die Erde nieder,
wo wir Menschen sind.

2.

Kehrt mit seinem Segen
ein in jedes Haus,
geht auf allen Wegen
mit uns ein und aus.

3.

Ist auch mir zur Seite
still und unerkannt,
daß es treu mich leite
an der lieben Hand.

Quelle: Alojado Lieder-Archiv


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