Laut Duden ist die Gerüchteküche ein imaginärer Ort, an dem viele Gerüchte entstehen. Ist dieser Ort allerdings eine Küche, dann sind es eben Küchengerüchte. Die können auch spannend oder lustig oder beides sein. Jedenfalls wird sich Opa künftig jeden Samstag mit ihnen beschäftigen. Heute geht es um Küchengerüchte zum Thema Kochen in der Schule.
Kochen in der Schule als Unterrichtsfach ist heute, wenn überhaupt, noch die Ausnahme. Auch KINDER | KOCHEN, das Sozialprojekt von Oma und Opa, das Kochkurse für die sechsten Klassen beinhaltet, reiht sich da ein. Aber vielleicht ändert sich das ja. Der bekannte Gastronomiekritiker Jürgen Dollase wirft in seinem neuen Buch Kopf und Küche, das auf diesem Blog hier und da bereits ausführlich besprochen worden ist, einen Blick in die kulinarische Zukunft und entwickelt dafür die fiktive Stadt Taste City. Und dort ist vieles anders.
„Die Kochkunst ist in Taste City mittlerweile auch in den Schulen ein fester Bestandteil des Fächerkanons und steht im Range eines Hauptfachs“, schreibt Dollase. „Dabei hat sich gezeigt, dass die Kenntnisse und Leistungen von Schülern, die seit dem ersten Schuljahr ganz selbstverständlich auch etwas mit der Akkumulation von kulinarischem Wissen, Verständnis und praktischem Können zu tun haben, im Laufe ihres Schullebens ein sehr hohes Niveau erreichen, mit dem niemand gerechnet hätte. Ganz allgemein kann man feststellen, dass sich durch die große Selbstverständlichkeit, die kulinarisches Wissen im privaten wie im öffentlichen Bereich bekommen hat, ein völlig neues qualitatives Denken ergibt. Natürlich war es früher nie ein Ziel, dass ein Schüler mit dem Abitur quasi das Wissen und Können eines professionellen Kochs besitzt. Tatsächlich hat es sich aber so ergeben. Hier zur Illustration die Abituraufgabe im Fach ‚Praktische Kochkunst‘ des aktuellen Jahrgangs einer der Gesamtschulen von Taste City:
Sie haben folgende Produkte zur Verfügung:
3 Kalbskoteletts mit Knochen am Stück, Morcheln, jungen Knoblauch, Kartoffeln der Sorte ‚La Ratte‘, Gewürze, Fette, Fonds und kleine aromatische Zutaten (z.B. Oliven) nach Belieben. Entwickeln und realisieren Sie mit diesen Produkten eine klassische, eine mediterrane und eine asiatische Variante eines Gerichtes.
KINDER | KOCHEN würde mit den Kochkursen für 6. Klassen gut nach Taste City passen.
Wie unschwer zu erkennen ist, setzt diese Aufgabe eine ganze Reihe von Kenntnissen voraus, und das nicht nur kochtechnisch, sondern auch konzeptionell. Wie kann man zum Beispiel eine mediterrane Variante entwickeln, ohne über so plakativ-mediterranen Produkte wie die typischen Gemüsesorten zu verfügen? Welche Funktion kann in einem mediterranen oder asiatischen Zusammenhang die Kartoffel haben? Oder: Was kann man mit dem Fleisch anfangen, um es in eine mediterrane oder asiatische Schiene zu bringen? Ganz offensichtlich haben die Schüler im Laufe ihres langen Küchenlebens ein kulinarisches Denken erlernt, das sich von der bloßen Fähigkeit, Rezepte zu realisieren weit entfernt hat und ihnen einen wirklichen Umgang mit den Produkten ermöglicht. Ziel der kulinarischen Ausbildung ist es übrigens nicht primär, auf den Beruf des Kochs vorzubereiten. Im Laufe der Jahre haben sich die Standards so weitgehend verändert, dass es ganz normal geworden ist, dass jeder einigermaßen gebildete Mensch über für heutige Verhältnisse beträchtliche Kochkünste verfügt. Man hat einfach erkannt, dass es nach jahrzehntelangem kulinarischen Stillstand, bei dem das Bild vom hilflos in der Küche herumstochernden, irgendwie albern wirkenden Berufstätigen dominierte, der ab und zu in einer Art ‚Show-Küche‘ zu Messer und Pfannen greift, einen grundsätzlichen Wandel der Einstellung geben musste. Die Folge war eine Art Neudefinition dessen, was an kulinarischem Wissen und Können zum völlig normalen Bildungsstand gehören sollte.“
Was soll ich sagen? Wenn man das so liest, muss man feststellen: KINDER | KOCHEN ist fast schon die Zukunft und würde ziemlich gut nach Taste City passen.