Geruch – der Sinn der subjektiven Bewertung

Geruch – der Sinn der subjektiven BewertungDie Nase sitzt mitten im Gesicht und ragt in den Raum hinein. Evolu-tionsbiologisch betrach-tet kommt dem Riechen damit eine zentrale Rolle in der menschlichen Wahrnehmung von Aus-senreizen zu.

Während der Geruchs-sinn in der menschlichen Anatomie in den ältesten Gehirnstrukturen fest verankert ist und unbeeindruckt nach wie vor seine Arbeit tut, wird dem Riechen im Zeitalter der IPhonisierung keine so große Bedeutung mehr beigemessen. Ist dies der Informationsflut zuzuschreiben? Oder eine Zivilisationskrankheit?

Das Riechen verbindet uns mit unserem archaischen Teil, mit dem Urmenschen in uns, der seinen Instinkten folgt, um das Überleben zu sichern. Der Geruchssinn ist gleichzeitig auch der Sinn der Intimität, des Sozialen und Zwischenmenschlichen. Das Riechen begleitet uns von der ersten bis zur letzten Sekunde unseres Lebens.

Mit Hilfe des Geruchssinns prüfen wir aus sicherer Entfernung und entscheiden zwischen „gut“ und „schlecht“, ein „vielleicht“ gibt es nicht.

Das Riechsystem arbeitet schnell, effektiv und entschieden, es zweifelt nicht, hadert nicht und filtert schädliche Einflüsse von außen noch ehe diese sich uns nähern oder wir sie uns einverleiben können.

Über das Riechen prüfen wir die Nahrung, die anschließend in den Körper gelangt ebenso wie den potentiellen Lebens- und Sexualpartner, dem wir dann näherkommen, wenn sie/er die Geruchsprüfung bestanden hat.

Wir riechen Gefahr, Angst, den genetischen Code einer Person, Krankheiten, die Familienzugehörigkeit und genau genommen saugen wir zu jeder Zeit, in jeder Situation, in jedem Raum den Duft der Umgebung und der darin befindlichen Menschen auf und – bewerten.

Wohlriechend/ übelriechend,  angenehm/unangenehm, sympathisch/ unsympathisch, genießbar/ungenießbar, ja oder nein. Was uns besonders positiv oder besonders negativ auffällt, merken wir uns ganz genau.

Die Evolution hat uns mit dem Riechen ausgestattet, um chemische Reize aus der Umwelt wahrzunehmen und zu analysieren und bei Bedarf Alarm zu schlagen.

Das sogenannte Bauchgefühl bzw. gefühlsmäßige Botschaften, von denen man nicht weiß, woher sie kommen, sind häufig das Resultat einer Geruchswahrnehmung. Was oft als „nur so ein Gefühl“ bezeichnet wird ist in Wahrheit eigentlich das Ergebnis verschiedener sehr präziser chemischer Analysen der (sozialen) Umweltbedingungen.

Das Riechen zeigt uns, wo wir willkommen sind, wo wir uns zugehörig fühlen, wo wir geborgen sind ,was uns gut tut, was uns schmeckt und was wir brauchen.

Wir müssen nur die Nase in die Luft strecken und horchen, was die Düfte der großen weiten und kleinen nahen Welt uns erzählen.


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