Geplante Obsoleszenz gehört zum Kapitalismus

Über Obsoleszenz, also das unbekannte Wort für das wohlbekannte Phänomen, dass Dinge einfach nicht so lange halten, wie die Benutzer es wünschen, hatte ich vor längerer Zeit schon mal geschrieben. Dieser Artikel hat sich als Dauerbrenner entpuppt, gerade in der letzten Zeit hatte ich immer wieder Zugriffe darauf. Ich denke, dass das damit zusammen hängt, dass der Berliner Betriebswirt Stefan Schridde das Portal Murks? Nein danke!eingerichtet hat, mit dem er sich der geplanten Obsoleszenz der Dinge widmet. Dort kann man beispielsweise Murks melden, Tipps geben, woran man erkennt, welche Dinge nicht lange halten werden oder auch Reparaturanleitungen posten, um der Obsoleszenz ein Schnippchen zu schlagen, in dem man den fest eingebauten Akku der elektrischen Zahnbürste oder im Handy einfach selbst wechselt.

Das finde ich sehr interessant und löblich, denn natürlich ärgert es mich, wenn ich ständig Geld für neue Sachen ausgeben soll, wenn die alten doch eigentlich noch ganz okay sind – bis auf diese oder jede Macke, die eine Weiterbenutzung aber leider effektiv verhindert. Natürlich ist das kein Zufall und von den Herstellern ganz bewusst so geplant. Hier lohnt es sich, einmal genauer nachzudenken: Die Hersteller sind ja nicht blöd, im Gegenteil – wenn die so gute Produkte bauen, dass die Leute sich nur einmal im Leben mit Glühbirnen, einem Kühlschrank oder was auch immer ausstatten müssen, dann können sie nicht so viel davon verkaufen und machen auf die Dauer kein gutes Geschäft. Egal, wie nachhaltig, erfreulich und gut für Mensch und Umwelt das wäre. Denn darum geht es in unserem hochgelobten Wirtschaftssystem leider kein bisschen.

Das ganze Nachhaltigkeits-Gefasel beruht schlicht auf der Erkenntnis, dass man eigentlich nicht so weitermachen kann, ohne den Planeten zu ruinieren, aber genau so weiter machen will. Denn wie man nicht nur in Wirtschaftsblättern, sondern in so ziemlich allen Medien mit relevanter Verbreitung lesen, hören und sehen kann, gibt es keine Alternative zum Kapitalismus. Zwar wird gern ein “nachhaltiger” oder “verantwortlicher” Kapitalismus gefordert, aber das ist nun wirklich Murks: Bei der kapitalistischen Produktionsweise geht es immer nur darum, wie man maximalen Profit aus dem Einsatz der Mittel zieht. Kapitalismus funktioniert nun mal nicht anders. Und solange es immer nur ums Geschäft geht, kann man zwar gute, langlebige und nachhaltige Produkte fordern, wird sie aber nicht bekommen. Es sei denn, die Leute sind bereit, sehr viel höhere Preise dafür zu zahlen. Dass es da eine Zielgruppe und einen Markt gibt, zeigt beispielsweise die Biolandwirtschaft – aber natürlich ist auch das ein Geschäftsmodell. Und zwar eins, das nur funktioniert, solange die Leute bereit und in der Lage sind, die teureren Produkte zu kaufen. Ob die dann tatsächlich auch immer besser sind, sei einmal dahin gestellt. Für die Masse gilt, dass sie den Billigscheiß kaufen müssen, der auf den Markt kommt, weil sie sich den anderen gar nicht leisten können. Für die Bessergestellten gibt es den Manufactum-Katalog. Es ist ja nicht so, dass man sich keine haltbaren Sachen kaufen könnte, wenn man denn unbedingt welche haben will – aber siehe oben, der Preis!!!

Deshalb komme ich zu dem Schluss, dass nicht die Obsoleszenz an sich das Problem ist, sondern die kapitalistische Wirtschaftsweise. Ein Hersteller im kapitalistischen System kann ja gar nicht anders, als seinen Produkten Sollbruchstellen einzubauen, damit er auch morgen noch welche verkaufen kann. Es geht halt nicht darum, die Leute zu vernünftigen Preisen mit guten, haltbaren Produkten zu versorgen. Sondern ums Geschäft. Und solange man meint, dass der Kapitalismus eine gute Sache ist, ist es sinnlos, über geplante Obsoleszenz zu jammern. Die gehört nun mal dazu.


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