Das Jugendbuch ist eine wirklich erstaunliche Spezies: Wandelbar wie ein Chamäleon, irgendwo zwischen Kinderbuch und Erwachsenenliteratur und trotzdem nicht so richtig einzuordnen – ganz genau wie jemand in der Pubertät eben. Doch sollten Erwachsene nicht den Fehler machen, Jugendbücher zu belächeln. Viele Exemplare haben es nämlich faustdick hinter den Ohren.
Merkmale
Es ist eine Errungenschaft der Moderne, dass Jugendbücher nicht mehr wie im 19. Jahrhundert strikt nach Geschlecht getrennt werden. Sie hatten anno dazumal auch eine andere Funktion. Die jungen Heranwachsenden sollten auf ihre Rollen in der Gesellschaft ‚vorbereitet‘ werden. Für Mädchen war das Leben als Mutter und Hausfrau vorgesehen, Jungs wurden durch Abenteuergeschichten und Erzählungen über Kämpfe auf bevorstehende Kriegsdienste eingestimmt.
Heutzutage ist diese Spezies zugänglicher, aber nicht weniger frech und agil unterwegs. Das Jugendbuch spricht die Sprache junger Erwachsener, es sagt: „Ich kenne deine Probleme“. Ob Drogen, Alkohol, Sex, Freundschaft oder die Angst vor der Zukunft – Jugendbücher wollen die Lebenswelt, die fragil und komplex zugleich ist, beleuchten.
Tipp:Lesen Sie auch das Interview mit der US-Jugendbuchautorin Amy Reed.Dabei geht es nicht um das Heben des moralischen Zeigefingers – den kennen Jugendliche schon zur Genüge. Die Geschichten möchten unterhalten, das Abtauchen in eine andere Welt ermöglichen und ermutigen.
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(Gudrun Pausewang) - Herr der Fliegen (William Golding)
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Bei der Zielgruppe handelt es sich in der Regel um Jugendliche zwischen 12-18 Jahren. Doch das Alter lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass sich in den Büchern kein starker Tobak findet, im Gegenteil: Abtreibung, Krieg, Verstümmelung, Mobbing, Mord, Missbrauch und Suizid – all diese und die bereits erwähnten Themen werden in Jugendbüchern behandelt. Warum auch nicht? Schließlich leben Jugendliche nicht in einer Zuckergusswelt und stehen täglichen Herausforderungen gegenüber.
Daher ist es gut, wenn die Spezies Jugendbuch weiterhin aneckt, die Zähne fletscht und sich nicht domestizieren lässt. Wir und Millionen Jugendliche auf der Welt brauchen sie genau so.
Illustration: Maria John Artwork