Generalstreik im Kleiderschrank

Es ist mal wieder soweit: Meine Kleider haben alle gemeinsam den Entschluss gefasst, mich im Stich zu lassen. Zuerst die Jeans, die mehr Loch als Hose war, dann die Bluse, die mir seit mehr als zehn Jahren die Treue gehalten hatte und schliesslich auch noch die pinkfarbene Hose, die mich seit der letzten Schwangerschaft stets getröstet hatte, wenn ich mich mal wieder so richtig hässlich fühlte. Gut, ich geb’s ja zu, ich war nicht immer nur nett zu meinen Kleidern. Ich habe sie immer mal wieder achtlos auf dem Fussboden liegen gelassen, wenn ich abends zu faul war, sie fein säuberlich zusammenzufalten. Hin und wieder habe ich sie auch mit Farben kombiniert, die so ganz und gar nicht passen wollten. Und das eine oder andere Mal habe ich auch gemotzt, ich würde mal wieder unmöglich aussehen in diesen Fetzen. Ja, wahrlich nicht sonderlich nett, aber das gibt meinen Kleidern doch noch lange nicht das Recht, in Generalstreik zu treten und mich ausgerechnet jetzt, wo ich wieder jeden Tag das Haus verlasse, im Stich zu lassen. Ein bisschen mehr Loyalität hätte ich ja schon erwartet, nach allem Zu- und Abnehmen, das wir in den vergangenen Jahren der Familiengründung gemeinsam durchgestanden haben, meine Kleider und ich.

Nun mag man sich ja fragen, was denn so schlimm sei daran, wenn man sich von alten Kleidern trennen muss. Immerhin hat man dann einen guten Grund, sich neue zu kaufen und das, so könnte man meinen, sollte mir als Frau die Freudentränen in die Augen treiben. Das Problem ist nur, dass ich zu der Sorte Frauen gehöre, die lieber zum Zahnarzt gehen als in einen Kleiderladen. Versteht mich nicht falsch, ich mag schöne Kleider, aber die sollen bitte von selbst den Weg in meinen Schrank finden und dann ewig bleiben. Oder zumindest so lange, bis ich ich ihren Anblick wirklich nicht mehr ertragen kann. Gut, inzwischen kommen die Kleider ja tatsächlich von selbst zu mir, habe ich mich doch voll und ganz dem Versandhandel verschrieben. Das Paket wird geliefert, ich probiere das Zeug dann, wenn keiner zuschaut, einen Bruchteil behalte ich, den Rest schicke ich wieder zurück. Alles perfekt also, nicht wahr?

Nicht ganz, denn leider dauert es eine Weile, bis so ein Paket ankommt und da ich mir neue Kleider immer erst dann besorge, wenn die alten wirklich kaputt sind, darf ich behaupten, dass ich zurzeit eine der wenigen Frauen in unseren Breitengraden bin, die tatsächlich nichts Anzuziehen hat, zumindest nichts, das noch alle Knöpfe dran hat. Auch das wäre noch nicht so schlimm, denn kleine Mängel lassen sich leicht kaschieren oder im schlimmsten Fall vielleicht sogar beheben. Schlimm aber ist, dass ich meinen kleiderlosen Zustand vor „Meinem“ so lange werde geheim halten müssen, bis das Paket ankommt. Denn ich weiss genau, was geschehen wird, wenn er von meinem leeren Kleiderschrank erfährt: Er wird alle Hebel in Bewegung setzen, damit ich einen Tag freinehmen kann, um mir Kleider zu kaufen. Gut, so ein freier Tag wäre gar nicht so schlecht, nur weiss ich, dass „Meiner“ am Ende dieses Tages auch neue Kleider sehen will, was bedeuten würde, dass ich mir meine Freizeit nicht in Buchhandlungen und Museen um die Ohren schlagen könnte. Und Freizeit, die ich mit Kleiderkauf vergeuden muss, kann mir gestohlen bleiben.

Es könnte sogar noch schlimmer kommen, nämlich dann, wenn ich mich standhaft weigere, ein Kleidergeschäft zu betreten und „Meiner“ am Ende wieder selber auf Einkaufstour für mich geht. Nicht, dass er mir hässliche Kleider bringen würde. Im Gegenteil, der Mann hat Geschmack. Aber möchtet ihr vielleicht von „Eurem“ zu hören bekommen: „Schau mal, was ich dir vom Einkauf mitgebracht habe. Ist sie nicht hübsch, die Bluse? Und günstig war sie obendrein. Wenn du willst, kann ich sie dir morgen noch in Lila besorgen…“?

Generalstreik im Kleiderschrank



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