Volles Haus und eine sachliche Diskussion bei der Mariazeller Elefantenrunde.
Am vergangenen Montag lud die WOCHE zur Elefantenrunde der Mariazeller Bürgermeisterkandidaten in den großen Saal des Hotels Weißer Hirsch.
An die 300 Besucher fanden sich ein, um den Argumenten der Spitzenkandidaten Johann Kleinhofer, SPÖ, Walter Schweighofer, ÖVP, Wolfram Doberer, Liste NEU, und Siegfried Schneck, Neue Heimatliste Mariazellerland, zu lauschen. Moderiert wurde die Diskussion von WOCHE-Redakteur Markus Hackl.
Nach einer kurzen Vorstellungsphase und der stichwortartigen Präsentation ihres Wahlprogramms ging es auch schon ans Eingemachte. In mehreren Runden konnten alle Kandidaten ihre Punkte zu den Themen Mobilität, Bildung, Transparenz, Wirtschaft und Tourismus, Nahversorgung sowie Gesundheit und Pflege einbringen. Zwischendurch wurden auch immer wieder Fragen aus dem Publikum behandelt, die teils zu heißen Diskussionen, teils zu fragenden Blicken am Podium führten. Wir haben die wichtigsten Standpunkte der Teilnehmer zu den unterschiedlichsten Themen für Sie zusammengefasst.
Johann Kleinhofer, Spitzenkandidat SPÖ:
Der amtierende Bürgermeister wies zu Beginn auf die schwierige Situation der Gemeindezusammenlegungen vor fünf Jahren hin und berichtete über die Herausforderungen und Entwicklungen. Seine Eckpunkte dabei waren die Haushaltsabgaben (Halbierung von 1,2 Millionen auf 583.000 Euro), das Mariazeller Gesundheitszentrum, die Aufstockung im Pflegeheim, die Straßensanierungen sowie der geplante Bau des Bildungscampus‘.
Themenblock Mobilität
Das Angebot hinsichtlich Mobilität und Infrastruktur bewertet Kleinhofer als durchschnittlich. „Wir haben gemeinsam mit der MVG viel auf den Weg gebracht. Mit 12. Juli wird der Fahrplan nach Kapfenberger weiter verdichtet, nächstes Jahr wollen wir den öffentlichen Verkehr nach Mürzzuschlag ausbauen, aber es gibt dennoch Verbesserungspotenzial, vor allem im Bereich des Mikro ÖV.“ Hinsichtlich der Radwege spricht sich Kleinhofer für einen Ausbau der bestehenden Bahntrasse zwischen Gußwerk und Mariazell aus.
Themenblock Bildung und Kinderbetreuung
Zum Thema Bildung bekräftigte er die Notwendigkeit der Errichtung des neuen Bildungscampus. „Keiner hat uns gesagt, dass das alte Schulgebäude in einem so desolaten Zustand ist. Wir müssen neu bauen, auch wenn es eine finanzielle Belastung ist. Die Pläne werden bis Juni fertig sein, dann starten wir mit den Ausschreibungen. Ziel ist es, mit Frühjahr 2021 mit dem Bau zu beginnen. Die Fertigstellung ist für 2023 geplant.“ Hinsichtlich der Kinderbetreuung wurde laut Kleinhofer mit der Etablierung zweier Tagesmütter ein guter Weg bestritten.
Themenblock Gesundheit
Das am heißesten diskutierte Thema im Mariazellerland war die Situation im Gesundheitswesen und in der Pflege. Vor allem der fehlende Arzt in Gußwerk beschäftigt die Bevölkerung. Kleinhofer dazu: „Wir haben das Pflegeheim 2017 auf 65 Betten aufgestockt. Leider stehen aber immer noch viele Leute auf der Warteliste, da wir das nötige Pflegepersonal nicht haben. Wir brauchen dringend eine Pflegepersonal in Mariazell oder in der näheren Umgebung. Das Gesundheitszentrum hingegen ist unser Flaggschiff, funktioniert super und befindet sich bereits im Regelbetrieb. Dennoch dürfen wir nicht übersehen, dass viele Ärzte in unserer Region in pensionsfähigem Alter sind. Wir müssen daher früh genug mit den Ausschreibungen beginnen. Hinsichtlich Gußwerk wurde mir zugesichert, dass wir noch eine Ausschreibung versuchen, aber da wurde ich enttäuscht, vielleicht war ich zu naiv.“
Thema Nahversorger
Johann Kleinhofer dazu: „Aus wirtschaftlicher Sicht war das Angebot von Billa besser.“ Zudem präsentierte Kleinhofer eine schriftliche Zusage von den Verantwortlichen, dass der Billa in St. Sebastian bleiben wird.
Sein Schlussstatement: „Ich will Bürgermeister werden, da ich davon überzeugt bin, dass mein Team und ich die besseren Visionen für das Mariazellerland haben und mehr bewegen können.“
Walter Schweighofer, Spitzenkandidat ÖVP
Der amtierende Vizebürgermeister zeigte sich erfreut und zugleich erstaunt über das große Interesse an der Kommunalpolitik. Der Land- und Forstwirt aus dem Halltal erhebt den Anspruch Politik für alle zu machen. „Wir wollen für alle da sein und haben eine Verantwortung gegenüber den nachfolgenden Generationen“, so Schweighofer. Als Schwerpunkte seines Programms benennt er die Unterstützung sowohl für die Jugend als auch für ältere und schwache Menschen, ein leistungsfähiges Internet für alle Ortsteile, Wirtschaft und Tourismus mit Vernunft und Weitblick sowie Transparenz.
Themenblock Mobilität
Zum Thema Mobilität entgegnete er Johann Kleinhofer, dass die älteren Personen in den Seitentälern nichts von der kurzen Taktung der öffentlichen Verkehrsmittel hätten. „Wir wollen das Thema mittragen, aber mit Vernunft“, erklärt er. Bei den Radwegen spricht er sich für eine Strecke von Gußwerk bis nach Mariazell, St. Sebastian und bis zum Erlaufsee aus. Man solle aber auch seine Hausaufgaben machen und die vorhandenen Wege pflegen und benutzbar machen.
Themenblock Bildung und Kinderbetreuung
Dass die Qualität bei der Bildung passt zeigt sich seiner Meinung nach dabei, dass Schüler, die das Mariazellerland verlassen, an jeder anderen Schule mithalten können. Dennoch spricht er sich auch für den Neubau des Bildungscampus‘ aus, da das alte Schulgebäude nicht mehr den Brandschutzbestimmungen entspricht. „Wir tragen das Projekt mit, da wir die beste Ausbildung für die Jugend wollen“, so Schweighofer. Auch die Kinderbetreuung funktioniert seiner Meinung nach gut, muss aber weiter ausgebaut werden.
Zum Thema Transparenz
Eine indirekte Kritik äußerte Schweighofer an Bürgermeister Kleinhofer für seine Funktion als Geschäftsführer der Mariazeller Bergbahnen, die er allerdings kürzlich zurückgelegt hat. „Es entsteht eine schiefe Optik, wenn gewisse Dinge in der Hand einer Person liegen“, meint Schweighofer.
Themenblock Gesundheit
Beim Thema Gesundheit appellierte er an die Bevölkerung. „Es hängt von uns allen ab, ob wir das Gesundheitszentrum in die Zukunft führen“, so Schweighofer. Mit der Situation in der Pflege zeigt er sich nicht zufrieden ortet das Problem bei den Dienstzeiten und bei überforderten Bediensteten. Seiner Meinung nach liegt das Problem, dass sich kein Pflegepersonal von außen in Mariazell ansiedelt, auch an den mangelnden Wohnmöglichkeiten.
Schlussstatement: „Wir wollen die absolute Mehrheit der SPÖ beenden. Wir wollen mitbestimmen, Verantwortung mittragen. Wir wollen eine transparente, eine bürgernahe Gemeindepolitik in Angriff nehmen – ganz nach meinem Wahlmotto: Seite an Seite mit der Bevölkerung.“
Wolfram Doberer, Spitzenkandidat der Liste Neu:
Der Spitzenkandidat der Liste „Neu“ positionierte sich in seinem Eingangsstatement als einzig wählbare Oppositionen, da er seinen Mitbewerber Siegfried Schneck als verlängerten Arm der SPÖ bezeichnete. Zudem schenkte er der Bevölkerung auch gleich reinen Wein ein und sagte, dass es in Gusswerk in absehbarer Zukunft keinen Kassenarzt mehr geben wird. Kritik äußerte er an der Entscheidung, sich beim Nahversorger für Billa entschieden zu haben. Auch die Investitionssumme von zwölf Millionen für den Bildungscampus sieht er skeptisch. „Wir verstehen uns hier als eine Kontrollinstanz“, so Doberer. Eines seiner weiteren Anliegen ist die Verkehrsberuhigung am Mariazeller Hauptplatz. „Wenn hier kein Auto mehr fahren würden, wäre das für mich ok.“
Themenblock Mobilität
Beim Thema der Mobilität sieht er den eingeschlagenen Weg als gut an. Auch er hätte nichts gegen einen Radweg bis nach Gußwerk und bis zum Erlaufsee. Verbesserungspotenzial sieht er allerdings bei den Mountainbikestrecken. „Eine Forcierung kommt sowohl den Einheimischen als auch den Touristen zugute. Auch Ladestationen für E-Biker gehören installiert“, meint Doberer.
Themenblock Bildung und Kinderbetreuung
„Danke“, sagte Doberer zu allen Lehrern und Betreuern in den Kindergärten, die seiner Meinung nach eine gute Arbeit leisten. „Dennoch müssen die Plätze weiter ausgebaut werden.“ Hinsichtlich des Bildungscampus macht er sich neben den Kosten Sorgen über die Nachnutzung des alten Volksschulgebäudes. „Die Volksschule darf nicht leer stehen“, fordert Doberer. Zudem setzt er sich für ein Arbeitszeitmodell bei der Lehre mit Matura ein. „Wir bieten in Mariazell nur das Freizeitmodell an, das ist falsch“, so der Spitzenkandidat der Liste Neu.
Themenblock Gesundheit
Abgesehen von der Situation des fehlenden Kassenarzts in Gußwerk findet Doberer die Entwicklungen beim Gesundheitszentrum „super“. Zudem meint er, dass mit dem „Medmobil“, welches ärztliche Hilfe in den Seitentälern zur Verfügung stellt, ein richtiger Weg eingeschlagen wurde.
Thema Nahversorger
Nicht so super findet er, dass die Wahl beim künftigen Nahversorger auf Billa und nicht Hofer fiel und zitiert eine Umfrage der Kleinen Zeitung, bei der sich angeblich 85 Prozent der Bevölkerung für einen Hofer ausgesprochen haben. Seiner Meinung nach, wäre eine Hofer-Filiale bereits seit eineinhalb Jahren in Betrieb, hätte 14 Arbeitsplätze geschaffen und hunderttausende Euro.
erwirtschaftet.
Schlussstatement: „SPÖ und ÖVP werden sich ein knappes Rennen um den Bürgermeistersessel liefern. Unser Ziel ist es zu verhindern, dass einer der beiden die absolute Mehrheit hat, damit man im Gemeinderat mehr bewegen kann.“
Siegfried Schneck, Spitzenkandidat Freie Heimatliste Mariazellerland:
„Mariazell braucht ehrliche Politik mit Herz und Hausverstand“, so das Eingangsstatement von Siegfried Schneck, Spitzenkandidat der Freien Heimatliste Mariazellerland. Seine großen Wahlkampfthemen sind die Gesundheitsversorgung, die Jugend – „wir müssen sie ins Boot holen“ – und die Sicherheit. Auf die Frage warum er sich das mit eigener Liste und wenigen finanziellen Mitteln antut, entgegnet er: „Aus Interesse an Politik und aus parteipolitischer Verdrossenheit.“
Themenblock Mobilität
Mit Blick auf die Mobilität ist es Schneck ein Anliegen, älteren Mitbürgern in Seitentälern die Möglichkeit zu geben, am öffentlichen Verkehr teilzuhaben. Hier ortet er gravierende Versäumnisse.
Themenblock Bildung und Kinderbetreuung
Bei der Bildung betont auch er, dass das derzeitige Personal in den Schulen und den Kindergärten hervorragende Arbeit leistet. Den Bildungscampus bezeichnet er als riesigen Brocken, den es zu stemmen gilt. Die Schlagworte Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit müssen seiner Meinung nach unbedingt eingehalten werden.
Zusammenarbeit im Gemeinderat
Die Arbeit innerhalb des Gemeinderats befindet Scheck, wie auch alle anderen Redner, als gut. „Am Ende des Tages muss man sich in die Augen schauen können“, so der Spitzenkandidat der Freien Heimatliste Mariazellerland.
Themenblock Gesundheit
Schneck zum Thema Gesundheit: „Wir stehen voll und ganz hinter dem Gesundheitszentrum. Ich wünsche mir einen Arzt für Gußwerk, aber das scheint nicht möglich. Viel wurde dahingehend versprochen, nichts eingehalten. Die Bevölkerung hat reinen Wein verdient.“
Thema Nahversorger
Zum Thema der Nahversorgung meinte er nur, dass er keine Scheu hatte für den Billa zu stimmen.
Sein Schlussstatement: „Die Freie Heimatliste wird sich für Geradlinigkeit, Ehrlichkeit und Sauberkeit in der Politik einsetzen. Wir wollen positiv für ein zukünftiges Miteinander in der großen Stadtgemeinde Mariazell agieren und für die Bevölkerung da sein.“
Herzlichen Dank an die „meine WOCHE“ Redakteure Markus Hackl und Bernhard Hofbauer (dieser Text) für die tolle Zusammenarbeit.
Für alle die nicht dabei waren und interessiert sind – Maus auf den nachfolgenden Link, rechte Maustaste drücken und im Menü Ziel speichern unter… Dann kann man die Spitzenkandidaten nach dem Download ohne Probleme am eigenen Computer ansehen. Großes File mit 6 GB. Spielzeit 2h:10min
Videolink zur kompletten Podiumsdiskussion als MP4 – 6GB mit gutem Ton
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