Gelesen: Mein böses Herz von Wulf Dorn

Von Missblackxxl @MissBlackXXL
Hallo meine lieben Leser!
Heute möchte ich Euch ein ganz besonderes Buch vorstellen, auf das ich mich schon ewig gefreut habe und dank cbt und lovelybooks frühzeitig lesen durfte, nocheinmal vielen Dank dafür!
Wulf Dorn ist ja bekannt für seine düsteren Psychothriller für Erwachsene (Rezensionen zu diesen Büchern findet Ihr *hier*), mit seinem neuesten Werk "Mein böses Herz" betritt er erstmals die Bühne der Jugendliteratur, aber selbstverständlich wieder mit einem Psychothriller. Mit diesem Buch soll aber nicht nur die jugendliche Leserschaft angesprochen werden, sondern auch diejenigen, die bereits seine "Erwachsenen-Thriller" kennen. Ich finde, dass ihm dieser Spagat sehr gut gelungen ist und dieser Ausflug ins Jugendgenre sich nicht hinter seinen "erwachsenen Kollegen" verstecken muss!
Eckdaten
broschiert, 416 Seiten
cbt Verlag; 1. Auflage vom Februar 2012
ISBN: 978-3-570-16095-4
Euro (D): 16.99
beim Verlag
Inhalt
Was tust du, wenn du nicht mehr weißt, was Realität ist und was Fantasie?
Seit dem Tod ihres Bruders wurde Doro von Halluzinationen verfolgt, aber eigentlich dachte sie, das in den Griff gekriegt zu haben. Doch als sie mit ihrer Mutter aufs Land zieht, scheint die neue Umgebung erneut etwas in ihr auszulösen. Stimmen verfolgen sie. Und eines Nachts sieht Doro in ihrem Garten einen Jungen: verstört, abgemagert, verzweifelt. Der Junge bittet sie um Hilfe – und ist dann verschwunden. Wenig später erfährt Doro, dass er schon vor ihrer Begegnung Selbstmord begangen hat. Doro kann nicht glauben, dass sie sich den Jungen nur eingebildet hat. Doch die Suche nach der Wahrheit wird schnell zum Albtraum. Und tief in Doros Seele lauert ein dunkles Geheimnis ...
Meine Meinung
Nach dem Tod ihres kleinen Bruders Kai ist Doro mit den Nerven völlig am Ende. Sie hat Halluzinationen, Albträume und wird in die Psychiatrie eingeliefert. Als sie alles wieder halbwegs im Griff hat und mit ihrer Mutter aufs Land zieht, scheint alles vergessen, doch schon bald beginnt sie wieder Dinge zu sehen, die scheinbar nicht da sind. Als sie dann eines Nachts einen total heruntergekommenen Jungen in der Gartenlaube findet, ihn aber niemand sonst bemerkt hat und sie später auch noch erfährt, dass er wenige Tage zuvor Selbstmord begangen hat, bricht erneut ihre Welt zusammen. Was ist noch real und warum scheinen Doros Probleme mit dem Tod ihres Bruders zusammenzuhängen?
Wulf Dorns neues Buch ist für Jugendliche geschrieben und das merkt man auch bald, denn wir bekommen es nicht nur mit psychischen Störungen zu tun, sondern auch mit den ganz alltäglichen Problemen einer (fast) Siebzehnjährigen. Außerdem ist der Grad an Gewalt im Vergleich zu den Vorgängern wesentlich geringer. Aber das stört alles nicht, denn das, was den Leser erwartet, lässt ihn zuweilen an seinem eigenen Verstand zweifeln. Was ist noch real und was bildet sich Doro ein, wem kann sie vertrauen und wer spielt ein falsches Spiel? In dieser Geschichte ist nichts wie es scheint und das psychologische Verwirrspiel beginnt gleich auf den ersten Seiten.
Doro ist eine sehr sympathische Protagonistin, man merkt, wie viel Herzblut der Autor in sie gesteckt hat. Im Gegensatz zu manch ihrer Genrekolleginnen hält sich ihre Zickigkeit und Naivität in Grenzen, man fühlt mit ihr und steht bald auf ihrer Seite, wenn wieder die Frage aufgeworfen wird, ob sie verrückt ist. Ihre heftigen Halluzinationen vermitteln zwar manchmal den Eindruck, dass dies doch so ist und ich bin auch die Vermutung nie losgeworden, dass sie irgendetwas mit dem Tod ihres kleinen Bruders zu tun hat, aber trotz alldem bleibt sie das ganze Buch über, gleich nach wenigen Seiten, eine sehr liebenswürdige Person, mit der man jede Sekunde mitfiebert. Auch die anderen Charaktere, die in ihrer Anzahl überschaubar sind, sind tiefgreifend ausgearbeitet. Da wäre zum Beispiel noch Julian, der Sohn von ihrem Psychiater Dr. Nord und gleichzeitig ihr Nachbar - er scheint verschlossen und ebenfalls ein dunkles Geheimnis mit sich herumzutragen, außerdem entseht zwischen Doro und ihm so eine ganz kleine Romanze, die hier aber wirklich nur minimaler Nebenplot ist und auch nicht weiter ausgearbeitet wird, aber das fehlt dem Buch auch keineswegs. Dadurch es nicht viele handelnde Charaktere sind, kann man sich von jedem sehr schön ein Bild machen und seine Vermutungen anstellen.
Die Handlung selbst besticht durch ihren unterschwelligen Grusel und der elementaren Frage "was ist real und was nicht?". Manche Szenen erinnern einen Durchaus an einen Horrorfilm und lassen einem das Blut in den Adern gefrieren, obwohl wie gesagt kaum Gewalt oder ähnliches vorkommt, sondern das alles entsteht durch eine uralte Angst: was man nicht begreifen kann, macht einem Angst. Und begreifen kann man vieles in diesem Buch nicht! Tote Jungen in der Gartenlaube, wandelnde tote Kleinkinder, sprechende Stoffhasen und dunkle Kellergänge in einem alten Fabrikgebäude - das sind nur ein paar Begebenheiten, die einem wirklich kalte Schauer über den Rücken gejagt haben.
Ich habe mich von diesem Buch sehr gut unterhalten gefühlt und war wirklich traurig, als ich es schon wieder so schnell verschlungen hatte, weil ich einfach nicht aufhören konnte. Das Ende hätte ich so nicht erwartet, es lässt mich doch ein wenig sprachlos zurück, nicht weil ich davon enttäuscht bin, sondern weil es so endet, wie es endet. Dann gibt es da für mich persönlich auch noch eine Botschaft, die dieses Buch vermittelt, im Zusammenhang mit den in letzter Zeit häufiger gewordenen schweren Gewalttaten, verübt durch Jugendliche, wo man sich schon fragt, ob da nicht doch das Böse in ihnen der Auslöser war.
Bewertung
Wulf Dorns erster Ausflug in die Jugendliteratur ist ihm grandios gelungen und überzeugt durch Tiefgang, sympathische Charaktere und richtig nettem Psycho-Grusel.
Ein tolles Buch, 5 von 5 Sternen *****